Drastische Drosselung der Ölförderung: Kriegerischer Akt Saudi-Arabiens gegen die USA in OPEC+?

Der jüngste OPEC+-Beschluss unter Führung Saudi-Arabiens und Russlands ist eine Ohrfeige für das Weiße Haus und die Bundesregierung. Saudi-Arabien fungiert für die USA als der Garant für das US-Petrodollar-System im Welthandel. Nun stellt sich Saudi-Arabien in einem rebellischen Schritt quer.

Von Seyed Alireza Mousavi

Die wichtigsten Ölförderstaaten unter Führung von Saudi-Arabien und Russland beschlossen in einem spektakulären Schritt am Mittwoch eine drastische Kürzung der Ölförderung um zwei Millionen Barrel (Fass zu 159 Liter) am Tag für den Monat November. Nach der Ankündigung stiegen die Preise weiter. Bereits Anfang September hatten Ölproduzenten-Länder für Oktober eine Kürzung der Ölproduktion um 100.000 Barrel am Tag beschlossen.

Der jüngste OPEC+-Beschluss ist vor allem eine Ohrfeige für das Weiße Haus und die Bundesregierung. Der Beschluss war das Gegenteil von dem, was Bundeskanzler Olaf Scholz und US-Präsident Joe Biden bei ihren Besuchen in Saudi-Arabien erreichen wollten. Nachdem es US-Präsident Biden im Sommer nicht gelungen war, Saudi-Arabien zu höheren Ölfördermengen zu bewegen, hofierte Bundeskanzler Scholz Ende September den saudischen Kronprinzen Mohammad bin Salman wegen des russischen Gaslieferstopps, um ihn umzustimmen.

Vor dem OPEC+-Treffen hatte die US-Regierung nach einem Bericht des Nachrichtensenders CNN vergeblich alles daran gesetzt, um eine weitere Drosselung der Ölfördermenge abzuwenden. Die US-Regierung bezeichnete die Entscheidung der Ölallianz OPEC+, die Ölproduktion zurückzufahren, als einen "Fehler". Die Frustration war offenbar groß im Weißen Haus, wie die Stellungnahme der US-Regierung zeigt. Biden fürchtet, dass die Benzinpreise in den USA wieder steigen könnten. Die Sprecherin des Weißen Hauses Karine Jean-Pierre sagte, es sei klar, "dass sich OPEC+ mit der heutigen Ankündigung mit Russland verbündet". 

Hohe Ölpreise gefährden den Wahlerfolg der Demokraten in den anstehenden Zwischenwahlen im November. Die Handlungsoptionen der US-Regierung sind begrenzt. Sie kündigte an, im kommenden Monat weitere 10 Millionen Fass aus der Strategischen Petroleum Reserve auf den Markt zu werfen und zur Not weitere Mengen freizugeben.

Bidens Topberater drohten der OPEC wieder mit dem US-Kongress. Ein NOPEC-Gesetzentwurf soll das US-amerikanische Kartellrecht ändern, um damit mehr Druck auf die OPEC-Staaten auszuüben. Der US-Generalstaatsanwalt könnte dann die OPEC, einzelne Länder oder staatliche Ölkonzerne vor einem US-Bundesgericht verklagen. Der emiratische Energieminister warnte bereits im Mai, ein solches NOPEC-Gesetz in den USA könnte die Ölpreise um 300 Prozent in die Höhe treiben.

Eine drastische Drosselung der Erdölförderung ist zudem ein Rückschlag für die US-Strategie im Ukraine-Krieg. Die USA werden nur dann als Sieger aus der Ukraine-Krise hervorgehen können, wenn die explodierenden Öl- und Gaspreise eingedämmt werden können. Die hohen Preise auf den Rohstoffmärkten im Verlaufe des Ukraine-Krieges haben dazu geführt, dass Russland trotz geringerer Ausfuhrmengen sogar höhere Gewinne als zuvor daraus erzielen konnte. 

Die Golf-Staaten setzen nun ihre Zusammenarbeit mit Russland in OPEC+ ungeachtet des Ukraine-Krieges fort. Moskau braucht höhere Ölpreise, um trotz der westlichen Sanktionen noch die Militäroperation in der Ukraine finanzieren zu können.

Die Bundesregierung in Berlin hat sich mit ihrer Absage an russische Energieträger selbst schachmatt gesetzt. Die Golfstaaten haben in letzter Zeit in zunehmendem Maße Rohöl aus Russland importiert. Nun sind die arabischen Staaten in der Lage, das importierte Öl und die daraus raffinierten Produkte mit hohen Gewinnen an europäische Staaten weiter zu veräußern. Das Ergebnis ist dann klar: galoppierende Inflation und mehr Armut für Europa. 

Saudi-Arabien ist für die USA eigentlich nicht mehr als eine Ölquelle und damit nebenbei der Garant für das US-Petrodollar-System im Welthandel. Biden hat auf der Basis dieser Tradition die Saudi-Führung dazu gedrängt, zwecks einer gezielten Senkung der weltweiten Ölpreise noch mehr Öl zulasten von Russlands Exportvolumen in den Weltmarkt zu pumpen. Nun stellt sich Saudi-Arabien quer, und das ist nichts anderes als ein kriegerischer Akt des Landes gegen die US-Dominanz im Rahmen der OPEC+. 

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