In einigen Mitgliedsländern der EU plädieren Politiker vermehrt für ein generelles EU-Einreiseverbot für Staatsbürger der Russischen Föderation. Dafür setzen sich europäische Länder wie Polen, Lettland, Finnland und Dänemark ein. Ein gemeinsamer Beschluss soll Ende August auf EU-Ebene gefasst werden. Dazu kommt eine eigenmächtige Entscheidung Estlands, russische Staatsbürger ab 18. August nicht mehr mit einem von Estland ausgestellten Schengenvisum einreisen zu lassen.
Estlands Premierministerin Kaja Kallas war zuvor mit der Behauptung aufgefallen, dass Reisen nach Europa "ein Privileg und kein Menschenrecht" seien.
Estland, Lettland, Litauen und Tschechien hatten in den vergangenen Wochen die Ausstellung von Schengenvisa an Russen im Alleingang eingestellt. Finnland will ab September folgen, Polen erwägt eine ähnliche Regelung. Dänemark drängt auf eine einheitliche Lösung auf EU-Ebene und will andernfalls ebenso im Alleingang handeln.
Zudem befürwortet eine wachsende Anzahl von Politikern in Deutschland eine Einstellung der Visaausfertigung für Russen. Besonders eifrig zeigen sich hierbei Unionspolitiker. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Unionsfraktion Andrea Lindholz (CSU) äußerte sich dazu:
"Urlaubsvisa für Russen müssen gestoppt werden. Urlaubsziele dürfen in Putins Russland nicht länger Paris und Porto, sondern Pjöngjang und Peking heißen."
Es gehe darum, auch der russischen Bevölkerung klare Zeichen zu setzen, berichtete die Zeitung Bild am Montag.
Der Europapolitiker Dennis Radtke (CDU) sagte der Zeitung, es sei "unerträglich, dass Russen in Europa Urlaub machen und ihr Geld verjubeln, als sei nichts geschehen". Deutschland und Europa drohten aktuell "bei den Sanktionen und bei den Waffenlieferungen einzuschlafen". Wer Putin stoppen wolle, dürfe jetzt nicht locker lassen, sondern müsse mit einer Touristenvisa-Sperre für russische Staatsbürger nachlegen.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour hatten sich zuletzt ablehnend zu entsprechenden Vorschlägen geäußert. Der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour sieht Überlegungen kritisch, russischen Staatsbürgern keine Kurzzeitvisa für Besuche in der EU mehr auszustellen. Damit steht er in dieser Frage neben dem Bundeskanzler, der sich bereits gegen den in der Europäischen Union diskutierten Vorschlag positioniert hatte.
Er verstehe die Gefühle derjenigen, die angesichts des Angriffs auf die Ukraine touristische Reisen russischer Bürger in die EU unterbinden wollten, sagte der Grünen-Vorsitzende im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Angesichts der hohen Zustimmung für Präsident Wladimir Putin in Russland, "muss man auch klar machen, dass das so nicht geht", fügte er hinzu. Auf der anderen Seite sei das Erleben von Rechtsstaatlichkeit in den Staaten der Europäischen Union etwas, "was sehr, sehr hilfreich ist, gerade gegen solche Diktaturen". Anstatt alle Russen auszusperren, müsse mehr unternommen werden, damit diejenigen, die Putin aktiv unterstützten, nicht mehr in die EU reisen könnten, sagte Nouripour.
Mehr zum Thema - Schoigu: Russen die Einreise in die EU zu verbieten, ist Nazi-Politik
(rt de/dpa)