Polen wolle sich nicht an der Ukraine für den Massenmord an Polen in den 1940er Jahren rächen. Dies hat der polnische Präsident Andrzej Duda am Montag während der jährlichen Gedenkzeremonie für die Opfer des Wolhynien-Massakers in Warschau erklärt.
Die brutalen Massaker wurden von der Ukrainischen Aufständischen Armee, dem militanten Flügel der Organisation Ukrainischer Nationalisten von Stepan Bandera, in Ostgalizien verübt, das nach dem Zweiten Weltkrieg in die Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik eingegliedert wurde. Der grausigste Tag der Massaker ereignete sich am 11. Juli 1943 und wurde als "Blutsonntag" bezeichnet. Aus diesem Grund wird am 11. Juli in Polen der Nationale Gedenktag für die Opfer des Massakers von Wolhynien begangen.
Andrzej Duda bezog sich bei seiner Rede auf die Hilfe und Unterstützung, die sein Land den Ukrainern inmitten der russischen Militäroperation gewährt. Dies soll ein Zeichen der freundlichen Haltung gegenüber der Ukraine sein. Wörtlich sagte Duda:
"Die Wahrheit muss klar und deutlich ausgesprochen werden. Es ging und geht nicht um Rache, nicht um Vergeltung, und es gibt keinen besseren Beweis dafür als die Zeit, die wir jetzt erleben."
Zudem zeige die Geschichte, dass jede Rache immer zu einer weiteren Rache führe. Weder Warschau noch Kiew würden von einer Konfrontation profitieren, hieß es weiter. Dabei wies Duda auf Russland hin:
"Sie wissen, wer der größte Nutznießer sein wird. Derjenige, der versucht, der Ukraine Freiheit und Land zu nehmen."
Duda erklärte auch, dass sein ukrainischer Amtskollege Wladimir Selenskij dem Parlament einen Gesetzesentwurf vorgelegt habe, der den Polen einen Sonderstatus in der Ukraine verleihen würde. Dieser Schritt hat nach Ansicht von Duda eine symbolische Bedeutung, da eine Nation, die "um jeden Preis versucht hat, die Polen loszuwerden", sie nun willkommen heißt.
Jedoch gab Duda zu, dass die Wolhynien-Massaker, bei denen mehr als 100.000 Menschen getötet wurden, für die Polen ein "äußerst schmerzhaftes Thema" seien, und "schwierig, weil es vor allem peinlich" für die Ukrainer sei. Duda betonte, die Polen möchten, dass der Opfer von Wolhynien angemessen gedacht werde, und Warschau sei bereit, das Gleiche für die auf seinem Gebiet begrabenen Ukrainer zu tun.
Für Warschau und Kiew ist dies seit langem ein heikles Thema. Viele in der modernen Ukraine halten Stepan Bandera für einen Nationalhelden und neigen dazu, die von ukrainischen Nationalisten begangenen Gräueltaten zu übersehen. Polen sieht in den Massakern in Wolhynien einen Völkermord.
Nach dem Zweiten Weltkrieg stimmte Polen zu, sich von der Region Ostgalizien und dem größten Teil Wolhyniens zu trennen, die in die Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik eingegliedert wurden. Warschau wurde mit Gebieten entschädigt, die zuvor zu Deutschland gehört hatten, insbesondere mit der Hafenstadt Danzig.
Im April behauptete der Chef des russischen Auslandsgeheimdienstes, Sergei Naryschkin, dass Moskau brisante Geheimdienstinformationen erlangt habe, die darauf hindeuten, dass Polen und die USA an einem gemeinsamen Plan arbeiten. Ziel dieses Plans sei es, dass Warschau die Kontrolle über ukrainische Gebiete zurückgewinnen solle, die "historisch zu Polen gehören". Polen wies diese Behauptungen kategorisch zurück.
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