Ein Vertreter des israelischen Außenministeriums hat erklärt, dass sein Land daran arbeite, die internationale Gemeinschaft davon zu überzeugen, das im Jahr 2015 unterzeichnete Atomabkommen mit Iran nicht wieder zu beleben. Das berichtete die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua. Das Abkommen bezweckte, das iranische Atomprogramm im Gegenzug für die Aufhebung der Sanktionen gegen das Land einzugrenzen. Ein israelischer Beamter, der anonym bleiben wollte, erklärte:
"In den vergangenen Wochen haben israelische Beamte hinter den Kulissen intensive Gespräche mit US-Senatoren und -Kongressmitgliedern sowie europäischen Beamten geführt, um sie davon zu überzeugen, die israelische Position zu akzeptieren."
Er ergänzte, dass sein Land Washington und den führenden europäischen Staaten auch neue Geheimdienstinformationen über die Aktivitäten in iranischen Atomanlagen zur Verfügung gestellt habe.
Zwar gebe es derzeit Rückschläge bei den Verhandlungen zum Atomabkommen, diese könnten jedoch nach den Zwischenwahlen in den Vereinigten Staaten im November überwunden werden, so der Beamte. In Tel Aviv will man eine Wiederbelebung des Abkommens verhindern, weil befürchtet wird, dass das Abkommen Iran ermöglichen könnte, Atomwaffen herzustellen und durch den Wegfall finanzieller Sanktionen auch Gelder an seine Verbündeten zu leiten, darunter auch die Hisbollah, eine bewaffnete libanesische Gruppe und ein Hauptfeind Israels.
Dagegen versichert man Teheran die friedlichen Absichten im Atomprogramm.
Israels Regierungschef Jair Lapid traf am Montag den Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin, um über das sich abzeichnende Abkommen zu sprechen. Die Wiederherstellung des Abkommens wäre "ein entscheidender Fehler", mahnte Lapid nach dem Treffen. Das Abkommen sei nicht dazu geeignet, Iran an der Herstellung von Atomwaffen zu hindern, so Lapid. Er fügte hinzu, es sei "an der Zeit, die gescheiterten Verhandlungen" mit Iran hinter sich zu lassen.
Scholz äußerte dagegen sein Bedauern darüber, dass Iran die europäischen Vorschläge zur Wiederherstellung des Abkommens bisher nicht angenommen habe. Lapid hatte auf einer Kabinettssitzung am Sonntag Frankreich, Großbritannien und Deutschland – die im Kontext der Atomverhandlungen als E3 bekannt sind – für ihre gemeinsame Erklärung vom Samstag gelobt. Darin erklärten dies Staaten, dass die Forderung Irans, eine Untersuchung von an drei Standorten gefundenen Uranpartikeln durch die Internationale Atomenergieorganisation(IAEA), die für die UNO tätige Atomaufsichtsbehördee UNO, einzustellen, die angeblich "ernsthafte Zweifel" an den Absichten Irans und am Engagement für ein erfolgreiches Ergebnis des Atomabkommens aufkommen lassen würden.
Der Sprecher des iranischen Außenministeriums Nassar Kanaani hatte am Montag erklärt, es sei bedauerlich, dass sich die E3, anstatt positiv auf die "konstruktiven" Handlungen Irans im Zuge des Abschlusses eines Abkommens und seiner Zusammenarbeit mit der IAEA zu reagieren, negativ von Israel beeinflussen ließen. Die jüngste Erklärung der E3 über die Antwort Irans auf einen EU-Nuklearvorschlag sei "falsch" und "unzeitgemäß", fügte Kanaani hinzu.
Auch der israelische Verteidigungsminister Benny Gantz beteiligte sich an der israelischen diplomatischen Aktion, um die Wiederbelebung des Abkommens von 2015 zu stoppen, und forderte am Montag bei einem Briefing für die Botschafter des UN-Sicherheitsrats ein gemeinsames Vorgehen gegen Iran. Er erklärte:
"Die internationale Gemeinschaft muss neben diplomatischen und wirtschaftlichen Bemühungen auch für militärische Abschreckung sorgen."
Laut Gantz mache Iran nicht nur Fortschritte bei seinen atomaren Fähigkeiten, sondern auch bei seiner Produktionsrate.
David Barnea, Direktor des israelischen Geheimdienstes Mossad, reiste am 5. September nach Washington. In einer Erklärung des israelischen Regierungschefs wird hervorgehoben, dass sich der israelische Geheimdienstchef und US-Vetreter in einer Reihe von sicherheitsdiplomatischen Treffen auf eine "engere sicherheitspolitische und nachrichtendienstliche Koordinierung (zwischen beiden Seiten) in Bezug auf die iranische Nuklearfrage" abgesprochen hätten.
Laut US-Beamten sei Washington "weiterhin der Sicherheit Israels verpflichtet" und würden nicht zulassen, dass Iran eine Atomwaffe erhalte. Die USA und Israel würden in regionalen Fragen, die die Sicherheit Israels beträfen, "weiterhin in vollem Umfang zusammenarbeiten".
IAEA-Generaldirektor Rafael Grossi hatte auf einer Pressekonferenz am Montag in Wien erklärt, seine Behörde habe bei ihren Inspektionen Spuren von Uran an Orten gefunden, die Iran nicht deklariert habe, und fügte hinzu, die Informationslücke in Bezug auf das iranische Atomprogramm werde "immer größer".
Ein Sprecher der iranischen Atomenergie-Organisation Irans (AEOI) wies am Dienstag jedoch die Behauptung von Grossi zurück und forderte die IAEA dazu auf, das iranische Atomprogramm nicht auf der Grundlage der von Israel vorgelegten "politisch motivierten" Dokumente zu beurteilen und zu kommentieren.
Mehr zum Thema – Atomdeal soll vorerst vom Tisch sein – IAEA stellt zugleich deutliche Uran-Anreicherung in Iran fest