Kiew verlangt von Washington Erdgaslieferungen zu denselben Bedingungen wie bei den Waffen

Das ukrainische Erdgasunternehmen Naftogaz ist in Schwierigkeiten und will Hilfe von der Regierung. Die kommt sogleich auf die Idee, sich von den USA Erdgas auf Pump liefern zu lassen. Die Schieflage vo Naftogaz könnte allerdings Resultat von Korruption sein.

Die Ukraine will die USA um Erdgaslieferungen zu denselben Bedingungen bitten, wie sie bei den Waffen- und Munitionslieferungen gelten. Das sagte der ukrainische Ministerpräsident, Denis Schmygal, am Dienstag. Er betonte, dass dieses "Lend-Lease-Prinzip" (zu Deutsch: Leihen und Pachten) für den kommenden Winter dringend nötig werde, während die Europäische Union gleichzeitig eine Gasrationierung innerhalb der EU ins Auge fasst.

"Die Regierung der Ukraine hat beschlossen, bei der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika zu beantragen, dass sie unserem Staat einen 'Gas-Leihvertrag' für eine stabile Heizperiode gewährt", kündigte Schmygal während einer Kabinettssitzung an. Dies geht aus einem Video hervor, welches er auf seinem Telegramkanal veröffentlicht hat. "Die Vorbereitungen für den schwierigsten Winter unserer Geschichte gehen weiter und wir suchen nach allen möglichen Mitteln, um für jedes Szenario gerüstet zu sein", fügte er hinzu. 

Während Schmygal nicht näher darauf einging, wie die vorgeschlagene Vereinbarung funktionieren soll, deutet seine Verwendung des Begriffs "Lend-Lease" darauf hin, dass Kiew erwartet, Lieferungen von US-Flüssigerdgas (LNG) kostenlos zu erhalten. Die USA haben lange versucht, ihr LNG auf dem europäischen Markt zu verkaufen, aber sie konnten preislich nicht mit dem russischen Gas konkurrieren. Im Rahmen eines Lend-Lease-Plans aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs, der im April neu aufgelegt wurde, schickt Washington derzeit Waffen und Munition im Wert von etlichen Millionen Dollar in die Ukraine.

Der Vorschlag von Schmygal kommt zeitgleich mit der Ankündigung des staatlichen Gasunternehmens Naftogaz, dass es mit der Bedienung seiner Verpflichtungen aus Anleihen in Verzug gerät. Das Unternehmen hat daher die Regierung in Kiew aufgefordert, "die volle Verantwortung für die Beschaffung der erforderlichen Finanzmittel für den Import von Erdgas für die bevorstehende Heizperiode" zu übernehmen.

Die ehemalige ukrainische Ministerpräsidentin Julia Timoschenko hingegen beschuldigte Naftogaz am vergangenen Montag der Unterschlagung. Das Unternehmen soll in den "Betrug des Jahrhunderts" verwickelt sein, indem es Milliarden fordert, um Gas zu kaufen. Aber die Ukraine brauche dieses Gas gar nicht und werde möglicherweise sogar einen Überschuss produzieren, so Timoschenkos Behauptung. Die Politikerin leitete von 2007 bis 2010 das von den USA unterstützte ukrainische Kabinett und sitzt heute als Vorsitzende der Partei "Vaterland" im Parlament.

Unterdessen hat die EU einen Plan zur Rationierung des Gasverbrauchs ab August angekündigt, um potenzielle Engpässe zu bewältigen. Der größte Teil des Erdgases der EU wurde bisher aus Russland importiert und Moskau hat zugesagt, seine Verträge trotz der von Brüssel verhängten Sanktionen zu erfüllen. Allerdings haben Wartungsarbeiten an Kompressionsanlagen der Pipeline Nord Stream 1 den Gasfluss nach Deutschland in den letzten Wochen wesentlich reduziert. Berichten zufolge fließen derzeit nur noch 20 Prozent der üblichen Mengen nach Westeuropa. Berlin hat eine Umgehung dieses Problems durch die Inbetriebnahme von Nord Stream 2 allerdings kategorisch ausgeschlossen.

Übersetzt aus dem Englischen.

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