Der französische Präsident Emmanuel Macron hat am Dienstag persönliche Gespräche mit seinem iranischen Amtskollegen Ebrahim Raisi in New York geführt. Das Treffen war Raisis erstes Aufeinandertreffen mit einem führenden westlichen Staatschef seit seiner Wahl im vergangenen Jahr. Das Treffen fand inmitten einer Pattsituation bei der Wiederbelebung der Atomgespräche von 2015 statt. Währenddessen nehmen die Proteste gegen den Tod einer 22-jährigen Frau in Iran zu, die laut Darstellung westlicher Medien im Gewahrsam der sogenannten "Sittenpolizei" starb. In iranischen Medien hieß es, Mahsa Amini sei ohne Fremdeinwirkung an einem Herzversagen gestorben.
Der iranische Präsident hat gegenüber seinem französischen Amtskollegen bekräftigt, dass die Untersuchung mehrerer iranischer Atomanlagen durch die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEA), bei der es um ungeklärte Uran-Spuren geht, für ein neues Abkommen "abgeschlossen" sein müsse.
Die IAEA forderte von Teheran eine Erklärung zum Fund von Uran-Partikeln an mehreren Orten, die Iran nicht als Nuklearanlagen deklariert hatte. Die Informationen darüber stammen offenbar vom israelischen Geheimdienst, der im Jahr 2018 in einer Operation Tausende von Dokumenten aus einem geheimen Atomarchiv in Teheran entwendet hatte.
"Wir sind der Meinung, dass ein Abkommen nicht möglich ist, wenn die Untersuchungen (für Uran-Spuren) in Iran nicht für beendet erklärt werden", sagte Raisi gegenüber Macron. Der iranische Präsident fügte hinzu, Europa müsse "durch Taten zeigen, dass seine Politik von der der USA unabhängig ist und nicht den Wünschen und der Politik der USA folgt".
Macron hat Berichten zufolge Vorschläge unterbreitet, um die Atom-Gespräche voranzubringen, die erneut ins Stocken geraten sind, nachdem Iran Anfang des Monats schriftlich auf einen EU-Entwurf im Atomstreit geantwortet und Änderungen am Entwurf gefordert hatte.
Frankreich erklärte bereits am Montag, dass es kein besseres Angebot für Iran gäbe, um ein Atomabkommen mit den Weltmächten wiederzubeleben, und dass es an Teheran liege, nun eine Entscheidung zu treffen. Der Chef der EU-Außenpolitik, Josep Borrell, der die Gespräche koordiniert, sagte, er sehe wenig Chancen auf Fortschritte bei der Vollversammlung der Vereinten Nationen.
Er unterstütze nach wie vor ein "gutes und faires Abkommen", doch müsste sichergestellt sein, dass es auch Bestand habe, sagte Raisi dem US-Sender CBS am Sonntag kurz vor seiner Abreise zur Generaldebatte der UN-Vollversammlung in New York. Nach den Erfahrungen in der Vergangenheit habe sein Land kein Vertrauen mehr in die USA, erklärte Raisi. Deshalb werde es "ohne Garantien" auch kein Vertrauen geben.
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