Die US-Behörden sind zunehmend besorgt über Chinas Handlungen und Äußerungen bezüglich Taiwan. Eine Situation, die in den vergangenen Tagen durch die Absicht Nancy Pelosis, der Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, die Insel zu besuchen, noch verschärft wurde. Das Weiße Haus soll sogar insgeheim versucht haben, Pelosi von der Reise abzubringen. Dies berichtete die Zeitung The New York Times unter Berufung auf Quellen.
Pelosis Besuch in Taiwan erhöhe das Risiko eines Konflikts, da in den kommenden Wochen ein "wichtiges politisches Treffen" stattfinden werde, an dem der chinesische Staatschef Xi Jinping und weitere führende Vertreter der Kommunistischen Partei Chinas teilnehmen, erklärten ungenannte US-Beamte. The New York Times gab nicht an, auf welches Treffen sie sich bezieht, allerdings ist für die zweite Hälfte des Jahres 20. Kongress der Kommunistischen Partei Chinas geplant.
Nach Angaben der Zeitung wird Pelosi wahrscheinlich in einem US-Militärflugzeug nach Taiwan reisen, wie es für solche Besuche üblich ist. Einige Analysten spekulieren, dass China ein Flugzeug entsenden könnte, um das US-Flugzeug zu eskortieren und es an der Landung zu hindern. Nach Angaben von US-Beamten, die von der Zeitung befragt wurden, ist ein solcher Schritt besorgniserregend und würde als große Eskalation angesehen werden, gilt aber im Moment als unwahrscheinlich.
Laut Reuters will Pelosi nach einem Besuch in Japan diese Woche Taiwan besuchen. Die Sprecherin des US-Repräsentantenhauses selbst lehnte es ab, sich öffentlich zu ihren Plänen zu äußern. Sie sagte, es sei wichtig, "ihre Unterstützung für Taiwan zu zeigen". Sollte sie tatsächlich nach Taiwan reisen, wäre Pelosi die erste Sprecherin des US-Repräsentantenhauses in 25 Jahren, die die Insel besucht. US-Präsident Joe Biden sagte, das Militär befürworte diese Initiative nicht.
Das Weiße Haus sei besorgt über die Möglichkeit, dass China eine Flugverbotszone über Taiwan ausrufen könnte, um den Besuch von Pelosi zu stören, erklärte ein ungenannter US-Beamter gegenüber CNN. Er fügte hinzu, dass Peking Kampfjets auf die Insel schicken könnte, was eine Reaktion Taipehs und Washingtons nach sich ziehen würde, lehnte es jedoch ab, die Reaktion der USA zu spezifizieren.
Taiwan erklärte im Jahr 1949 während des Bürgerkriegs seine Unabhängigkeit von China. Peking erkennt die Unabhängigkeit der Insel jedoch nicht an und betrachtet sie als eine eigene Provinz. Der Verwaltungsstatus der Region ist noch nicht geklärt. Washington unterhält keine diplomatischen Beziehungen zu den taiwanesischen Behörden, seit 1979 ist aber ein Gesetz in Kraft, das es den USA erlaubt, zu ihrem eigenen Schutz Waffen in die Region zu liefern. Gleichzeitig erklärte Washington wiederholt, dass es Pekings "Ein-China-Politik" respektiere.
Das chinesische Außenministerium erklärte, es treffe "ernsthafte Vorbereitungen" für einen möglichen Besuch Pelosis, berichtete Bloomberg. Bei einer Pressekonferenz am 25. Juli sagte Zhao Lijian, der Sprecher des Ministeriums:
"Die chinesische Seite hat gegenüber der US-amerikanischen Seite wiederholt ihre ernsten Bedenken und ihre entschiedene Ablehnung eines möglichen Besuchs von Sprecherin Pelosi in Taiwan zum Ausdruck gebracht."
Nach Angaben der Zeitung Financial Times übermittelten chinesische Behörden den USA inoffiziell eine Warnung über die Folgen eines Besuchs Pelosis auf der Insel, die weitaus ernstere Drohungen enthielten als zuvor. Der Wortlaut des Schreibens schließe eine militärische Antwort mit ein, so zwei informierte Quellen gegenüber der Zeitung.
China sei in den vergangenen Jahren "aggressiver" geworden und fange mit größerer Wahrscheinlichkeit US-Kampfflugzeuge ab. Zudem führe Peking unsichere Flugmanöver in der Nähe von US-Verbündeten durch, sagte Mark Milley, der Kommandeur der US-Streitkräfte, Ende Juli der Zeitung.
Nach Angaben von CNN will das Pentagon die Zwischenfälle zwischen den chinesischen und den US-amerikanischen Streitkräften eingehend untersuchen. Mehrere Vorfälle seien nicht veröffentlicht worden, hieß es. So soll es bereits im Juni zu einem "Scharmützel" zwischen einem US-Transportflugzeug vom Typ C-130 und einem chinesischen Flugzeug gekommen sein. Das Pentagon habe den Vorfall jedoch nicht bestätigt, berichtete der Sender.
William Burns, der Direktor des US-Auslandsnachrichtendienstes CIA, betonte:
"Unserer Ansicht nach stellt sich nicht die Frage, ob die chinesischen Behörden beschließen, die Kontrolle über Taiwan mit Gewalt zu übernehmen, sondern wie und wann sie dies tun werden."
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