Wie die Financial Times am Dienstag berichtete, ist die Europäische Union wegen des wachsenden Handels zwischen der Türkei und Russland verärgert. Wert und Volumen der türkischen Exporte nach Russland sind gegenüber 2021 drastisch gestiegen, da türkische Unternehmen sich beeilten, den von US- und EU-Unternehmen verlassenen Markt zu bedienen. Beamte in Brüssel sagten gegenüber der Financial Times, dies sei "nicht schön" und "nicht wirklich angemessen", räumten aber gleichzeitig ein, dass sie wenig dagegen tun können.
Die jüngsten Statistiken des türkischen Handelsministeriums zeigen, dass sich die Ausfuhren nach Russland zwischen Mai und Juli auf über zwei Milliarden US-Dollar beliefen, 642 Millionen US-Dollar (rund 632 Millionen Euro) mehr als im gleichen Zeitraum des letzten Jahres. Allein im Juli stieg der Wert der Ausfuhren im Vergleich zum Vorjahr um 75 Prozent von 417 Millionen US-Dollar (rund 410 Millionen Euro) auf 730 Millionen US-Dollar (rund 719 Millionen Euro). Dies war der stärkste Anstieg der türkischen Exporte überhaupt. Auf Russland entfallen jetzt 3,9 Prozent aller türkischen Ausfuhren, gegenüber 2,6 Prozent im vergangenen Juli.
Die Ausfuhren Ankaras in die USA sind ebenfalls um 25 Prozent gestiegen, und der Gesamtwert der Ausfuhren liegt um 13 Prozent über dem des letzten Jahres, so das türkische Handelsministerium. Dies ist zum Teil auf die anhaltende Inflation zurückzuführen, die die türkische Lira abwertet, aber auch auf das von den USA und ihren EU-Verbündeten gegen Russland verhängte Embargo, an dem sich die Türkei nicht beteiligen will.
"Wir haben das auf dem Radar", sagte ein EU-Beamter, der mit der Financial Times unter der Bedingung der Anonymität sprach. Und weiter:
"Es ist nicht nett und wird von der EU nicht gut wahrgenommen. Es ist irritierend."
Einige EU-Hauptstädte haben sich Berichten zufolge bei Ankara über die Beziehungen der Türkei zu Russland erkundigt. Der russische Präsident Wladimir Putin empfing seinen türkischen Amtskollegen Recep Tayyip Erdoğan Anfang des Monats in Sotschi.
Erdoğan verfolgt einen, wie er es nennt, "ausgewogenen" Ansatz im Konflikt in der Ukraine, indem er Kampfdrohnen an Kiew verkauft und gleichzeitig die wirtschaftlichen Beziehungen zu Moskau aufrechterhält. Türkische Beamte und Wirtschaftsführer haben die Chancen, die sich durch die sanktionsbedingte Abwanderung von US- und EU-Unternehmen vom russischen Markt ergeben, offen angesprochen.
In einer Zeit, in der die EU wegen des Ukraine-Konflikts "ihre Beziehungen zu Russland abbaut", sei es "nicht wirklich angebracht, die Verbindungen oder das Engagement mit Moskau zu verstärken", sagte Peter Stano, der Chefsprecher des diplomatischen Dienstes der EU.
Wie verärgert die Brüsseler Beamten auch über die Türkei sein mögen, sie räumen ein, dass sie nicht viel dagegen tun können.
"Es ist die Türkei, jeder [in der EU] braucht sie, aus dem einen oder anderen Grund", sagte ein EU-Beamter, der ebenfalls um Anonymität bat, gegenüber der Financial Times. Er ergänzte:
"Und die EU muss sich ihrer Möglichkeiten bewusst sein ... wir können [Erdoğan] nicht einfach sagen, dass er unsere Regeln befolgen muss."
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