US-Präsident Joe Biden gab dem US-Sender CBS im Rahmen der Sendung 60 Minutes am 15. September ein längeres Interview. Biden war in Kritik geraten, da er seit Monaten keine Gespräche nachweisen konnte. So hatte er seit Februar 2022 gegenüber amerikanischen Pressevertretern kein einziges Interview vor einer Kamera gegeben. Neben dem Schwerpunktthema einer fragilen US-Wirtschaft bei stetiger Inflationserhöhung überraschte Biden zu Beginn des Gesprächs mit seiner Aussage, dass die Corona-Pandemie beendet ist.
In dem Themenblock Außenpolitik wechselte der 60 Minutes-Moderator von der aktiven massiven Unterstützung der USA für die Ukraine thematisch in die asiatische Region. Aufgrund des jüngsten Zusammentreffens von Wladimir Putin mit Chinas Staatschef Xi Jinping bestehe "die Sorge, dass Russlands Krieg in der Ukraine China zu einem Angriff auf die Insel Taiwan inspirieren könnte", so der Sender erläuternd auf seiner Webseite. Auf die Frage: "Was sollte der chinesische Präsident Xi über Ihr Engagement für Taiwan wissen?", antwortete der US-Präsident zuerst zurückhaltend:
"Wir stimmen mit dem überein, was wir vor langer Zeit unterschrieben haben. Und dass es eine Ein-China-Politik gibt, und dass Taiwan seine eigenen Entscheidungen über seine Unabhängigkeit trifft. Wir bewegen uns nicht – wir ermutigen sie nicht, unabhängig zu sein. Das tun wir nicht, das ist ihre Entscheidung."
Das Ein-China-Prinzip ist für die Kommunistische Partei Chinas die Grundlage aller Souveränitätsfragen. Demnach gilt nur die Existenz eines einziges Chinas, inklusive der Regionen Taiwan, Hongkong und Macau. Auf die erste forcierte Nachfrage des Moderators, ob "die US-Streitkräfte die Insel (Taiwan) verteidigen" würden, ergänzte Biden mit der Antwort:
"Ja, wenn es tatsächlich einen noch nie dagewesenen Angriff gab."
Auf die unmissverständliche Formulierung des Moderators, "anders als in der Ukraine, um das klarzustellen, Sir, würden die US-Streitkräfte, die US-Männer und Frauen Taiwan im Falle einer chinesischen Invasion verteidigen?", antwortete Joe Biden mit einem eindeutigen "Ja".
Der Sender informiert auf seiner Webseite, dass im Anschluss an das Interview ein Beamter des Weißen Hauses zu der Aussage Bidens erklärte:
"Die Politik der USA gegenüber Taiwan habe sich nicht geändert. Offiziell halten die USA eine "strategische Zweideutigkeit" darüber aufrecht, ob amerikanische Streitkräfte Taiwan verteidigen würden, aber das Gesetz über die Beziehungen zu Taiwan verpflichtet die USA, Taiwan zu helfen, sich zu verteidigen."
Diesbezüglich informierte die Nachrichtenagentur Reuters bereits Anfang September:
"Das US-Außenministerium hat einen möglichen Verkauf von Militärausrüstung im Wert von 1,1 Milliarden Dollar an Taiwan genehmigt, darunter 60 Anti-Schiffs-Raketen und 100 Luft-Luft-Raketen, wobei China mit Gegenmaßnahmen droht."
China reagierte laut Medienberichten "wütend", so die Tageszeitung Daily Sabah. Die Sprecherin des Außenministeriums, Mao Ning, teilte am Montag vor der Presse in Peking mit:
"Die Äußerungen seien eine 'ernsthafte Verletzung' des 'Ein-China-Prinzips' und der Verpflichtungen, die die USA gegenüber Peking eingegangen seien. Die US-Seite sende 'ein völlig falsches Signal' an die Unabhängigkeitskräfte in Taiwan. China ist entschieden dagegen."
Voice of America (VOA) informiert über die Tatsache, dass die jüngste Aussage des US-Präsidenten zur Causa Taiwan "zum vierten Mal seit seinem Amtsantritt im Jahr 2021" geschehen sei, um Mao Ning mit den Worten zu zitieren:
"Wir sind bereit, unser Bestes zu tun, um eine friedliche Wiedervereinigung anzustreben. Gleichzeitig werden wir keine Aktivitäten dulden, die auf eine Abspaltung abzielen. Es gibt nur ein China auf der Welt, Taiwan ist Teil Chinas, und die Regierung der Volksrepublik China ist die einzige legitime Regierung Chinas."
Mehrere Experten, die von VOA kontaktiert wurden, hätten laut dem Artikel die Einschätzung abgegeben, dass "abgesehen von der wütenden Reaktion Chinas Bidens Äußerungen wahrscheinlich wenig dazu beitragen, die Erwartungen Pekings darüber zu ändern, was im Falle eines Konflikts um Taiwan geschehen würde".
Mehr zum Thema - Putin: Russland und China "stehen für eine gerechte, demokratische, multipolare Weltordnung"