Generalinspekteur der Bundeswehr: Russlands militärisches Potenzial nicht unterschätzen

In einem Interview warnte Deutschlands ranghöchster Bundeswehroffizier davor, Russlands militärisches Potenzial zu unterschätzen. Selbst wenn in der Ukraine eine Vielzahl von Truppen aktiv sei, hätte Moskau die Möglichkeit, eine weitere Front zu eröffnen.

Falls sich Russland dazu entschließen sollte, einen "zweiten Kriegsschauplatz" zu eröffnen, so hätte das Land hierfür das notwendige militärische Potenzial, erklärte der Generalinspekteur und ranghöchste Bundeswehroffizier Eberhard Zorn. Er warnte davor, Russlands militärische Möglichkeiten zu unterschätzen.

Selbst wenn derzeit Truppen in der Ukraine gebunden sind, könnten russische Landstreitkräfte auf einem weiteren Kriegsschauplatz eingesetzt werden, so der Generalinspekteur in einem Interview mit Reuters. Auch die Munition werde dem russischen Militär nicht so bald ausgehen, erklärte Zorn:

"Der Großteil der russischen Landstreitkräfte ist zwar derzeit in der Ukraine gebunden, dennoch sollten wir das Potenzial der russischen Landstreitkräfte, einen zweiten Kriegsschauplatz zu bedienen, nicht unterschätzen."

Bisher ist der größte Teil der russischen Marine noch nicht im Krieg in der Ukraine zum Einsatz gekommen, und auch die russische Luftwaffe verfüge noch über ein erhebliches Potenzial, das auch für die NATO eine Bedrohung darstelle.

Russland verfüge somit über "erhebliche Reserven" und sei militärisch "sehr wohl in der Lage, den Konflikt regional auszuweiten." Die Dynamik habe sich seitens Russlands in der Ukraine zwar verlangsamt, aber Moskaus Streitkräfte würden "durch massiven Artilleriebeschuss unterstützt" und kämen immer noch stetig voran, erklärte Zorn.

Auch werde Russland in absehbarer Zeit nicht die Munition ausgehen. Das russische Militär könne auf enorme Munitionsvorräte zurückgreifen, während pro Tag etwa 40.000 bis 60.000 Schuss Artilleriemunition verschossen würden. Einen Vorstoß ins Landesinnere erwartet Zorn nicht, vielmehr konzentriere sich Russland auf den Donbass.

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