Energiewaffen: Mit Sci-Fi-Waffen gegen Hyperschallraketen, Drohnen und die Stromversorgung

Energiewaffen – einst Produkte der Fantasie – werden die Kriegführung der Zukunft nachhaltig verändern. So arbeiten militärische Forschungseinrichtungen weltweit daran, Energiewaffen gegen Drohnen, Hyperschallraketen und sonstige Gefahren einzusetzen. Doch der technische Fortschritt birgt auch Gefahren.

Militärforscher auf der ganzen Welt beschäftigen sich seit Jahrzehnten mit dem Einsatz von Elektromagnetismus als Waffe. Einst nur in der Science-Fiction verfügbar, könnten Energiewaffen schon bald auf dem Schlachtfeld zum Einsatz kommen. Deswegen arbeiten Länder weltweit derzeit hart daran, sie Wirklichkeit werden zu lassen. Am weitesten fortgeschritten ist hierbei die Entwicklung von Waffen mit gerichteter Energie, wie etwa Laserwaffen. Doch auch Mikrowellenwaffen und Waffen, die einen elektromagnetischen Impuls (EMP) erzeugen, sind keine reine Science-Fiction mehr. Aber auf welche Systeme mit gerichteter Energie haben Militärs weltweit derzeit Zugriff, wenn überhaupt? 

Gerichtete Energiewaffen – auch Hochenergiewaffen genannt – sollten als eine Facette einer breiteren Revolution in der Militärtechnik auf der ganzen Welt betrachtet werden. Ähnlich wie die Digitaltechnik die Geschwindigkeit und Präzision des Informationsflusses verbessert hat, werden Energiewaffen die Art und Weise der Zielerfassung und
-bekämpfung in den kommenden Jahren dramatisch verändern. Im Gegensatz zu den derzeitigen Lösungen, die für die Bekämpfung von Luftzielen wie Raketen oder Drohnen entwickelt wurden, könnte die Zukunft dieser Technologie dem Militär nahezu unbegrenzte Möglichkeiten bieten. Denn viele Experten sind der festen Überzeugung, dass Energiewaffen eine völlig neue Art der tödlichen als auch nicht-tödlichen Kriegführung ermöglichen werden. Dies wird in Zukunft jedoch davon abhängen, was in diesem Zusammenhang als "legal" angesehen wird oder als illegal geächtet werden kann.

So haben sich beispielsweise alle Unterzeichnerstaaten im Rahmen des 1995 von den Vereinten Nationen verabschiedeten "Protokolls über Blendlaserwaffen" verpflichtet, keine offensiven Laserwaffen zu entwickeln, die bei Soldaten oder Zivilisten eine dauerhafte Erblindung verursachen können. Auch andere internationale Gesetze zielen darauf ab, die Entwicklung von Waffen zu verhindern, die im Kampf unnötigen Schaden oder Grausamkeiten verursachen sollen. Allerdings sind solche Gesetze nur dann als gut anzusehen, wenn sich die einzelnen Staaten auch daran halten – was oftmals nicht der Fall ist.

Unter anderem wurden nach den Schrecken des Ersten Weltkrieges eine Reihe internationaler Konventionen zur Begrenzung der Größe von Streitkräften und Schiffen eingeführt, was jedoch den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges nicht verhinderte oder dessen Ausmaß begrenzte. Vielmehr trieb Deutschland – trotz der verbindlichen Beschränkungen durch Verträge wie den Versailler Vertrag – die massive Aufrüstung lange vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges weiter voran.

Science-Fiction wird Realität

Das US-Militär begann in den späten 1950er Jahren mit der Erforschung des Einsatzes von Lasern im Kampf, aber erst 1973 wurde der erste taktische Laser, der Mid-Infrared Advanced Chemical Laser (MIRACL) – ein vom US-amerikanischen Rüstungsunternehmen TRW gebauter Fluorwasserstofflaser, also ein chemischer Infrarotlaser mit einer Leistung von einem Megawatt – gegen Luftziele getestet. Fünf Jahre später entwickelte das Air Force Weapons Laboratory, ein militärisches Forschungsinstitut der US Air Force, den ersten chemischen Sauerstoff-Jod-Laser (COIL). Seither wurde eine breite Palette von Lasern entwickelt, darunter Festkörperlaser und Freie-Elektronen-Laser.

Interessanterweise sind gerichtete Energiewaffen – wenn man den historischen Berichten Glauben schenken darf – jedoch nichts Neues. Das berühmteste Beispiel ist die Geschichte von den "Spiegeln des Archimedes". Der legendäre "Ingenieur" Archimedes von Syrakus soll an den Verteidigungsmauern der gleichnamigen griechischen Stadt eine Reihe von Spiegeln mit einstellbarer Brennweite angebracht haben. Diese "Waffen" wurden der Legende nach eingesetzt, um das Sonnenlicht auf die Schiffe einer angreifenden römischen Flotte zu bündeln und sie so in Brand zu setzen. Heute würde man die Spiegel des Archimedes sicherlich mit Laserwaffen vergleichen.

Zurück in die Gegenwart

Seitdem wurden verschiedene Versuche unternommen, Waffen mit gerichteter Energie zu entwickeln und einzusetzen, insbesondere das Projekt Strategic Defense Initiative (SDI) von US-Präsident Ronald Reagan, das der breiten Öffentlichkeit in den 1980er Jahren unter dem Namen "Star-Wars-Project" bekannt wurde. Dieses System wurde zwar nie realisiert, sah aber als Idee den Einsatz von weltraumgestützten Lasern oder fokussierten Röntgenstrahlen vor, um ballistische Interkontinentalraketen schon im Anflug vorzeitig zur Explosion zu bringen.

Eine der frühesten bekannten Anwendungen von einsatzfähigen Energiewaffen fand während des Irak-Krieges statt. Elektromagnetische Waffen mit Hochleistungsmikrowellen wurden von den US-Streitkräften eingesetzt, um irakische Elektronik zu zerstören oder außer Betrieb zu setzen. Es gibt auch Gerüchte, dass andere Systeme zur Kontrolle von Menschenansammlungen eingesetzt worden sein könnten. Bei dem in Gerüchten beschriebenen System handelte es sich wahrscheinlich um eine Art Schallwaffe, die speziell für diesen Zweck entwickelt wurde.

Ein bekanntes Beispiel ist das sogenannte Long Range Acoustic Device (LRAD). Die von der LRAD Corporation entwickelten "Schallkanonen"-Systeme können entweder als herkömmliche Lautsprecheranlagen oder zur Erzeugung extrem lauter Hochfrequenztöne eingesetzt werden, die Menschenmengen zerstreuen und Schmerzen, Desorientierung und sogar Verletzungen verursachen sollen.

Doch auch andere Organisationen und Firmen versuchen sich an der Entwicklung sogenannter Energiewaffen. So hat Lockheed Martin beispielsweise erfolgreich eine Reihe von Offensivwaffen mit gerichteter Energie entwickelt, die mit Funkfrequenzen arbeiten, sowie Systeme, die zur Verteidigung von militärische Einrichtungen am Boden, zu Wasser und in der Luft konzipiert sind. Ein interessantes Beispiel in diesem Zusammenhang ist der Tactical High-power Operational Responder (THOR) der US Air Force. Das vom Armed Forces Research Laboratory (AFRL), einem militärischen Forschungsinstitut der US Air Force, entwickelte Gerät setzt konzentrierte Mikrowellen ein, um Ziele in der Luft – wie etwa Hyperschallraketen oder Drohnen – auszuschalten. 

Der Bedarf an solchen Defensivwaffen wird immer größer, da unbemannte Luftfahrzeuge sowie Hyperschallraketen in Zukunft weltweit eine immer größer werdende Rolle spielen werden. Was die laserbasierten Energiewaffen betrifft, so hat die US-Armee vor Kurzem die Erprobung ihrer neuen Directed Energy-Maneuver Short-Range Air Defense (DE M-SHORAD) abgeschlossen. DE M-SHORAD ist zwar als Drohnenabwehrwaffe konzipiert, kann aber auch Raketen, Artilleriegranaten und Mörser abfangen. Das DE M-SHORAD ist ebenfalls als primär bodengestütztes Anti-Drohnen-Waffensystem konzipiert und ist darauf ausgelegt, Raketen, Artilleriegranaten und Mörser im Flug abzuschießen.

Raytheon, ein amerikanisches Rüstungsunternehmen, hat ebenfalls eigene Versionen von Systemen mit gerichteter Energie für die US-Streitkräfte entwickelt. Deren High Energy Laser Weapon System (HELWS) und Phaser (eine Hochleistungs-Mikrowellenwaffe) haben sich in jüngsten Tests als äußerst geeignet erwiesen, Drohnen und andere unbemannte Flugobjekte zu eliminieren. Das Phaser-System nutzt Mikrowellenenergie, um die Steuersysteme von Drohnen zu stören und sie damit unbrauchbar zu machen. Mit einer permanenten, zuverlässigen Energieversorgung könnte ein solches System nahezu unbegrenzten Schutz bieten.

So wies der ehemalige stellvertretende US-Verteidigungsminister Oberst Mark Gunzinger im "Defense Matters"-Podcast im März 2022 darauf hin, dass das US-Verteidigungsministerium deshalb auch verstärkt in die Entwicklung von Laserwaffen investiert. "Im Laufe der Jahre habe ich ein konstantes Finanzierungsniveau zwischen 500 und 600 Millionen Dollar pro Jahr gesehen, das in die Forschung und Entwicklung für alle Arten von gerichteten Energiefähigkeiten fließt", sagte Gunzinger:

"Dieser Betrag wurde im letzten Haushalt fast verdoppelt, aber wenn man an die Hyperschallwaffen denkt, waren im letzten Haushalt etwa 3,8 Milliarden Dollar für Hyperschallwaffen vorgesehen. Gezielte Energieforschungsentwicklung und einige Anschaffungen machen also immer noch etwa ein Drittel davon aus."

Elektromagnetische Waffen, die mit Hochleistungsmikrowellenenergie arbeiten, haben Gunzinger zufolge mehrere Vorteile gegenüber konventionellen Waffen. Solange die Waffe mit Strom versorgt wird, muss sie keine Munition mitführen oder nachladen. Das bedeutet auch, dass für den Betrieb im Wesentlichen keine Versorgungskette erforderlich ist und die Waffe häufig bewegt werden kann. Allerdings, so Gunzinger, könne die Wirksamkeit von Laserwaffen durch bestimmte Wetterbedingungen beeinträchtigt werden. Daher müsse das Militär auch weiterhin in der Lage sein, kinetische und nicht-kinetische Waffen am selben Ort einzusetzen.

Es gab auch einige Versuche, Laserwaffensysteme auf Fahrzeugen einzusetzen. Wie das US-Nachrichtenmagazin Forbes berichtet, soll der US-Rüstungskonzern Raytheon für die US Air Force eine 10-Kilowatt-Laserwaffe entwickelt haben, die auf einem Joint Light Tactical Vehicle (JLTV), ein Fahrzeug mit großer Nutzlast, und einem speziell angefertigten Militärfahrzeug von der Größe eines Dünenbuggys mitgeführt werden kann. Die vier wichtigsten Teilsysteme – die Lasereinheit selbst, das Energiemagazin oder die Batterie, das Stromversorgungssystem und das Wärmemanagement – passen dem Bericht zufolge alle auf die Rückseite des Fahrzeugs. Bei dem System werden demnach Faserlaserverstärker eingesetzt, um Strahlen mit mehreren Kilowatt Leistung aus relativ kleinen Verstärkern zu bündeln, was den Platzbedarf verringert. Kommerzielle technologische Verbesserungen im Bereich der Faserlaser und der Stromspeicherung ermöglichten diese Verkleinerung.

Die Entwicklung von Lasersystemen, die so klein sind, dass sie auf dem Rücksitz eines Dünenbuggys Platz finden, trägt auch dazu bei, dass sie an Bord von Kampfjets installiert werden können. So arbeitet der US-Rüstungshersteller Lockheed Martin zusammen mit dem Air Force Research Laboratory derzeit an dem Self-Protect High Energy Laser Demonstrator (SHiELD), einem gerichteten Energiesystem, das auf einer F-15 zur Abwehr von ankommenden Raketen montiert werden soll. Dieses Programm und andere ähnliche Programme haben sich wegen der Corona-Pandemie jedoch erheblich verzögert. 

EMP-Waffen

Daneben forschen Industrie und Militär auch an elektromagnetischen Waffen, auch solchen, die einen elektromagnetischen Impuls (EMP) erzeugen. EMPs können auf natürliche Weise durch Sonnenaktivität entstehen oder vom Menschen verursacht werden, wie zum Beispiel der EMP, der bei der Explosion einer Kernwaffe entsteht. Beide können verheerende Auswirkungen auf ein beliebiges Gebiet haben, von der dauerhaften Deaktivierung von Satelliten in der Erdumlaufbahn bis hin zum "Durchbrennen" von Smartphones und anderer Elektronik, die nicht mehr repariert werden kann.

Was im 20. Jahrhundert noch als Science-Fiction galt, wird im 21. Jahrhundert schnell zur militärischen Realität. Elektromagnetische Hochleistungswaffen können nicht nur alles zerstören, von einem einzelnen Smartphone bis hin zur kritischen Infrastruktur eines ganzen Kontinents, und zwar dauerhaft und ohne die Möglichkeit einer Reparatur, sondern sie bieten auch eine gewisse Tarnkappe. Denn ihre schrumpfende Größe und wachsende Leistung machen es schwierig, den Angreifer zu identifizieren. Sie sind die perfekte Waffe für Terroristen und Saboteure, denn sie können lautlos, unsichtbar und mit totaler Zerstörung zuschlagen.

Angesichts dieser Gefahr erließ der ehemalige US-Präsident Donald Trump während seiner Amtszeit im März 2019 eine Durchführungsverordnung zur "Koordinierung der nationalen Widerstandsfähigkeit gegenüber elektromagnetischen Impulsen", nachdem er die wachsende Bedrohung durch EMPs erkannt hatte. "Ein elektromagnetischer Impuls hat das Potenzial, Technologien und kritische Infrastruktursysteme zu stören, zu beeinträchtigen und zu beschädigen", heißt es in der Anordnung.

"Von Menschen verursachte oder natürlich auftretende EMPs können große geografische Gebiete betreffen und Elemente stören, die für die Sicherheit und den wirtschaftlichen Wohlstand der Nation von entscheidender Bedeutung sind, und könnten den globalen Handel und die Stabilität beeinträchtigen. Die Bundesregierung muss nachhaltige, effiziente und kostengünstige Ansätze zur Verbesserung der Widerstandsfähigkeit der Nation gegenüber den Auswirkungen von EMPs fördern."

Wissenschaftler und Militäroffiziere haben seit Beginn des Atomzeitalters in zahlreichen Abhandlungen und Reden vor der Gefahr von EMPs gewarnt, jedoch wurden die Warnungen lange Zeit nicht hinreichend beachtet. Gezielte elektromagnetische Hochleistungswaffen werden bald in der Lage sein, eine Flugzeugträger-Kampfgruppe innerhalb von Sekunden außer Gefecht zu setzen oder auch die Elektronik landgestützter Flugzeuge zu zerstören, bevor diese ihre Waffen abfeuern können.

Der Wettlauf um die Zukunftstechnologie hat bereits begonnen

Die Einführung der Hochleistungswaffen in das Waffenarsenal in allen Bereichen der Kriegführung ist jedoch mehr als nur eine Frage der Technologie, der Produktion und des Einsatzes. Sie wird auch erhebliche taktische Veränderungen mit sich bringen. So hat China beispielsweise einen Marschflugkörper entwickelt, der in einem Frachtcontainer auf einem Frachtschiff versteckt werden kann.

Ein solcher mit einem EMP-Sprengkopf bewaffneter Flugkörper könnte von jedem Hafen aus gestartet werden, um lebenswichtige militärische Einrichtungen, Produktionsanlagen und kritische Infrastrukturen wie das heimische Stromnetz zu zerstören. Die Errichtung elektromagnetischer Verteidigungssysteme wird als beste kurzfristige Lösung angesehen. Elektromagnetische Hochleistungswaffen könnten die Energie von Blitzen in Handfeuerwaffen verfügbar machen und einige derselben zerstörerischen Auswirkungen auf die zu bekämpfende Elektronik haben.

Elektromagnetische Hochleistungswaffen beruhen zwar auch auf Spitzentechnologien und überlegener Technik, sind aber in der Herstellung und im Einsatz weitaus kostengünstiger als Atomwaffen, Flugzeugträger oder Düsenjäger der fünften Generation. In Kombination mit immer billigeren, aber leistungsfähigeren UAVs bieten sie vielen Nationen einen neuen Weg, sich gegenüber anderen Nationen zu behaupten. Mit dem neuen Schwerpunkt auf der schnellen Entwicklung und dem Einsatz von offensiven und defensiven elektromagnetischen Hochleistungswaffen befindet sich die Welt derzeit in einem Wettlauf, um den damit verbundenen Gefahren zu begegnen, bevor diese Waffen zum Einsatz kommen.

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