Am Dienstag hat der russische Präsident Wladimir Putin die Moskauer Konferenz zur Internationalen Sicherheit (MCIS) eröffnet. Die Konferenz findet nun zum zehnten Mal statt, worauf der Präsident in seiner Begrüßungsrede hinwies. Unter gegenwärtigen Bedingungen sei eine "offene Diskussion" über aktuelle militärische und politische Probleme besonders aktuell. Die internationale Lage ändere sich schnell. Putin hob hervor, dass sich zurzeit neue Umrisse einer multipolaren Weltordnung formieren:
"Immer mehr Länder und Völker wählen den Weg einer freien, souveränen Entwicklung und stützen sich dabei auf ihre Eigenständigkeit, Traditionen und Werte."
Der russische Präsident charakterisierte diese Entwicklung als einen objektiven Prozess, dem sich allerdings "westliche globalistische Eliten" widersetzen würden. Die sogenannte westliche Eindämmungspolitik behindere in Wirklichkeit effektiv alle alternativen Entwicklungsstrategien und stelle eine globale Gefahr dar:
"Ihre Hegemonie bedeutet Stagnation für die ganze Welt, für die ganze Zivilisation, Obskurantismus und Cancel Culture, einen neoliberalen Totalitarismus."
Putin warf den USA und ihren Vasallen vor, zum Erhalt ihrer "schwindenden Hegemonie" alle Mittel, darunter Provokationen, Staatsstreiche und Bürgerkriege, zu nutzen. Das westliche Modell sei auf einer parasitären Ausbeutung der restlichen Welt aufgebaut und könne daher nur mit Gewalt gestützt werden. Aus dieser These schlussfolgerte Russlands Präsident, dass der "kollektive Westen" alte und neue Konflikte in der Welt selbst provoziere, um die eigene Vormachtstellung zu erhalten und die Schuld an eigenen internen Problemen anderen Staaten zuzuschieben. Als einen der Beispiele führte Putin die Zerstörung des Systems der europäischen Sicherheit, das Ignorieren russischer Sicherheitsinteressen sowie den Aufbau der Ukraine zu einem "Anti-Russland" an:
"Gerade deshalb haben sie der Ukraine das Schicksal von Kanonenfutter zugeteilt, das Projekt 'Anti-Russland' realisiert, die Augen vor der Ausbreitung der neonazistischen Ideologie, vor Massenmorden der Bewohner des Donbass verschlossen."
Russlands Militäroperation in der Ukraine sei vor diesem Hintergrund gerechtfertigt und die Entscheidung über ihren Beginn entspreche der Satzung der Organisation der Vereinten Nationen, so Putin weiter. Insgesamt könne aber der Ukraine-Konflikt nur einer von mehreren von den USA zum Erhalt der eigenen Hegemonie provozierten Konflikte sein und damit in einen größeren Zusammenhang eingeordnet werden. "Die USA handeln genauso, indem sie Konflikte in Asien, Afrika und Lateinamerika schüren", erklärte Putin. Besonders hob er dabei die US-amerikanischen Provokationen um Taiwan hervor:
"Das amerikanische Taiwan-Abenteuer ist mehr als nur ein Besuch einer verantwortungslosen Politikerin, sondern Teil einer zielgerichteten, bewussten Strategie der USA zur Destabilisierung der Lage und Chaosstiftung in der Region und der ganzen Welt. […] Wir sehen, wie der kollektive Westen sein Blocksystem analog zur NATO in Europa auch auf die asiatisch-pazifische Region ausbreiten will."
Als eine Strategie zur Verhinderung der vom Westen betriebenen internationalen Destabilisierung schlug der russische Präsident den Aufbau einer multipolaren Weltordnung vor. Da aktuelle internationale Bedrohungen wie etwa Terrorismus einen globalen Charakter tragen, sei zu ihrer Bewältigung eine gemeinsame Anstrengung aller Staaten notwendig. Putin betonte:
"Die unipolare Weltordnung gehört der Vergangenheit an."
Die MCIS selbst sei sowohl ein Beweis für den objektiven Prozess der Entstehung einer multipolaren Welt als auch ein Beitrag zu deren Aufbau. Ferner sei es wichtig, die Achtung vor dem Völkerrecht und vor international anerkannten Dialogplattformen wie dem Sicherheitsrat und der Generalversammlung der UNO zu stärken, schlussfolgerte Putin.
Die MCIS hatte im Jahr 2012 zum ersten Mal stattgefunden und findet dieses Jahr zum zehnten Mal statt. Wie die Nachrichtenagentur Interfax berichtete, sind für die laufende Konferenz unter anderem vier Plenarsitzungen sowie mehrere bilaterale Treffen zwischen dem russischen Verteidigungsminister Sergei Schoigu und seinen ausländischen Amtskollegen vorgesehen. Insgesamt nehmen an der MCIS in diesem Jahr über 700 Gäste teil, darunter Verteidigungsminister und Generalstabschefs aus mehreren Staaten.
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