Die Presse des globalen Südens reagierte uneinheitlich auf den Besuch von Nancy Pelosi in Taiwan, vorherrschend aber mit dem Wunsch, die Krise möge ohne Eskalation vorübergehen. Allerdings ist es für Kommentare zur Entwicklung noch zu früh und die meisten Reaktionen stammen aus der Zeit vor dem Besuch.
Die indische Hindustan Times berichtete primär, Weibo, das chinesische Twitter-Äquivalent, sei nach der Landung Pelosis vorübergehend zusammengebrochen, weil Millionen Teilnehmer über diesen Besuch debattierten. Außerdem kolportierte die Zeitung eine Bemerkung Pelosis. Diese soll gesagt haben: "Sie machen einen großen Lärm, weil ich die Sprecherin bin, denke ich. Ich weiß nicht, ob das der Grund oder eine Entschuldigung ist. Denn sie haben nichts gesagt, als Männer kamen."
The Hindu kommentierte vorab: "Die Tatsache, dass keine Seite einen militärischen Konflikt will oder sich leisten kann, könnte dafür sorgen, dass die gegenwärtigen Spannungen noch einmal entschärft werden und jede Seite davon abgeht und eine Show der Stärke für ihr heimisches Publikum liefert. Die letzte Krise hat jedoch den gefährlichen Zustand der Beziehungen zwischen den beiden größten Mächten der Welt sichtbar gemacht. Es wird kaum die letzte bleiben."
Auch Channel New Asia aus Singapur schien vor allem einen friedlichen Verlauf zu wünschen und zitierte dafür einen Wissenschaftler namens Collin Koh. Dieser meinte, der Besuch Pelosis habe China in die schwierige Lage gebracht, eine entschiedene und starke Antwort geben zu müssen, aber gleichzeitig einen ausgewachsenen Konflikt zu vermeiden. "Selbst, wenn sie versuchen, dieses Ergebnis zu vermeiden, bestehen immer noch bedeutende Möglichkeiten für eine zufällige Eskalation."
Die pakistanischen Zeitungen meldeten zum Thema vor allem eines: dass Pakistan die Ein-China-Politik weiterhin unterstützt. Dabei wird eine Erklärung des pakistanischen Außenministeriums zitiert: "Pakistan ist sehr besorgt über die Lage, die sich in der Straße von Taiwan entwickelt, die ernste Folgen für den regionalen Frieden und die Stabilität hat. (...) Die Welt kann sich keine weitere Krise leisten, die negative Folgen für den Weltfrieden, die Sicherheit und die Wirtschaft hat."
Mehrere große lateinamerikanische Zeitungen, darunter La Nacion aus Argentinien, griffen auf einen Kommentar aus der New York Times zurück (der interessanterweise dort nicht mehr zu lesen ist). Darin schrieb der Autor Thomas J. Friedman: "Ihre [Pelosis] Reise diese Woche nach Taiwan, gegen die Wünsche des Präsidenten Joe Biden, ist eine Gewissenlosigkeit von absoluter Verantwortungslosigkeit und enormer Gefahr."
In Brasilien behandelt die Seite des größten Fernsehsenders O Globo das Thema unter der Überschrift "Biden wird 'große Schwierigkeiten' haben, die Beziehungen mit China nach Pelosis Besuch in Taiwan wiederherzustellen, sagen Spezialisten". Das Magazin Veja widmet sich ausführlich dem Risiko, die eine Eskalation um Taiwan für die Versorgung der weltweiten Industrie mit Computerchips darstellt.
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