In Madrid beginnt am Dienstag der dreitägige NATO-Gipfel. Der Streit mit der Türkei um die NATO-Mitgliedschaft Schwedens und Finnlands geht damit in eine neue Runde. Im Rahmen des Gipfels wollen sich die Spitzen der Türkei, Schwedens und Finnlands treffen, um über die türkische Blockade des NATO-Beitritts der skandinavischen Länder zu diskutieren. Kurz vor dem Treffen und seiner Abreise nach Madrid hatte der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdoğan signalisiert, dass Ankara ihre Zustimmung zu einem NATO-Beitritt Helsinkis und Stockholms an zahlreiche Bedingungen wie die Auslieferung von Mitgliedern der in USA und EU als "Terrororganisation" eingestuften Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) an die Türkei knüpft.
Die kurdische Diaspora in Schweden ist nun laut Reuters besorgt, dass sie zu einem Spielball in den Verhandlungen über "Stockholms Ehrgeiz" werden könnte, der NATO beizutreten. Die Kurden fürchten nämlich, dass der Westen der Türkei in der Kurdenfrage Zugeständnisse macht, um Ankaras Unterstützung für Finnlands und Schwedens Aufnahme in die NATO zu gewinnen.
Schwedens 100.000-köpfige kurdische Diaspora und Stockholms Unterstützung für die "Rechte der Kurden" sind seit Langem ein Reibungspunkte in den Beziehungen zu Ankara. "Schweden war der Türkei ein Dorn im Auge und kritisierte türkische Menschenrechtsverletzungen. Es gibt eine starke und lebendige kurdische Diaspora in Schweden, von der Teile mit der PKK sympathisieren", sagte Paul Levin, Direktor am Institut für Turkologie an der Universität Stockholm. Einige kurdische Gruppen in Europa seien nun beunruhigt, dass sie den Preis zahlen könnten, um die Türkei zu "besänftigen und Schwedens Platz in der NATO zu sichern", berichtet Reuters. Die schwedische Regierung lehnte es ab, sich zu den laufenden Gesprächen mit der Türkei zu äußern. Auch Ankaras Botschaft in Stockholm lehnte eine Stellungnahme ab. Die NATO hatte bereits betont, dass die von der Türkei geäußerten Sicherheitsbedenken legitim seien.
Ankara sieht in der PKK und deren Verbündeten eine wesentliche Bedrohung für die nationale Sicherheit der Türkei. Die türkische Regierung hielt Schweden und Finnland vor, "Terrororganisationen" wie die PKK und die Kurdenmiliz YPG "offen" zu unterstützen. In Syrien arbeiteten allerdings in letzter Zeit die US-Amerikaner wiederum eng mit der YPG zusammen, und der Westen hatte die kurdische Milizen zur Bekämpfung der IS mit Waffen beliefert. Während die Gespräche über einen möglichen NATO-Beitritt Finnlands und Schwedens weitergeführt werden, drohte der türkische Präsident mit einem erneuten Einmarsch in Nordsyrien, um Städte zurückzuerobern, die von den kurdisch geführten Syrischen Demokratischen Kräften (SDF) gehalten werden – die wiederum von Washington unterstützt werden.
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