Die weltweiten Vorräte an Weizen könnten nach Angaben einer Expertin für Nahrungssicherheit bereits in den kommenden zehn Wochen aufgebraucht sein. Der Krieg in der Ukraine sei zwar nicht die alleinige Ursache für die Krise der Ernährungssicherheit, allerdings habe der Konflikt zwischen Russland und dem osteuropäischen Land weiter "Öl in ein Feuer" gegossen, "das schon lange brannte", mahnte Sara Menker, Geschäftsführerin des Agraranalyseunternehmens Gro Intelligence, kürzlich bei einer Sitzung des UN-Sicherheitsrats.
Die Ukraine und Russland gelten als "Kornkammern der Welt", da auf die beiden Länder fast ein Drittel der weltweiten Weizenexporte entfällt. Allerdings würden laut Menker vor allem die weltweiten Dürreperioden dazu beitragen, dass die Weizenressourcen so schnell sinken. Zudem beschleunigten der Klimawandel sowie der auf dem Markt herrschende Mangel an Düngemitteln den Prozess zusätzlich, so die Expertin für Nahrungssicherheit weiter.
"Es ist wichtig zu betonen, dass die Getreidelagerbestände weltweit so niedrig sind wie nie zuvor, während der Zugang zu Düngemitteln stark eingeschränkt ist", erklärte sie. "Und die Dürre in den Weizenanbaugebieten der Welt ist so extrem wie seit über 20 Jahren nicht mehr." Ähnliche Bedenken hinsichtlich der Lagerbestände würden demnach auch für Mais und andere Getreidesorten gelten.
"Wir haben derzeit nur noch Vorräte für zehn Wochen des weltweiten Verbrauchs auf Lager. Die Bedingungen sind heute schlechter als in den Jahren 2007 und 2008", sagte Menker. Die Weizenvorräte würden nach Schätzungen offizieller Regierungsstellen aus aller Welt lediglich noch etwa 33 Prozent des weltweiten Jahresverbrauchs abdecken, warnte die Expertin für Ernährungssicherheit. Allerdings fügte sie hinzu, dass die von Gro Intelligence erstellten Modelle zeigten, dass die Zahl eher sogar bei 20 Prozent liegen könne. Dies sei ein Niveau, das zuletzt 2008 erreicht wurde, so Menker abschließend.
Auch Weltbankpräsident David Malpass warnte bereits Ende April gegenüber dem britischen Sender BBC vor einer sich anbahnenden "menschlichen Katastrophe" aufgrund der infolge des Krieges gestörten Getreideproduktion. Bereits jetzt litten rund 800 Millionen Menschen Hunger, mahnte zudem der Vizepolitikchef der Welthungerhilfe, Rafaël Schneider, in der Neuen Osnabrücker Zeitung. Die Organisation sagte indes voraus, dass sich die jetzt schon bedrohliche Lage in naher Zukunft "drastisch" verschlimmern werde.
Mehr zum Thema - Experten: Globale Getreideschlacht droht