Medienberichte: Saudi-Arabien erwägt Beitritt zum BRICS-Bündnis

Saudi-Arabien und auch andere Staaten bemühen sich um einen Beitritt zum BRICS-Bündnis. Die Folgen dürften den Trend zu einer neuen multipolaren Welt und dem Ende der US-Hegemonie beschleunigen.

Das BRICS-Bündnis bereitet sich darauf vor, neue Mitglieder aufzunehmen, darunter auch Saudi-Arabien, dessen mögliche Aufnahme erhebliche Auswirkungen auf das globale geopolitische Gleichgewicht haben würde. Bei BRICS handelt es sich um einen Zusammenschluss der Wirtschaftsmächte Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika. Neben BRICS bemüht sich die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) auch um eine Aufnahme Saudi-Arabiens. Das Bündnis wurde im Jahr 2001 von China, Kasachstan, Kirgisistan, Russland, Tadschikistan und Usbekistan gegründet. Seit 2017 gehören der SOZ auch die verfeindeten Staaten Indien und Pakistan an.

Kürzlich erklärte Matthew Neapole, ein Experte für internationale Angelegenheiten und Mitarbeiter des Macdonald-Laurier-Instituts in Kanada, gegenüber Newsweek, dass beide Bündnisse bestrebt seien, etwa im Währungs- und Bankwesen Alternativen zu westlichen Strukturen zu unterstützen. Zuvor hatten die Deutschen Wirtschafts Nachrichten darüber berichtet.

"Die BRICS und die SOZ haben eine wichtige ideologische Gemeinsamkeit: Sie sind beide auf Multipolarität ausgerichtet, und ihre Gipfeltreffen wurden sogar zeitweise gemeinsam abgehalten."

Doch nicht nur Saudi-Arabien, sondern auch Iran hat Interesse an einem Beitritt zur SOZ und einen formellen Beitrittsprozess bereits während des letzten Gipfels der Staats- und Regierungschefs im September begonnen. Am Montag kündigte das iranische Außenministerium an, dass die Islamische Republik auch dem BRICS-Bündnis beitreten wolle. Wie der russische Außenminister Sergei Lawrow Ende Mai bekannt gab, erwägt auch Saudi-Arabien einen Antrag auf eine BRICS-Mitgliedschaft. Wang Wenbin, der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, erklärte, man habe "einen Konsens über den BRICS-Erweiterungsprozess erreicht".

Argentinien hat bereits einen Antrag auf Mitgliedschaft gestellt, was den Status der BRICS als wichtiger Akteur in der globalen Politik befördern dürfte. Neapole ist der Ansicht, dass es noch "große Hürden zu überwinden gilt". Dennoch könne ein geschlossener SOZ-BRICS-Block einen großen Einfluss auf die Neugestaltung der Welt haben.

"Wenn es ihm gelingt, sich als Bannerträger des Globalen Südens oder der G20 zu positionieren, starke organisatorische Mechanismen zu entwickeln und sich stärker zu integrieren, könnte er sehr einflussreich sein"

Für Saudi-Arabien dürfte vor allem der multipolare Ansatz der BRICS interessant sein. Einerseits hatte Riad über viele Jahrzehnte enge Beziehungen zu Washington gepflegt, doch in den vergangenen Jahren bemühte sich das Königreich darum, ein unabhängiger globaler Akteur zu werden und hat im weiteren Verlauf auch die Beziehungen zu Russland und China ausgebaut. Mohammed al-Hamed, Präsident der Saudi Elite Group in Riad, erklärte gegenüber Newsweek:

"Chinas Einladung an das Königreich Saudi-Arabien, den BRICS beizutreten, bestätigt, dass das Königreich eine wichtige Rolle beim Aufbau der neuen Welt spielt und zu einem wichtigen und unverzichtbaren Akteur im globalen Handel und in der Wirtschaft geworden ist."

Des Weiteren erklärte er:

"Der Beitritt Saudi-Arabiens wird das Weltwirtschaftssystem ins Gleichgewicht bringen, zumal das Königreich Saudi-Arabien der größte Ölexporteur der Welt ist und der G20 angehört."

"Wenn dies geschieht, wird dies jede wirtschaftliche Bewegung und Entwicklung im Welthandel und in der Weltwirtschaft unterstützen und bemerkenswerte Fortschritte in sozialen und wirtschaftlichen Aspekten verzeichnen, da Saudi-Arabien Partnerschaften mit jedem Land der Welt haben sollte."

Dieses Vorgehen steht im Gegensatz zu den USA, die regelmäßig Länder, die sich ihrer Politik widersetzen, durch Sanktionen ausschließt. Da die Vereinigten Staaten im globalen Finanzsystem eine bedeutende Rolle spielen, gab es bisher kaum Möglichkeiten, dies zu umgehen, doch Bündnisse wie BRICS könnten Möglichkeiten bieten, dies zu tun.

In den vergangenen Jahren spürte Iran die Vorherrschaft der USA besonders hart und suchte daher strategische Partnerschaften mit Russland und China. Die Nah-Ost-Expertin Zakijeh Yazdanschenas erklärte, in der Islamischen Republik Iran habe man eingesehen, dass die USA und der Westen dem Land niemals erlauben werden, eine Rolle als regionale Macht zu erfüllen:

"Daher haben sie beschlossen, die Versuche der USA, den Iran zu isolieren, durch eine weitere Annäherung an nicht-westliche Organisationen wie SOZ und BRICS zu neutralisieren. Außerdem betrachten die Iraner die künftige Weltordnung als östlich und versuchen, sich Organisationen anzunähern, in denen östliche Mächte wie Russland und China eine wichtige Rolle spielen."

Zudem sei Iran der einzige Produzent von Energieressourcen am Persischen Golf, der kein Verbündeter der Vereinigten Staaten sei und sich im Falle einer Eskalation des Handelskriegs zwischen Peking und Washington nicht weigern werde, Energie an China zu liefern.

Akhil Ramesh, Mitarbeiter beim Pacific Forum in Hawaii, erklärte gegenüber Newsweek zudem, dass eine Aufnahme Irans und Saudi-Arabiens in das BRICS-Bündnis aufgrund der Ölreserven ein "großer Gewinn" für die Organisation wären. Diese Reserven würden dem Bündnis auch helfen, die Hegemonie des US-Dollars über das globale Finanzsystem anzugreifen. Um den US-Dollar als globale Reservewährung abzulösen, "müssten sich mehr rohstoffexportierende Länder, vor allem Ölexporteure, für diese Idee begeistern".

China und Russland hätten daher auch ein Interesse daran, eine Koalition aus Staaten zu schaffen, "die anhängige Streitigkeiten mit dem Westen haben oder in der Vergangenheit vom Westen gedemütigt wurden", so Ramesh. Er erklärte weiterhin, dass die USA und ihre Verbündeten einen "schweren Fehler" begangen hätten, indem sie die Bedeutung der BRICS sowie der SOZ sowie der Neuen Seidenstraße übersahen. Letztere zählt etwa 148 Länder und 32 internationale Organisationen als Partner. Die USA haben demnach vor allem China "gewaltig unterschätzt".

Ein Beitritt Saudi-Arabiens Irans würde zwar nicht unbedingt ein Ende ihrer Rivalität in der Region bedeuten, doch Russland und China haben bereits 2017 mit der Aufnahme Indiens und Pakistans in die SOZ gezeigt, dass man in der Lage ist, rivalisierende Staaten in ein Bündnis zu integrieren. Dieser Ansicht ist auch Jaroslaw Lissowolik, ein Experte des Russischen Rates für Internationale Angelegenheiten:

"In dieser Hinsicht würde eine Aufnahme Irans und Saudi-Arabiens die Dinge innerhalb der BRICS nicht grundlegend ändern, da es Spielraum für unterschiedliche Ansichten gibt. Und während es bei bestimmten lokalen oder regionalen Problemen zu Meinungsverschiedenheiten kommen kann, könnte es bei globalen Fragen größere Einigkeit geben."

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