Eine Analyse von Maxim Chwatkow
Am 2. April erklärte Litauen als erstes EU-Land den vollständigen Verzicht auf russisches Gas. Die Ankündigung erfolgte inmitten des anhaltenden Sonderoperation Moskaus in der Ukraine und nachdem der Kreml ein neues Zahlungsverfahren für Länder angekündigt hatte, die als "unfreundlich" deklariert worden waren.
Nach den neuen Regeln müssen Gas-Importeure aus der EU ein Rubelkonto bei der Gazprombank eröffnen und dort ihre Zahlungen leisten. Moskau erklärt, die Maßnahme sei notwendig, weil man aufgrund der Sanktionen Euro und Dollar nicht mehr vertrauen könne.
Gleichzeitig gibt es in der Europäischen Union keine einheitliche Position in der Frage, ob es realistisch ist, ein vollständiges Embargo gegen russische Gasimporte zu verhängen, bei dem alle Länder der Union mitmachen würden. Polen behauptet, es sei bereit, Litauens Weg zu folgen. Polens Regierungsvertreter für strategische Energie- und Infrastrukturfragen Peter Naimsky kündigte bereits an, dass Warschau nach 2022 kein Gas mehr aus Russland beziehen wird.
Die Binnenstaaten Slowakei und Tschechien sind allerdings nicht bereit, solche drastischen Maßnahmen zu ergreifen. Der Vorsitzende des slowakischen Wirtschaftsministeriums Richard Sulík sagte, sein Land könne nicht auf russische Gaslieferungen verzichten, daher müsse man Moskaus Bedingung für die Zahlung von Gaslieferungen in Rubel respektieren. Er wies darauf hin, dass die Slowakei etwa 85 Prozent des von Land benötigten Gases von der Russischen Föderation beziehe, und selbst bei einer Diversifizierung der Gasversorgung würde es mehrere Jahre dauern, bis man den Bezug von russischem Gas vollständig einstellen könne.
"Wir können Gaslieferungen nicht einstellen", sagte der slowakische Minister unverblümt. Prag räumte ebenfalls ein, dass die Gasreserven des Landes maximal 34 Tage ausreichen würden.
Frankreich und Deutschland positionierten sich irgendwo dazwischen. Das Bundesfinanzministerium der BRD versicherte, dass ein Plan ausgearbeitet werde, um eine mögliche Beendigung der russischen Gaslieferungen vorzubereiten. Aber Bundeskanzler Olaf Scholz gab das Offensichtliche zu und erklärte, dass Deutschland zwar seine Abhängigkeit von russischem Öl und russischer Kohle innerhalb eines Jahres "wahrscheinlich abstreifen" könne, aber dies jedoch nicht auf die Gasimporte zutreffe.
"Dies ist kein Spiel, sondern ein Szenario, das sehr ernst genommen werden muss, da es möglicherweise zu tiefen Spaltungen in Wirtschaft und Gesellschaft führen kann. Aus meiner Sicht war es richtig, den Prozess der Beendigung der Lieferbeziehungen nicht sofort einzuleiten", erläuterte der deutsche Vizekanzler Robert Habeck die Folgen für Deutschland.
RT befragte Experten, was eine plötzliche Beendigung der Gasbezüge aus Russland für die EU bedeuten könnte.
Die EU wird nicht frieren, solange es nicht kalt wird
Die EU bezieht insgesamt 400 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr. Etwa 40 bis 45 Prozent – oder 150 Milliarden Kubikmeter – werden aus Russland geliefert. Die Abhängigkeit kann hier als gegenseitig bezeichnet werden. Im Jahr 2021 exportierte Russland 200 Milliarden Kubikmeter Gas, davon gingen 75 Prozent in die EU.
Experten sind sich einig, dass die westeuropäischen Länder im Spätsommer oder Frühherbst mit sehr harten Konsequenzen rechnen müssten, wenn die Gasbezüge aus Russland jetzt unmittelbar eingestellt würden. Derzeit, Anfang April, neigt sich die Heizsaison dem Ende zu, und der aktuelle Bedarf kann durch bereits vorhandene Vorräte gedeckt werden. Marcel Salichow, Wirtschaftsdirektor am Institut für Energie und Finanzen der Hochschule für Wirtschaft in Moskau, sagte RT, dass der Gasverbrauch je nach Jahreszeit Schwankungen unterliege.
"Während der Heizperiode, im Herbst und Winter, steigt der Gasverbrauch überall in Russland und der EU stark an. Aber derzeit sinkt die Nachfrage nach Gas. Und wenn wir uns hypothetisch vorstellen, dass die Gaslieferungen sofort eingestellt werden, könnte die EU durch die eigene Produktion und den Import von verflüssigtem Erdgas (LNG) bis zum Ende des Sommers oder Frühherbst überleben. Das Problem ist jedoch, dass in dieser Zeit kein Gas in die Speicher gepumpt wird und sich die Frage stellt, was zu Beginn der nächsten Heizperiode zu tun ist. Obwohl die EU noch etwas Zeit haben wird, intensiv nach Alternativen zu suchen", sagte er. Laut Salichow ist es nach dem derzeitigen energiepolitischem System unmöglich, dass alle EU-Länder im kommenden Winter ohne russisches Gas heizen können.
Einzelne Länder wie Polen können es sich jedoch leisten, auf russisches Gas zu verzichten. Im Jahr 2022 wird die Gaspipeline Baltic Pipe aus Norwegen in Betrieb genommen und kann theoretisch die gleichen zehn Milliarden Kubikmeter Gas liefern, die derzeit aus Russland geliefert werden. Obwohl Norwegen die Pipeline wahrscheinlich nicht zu 100 Prozent füllen kann, könnte Polen das Defizit durch den Kauf von LNG auf dem Weltmarkt überbrücken, da es bereits über ein Terminal zur Aufnahme von LNG in Swinemünde verfügt.
Kalter Horror
Igor Juschkow, ein führender Experte des Nationalen Fonds für Energiesicherheit, sagte in einem Kommentar gegenüber RT, dass, wenn die EU kein russisches Gas mehr bezieht, "es zweifellos zu einer globalen Energiekrise kommen wird". Er beschrieb eines der ungünstigsten Szenarien, bei dem Russland seine Produktion drosseln wird.
"Was würde passieren, wenn Russland kein Gas über die bestehenden Pipelines nach Europa liefert und gleichzeitig die Produktion um die selbe Menge drosselt? Schließlich kann man dieses Gas nirgendwohin sonst umleiten. Es ist unmöglich bestehende Gasleitungen umzuleiten. Wenn sich diese gigantische Menge einfach vom Markt verabschiedete, würde das noch vorhandene Gas noch knapper und noch teurer. Sollte sich ein Großverbraucher wie Polen weigern, russisches Gas abzunehmen, würde sich in diesem Zusammenhang die damit einhergehende Reduzierung der Produktion um zehn Mrd. Kubikmeter pro Jahr, die wir üblicherweise geliefert hätten, ohnehin auf auf den Spotmärkten auswirken. Und man stelle sich vor, die ganzen 150 Milliarden Kubikmeter würden auf einen Schlag vom Markt verschwinden. Das wäre eine globale Krise", sagte er.
Wenn russisches Gas weitgehend aufgegeben wird, könnte die EU Probleme mit der Energieversorgung haben, da sie laut Juschkow einfach keinen Strom mehr produzieren kann. Die Situation könnte sich zunehmend verschlechtern, wenn Russland als Reaktion auf das Gasembargo den Export von Kohle in die Länder der EU einstellt, die 70 Prozent ihrer Versorgung mit Kohle ausmachen. In diesem Fall müsste der Energiesektor laut Juschkow "ad hoc" verwaltet werden.
"Auf dem Spotmarkt – einem Markt mit kurzfristigen Verträgen, auf dem Vermögenswerte gehandelt und sofort zu tatsächlichen aktuellen Preisen geliefert werden – könnte der Handel komplett zusammenbrechen. Der Handel mit Treibhausgaszertifikaten würde für lange, lange Zeit ausgesetzt und irgendwann in Vergessenheit geraten. Alle möglichen Kapazitäten im Bereich der Kernkraft, zum Beispiel die der deutschen Kernkraftwerke, müssten erneut hochgefahren werden. Strom würde nur noch stundenweise geliefert. Es wäre äußerst schwierig, sich auf die nächste Heizsaison vorzubereiten. Es müsste beim Gas gespart und der Betrieb von Klimaanlagen verboten werden. Wohnungen könnten nicht auf 22 Grad Celsius beheizt werden, sondern lediglich auf zehn bis 15 Grad Celsius. Es würde sich die Schwierigkeit auftun, müssten zumindest die Bevölkerung und öffentliche Einrichtungen wie Schulen, Kindergärten und Spitäler mit Wärme zu versorgen", beschreibt Juschkow die möglicherweise entstehende Situation.
"Trotzdem würde all dies nicht ausreichen, um die von Russland gelieferten Energiemengen zu ersetzen. Vor allem, wenn Russland keine Kohle mehr liefert. Es gibt kein überschüssiges Gas auf dem Weltmarkt, also gibt es nichts, womit man die Versorgung ersetzen könnte. In der Nordsee zum Beispiel geht die Produktion zurück, weil die Vorkommen erschöpft sind und seit Jahren dort nichts mehr investiert wird. Daher ist die Situation für die Europäer sehr schwierig", ergänzte Juschkow.
Tatsächlich gab Norwegens größter Gasproduzent Equinox im Februar 2022 bekannt, dass er nicht in der Lage sein werde, zusätzliche Kraftstofflieferungen an die EU zu leisten, sollten die Importe aus Russland eingestellt werden. In der Industrie würde Energie physisch knapp werden, und die produzierten Waren würden "sehr, sehr teuer" werden und wäre im Vergleich zu asiatischen und amerikanischen Mitbewerbern nicht mehr wettbewerbsfähig.
Alternativen für Europa
Trotz der Tatsache, dass die EU versucht, den Verzicht auf russisches Gas zu beschleunigen, sind sich Experten einig, dass diese Pläne für die nahe Zukunft unrealistisch sind.
"Die EU hat nun einen Plan zur Reduzierung der Abhängigkeit von russischem Gas, der vorsieht, den Einkauf von russischem Gas im Jahr 2022 um zwei Drittel zu reduzieren. Das ist meiner Meinung nach unrealistisch. Während es durchaus möglich ist, die Importe aus Russland in diesem Jahr um 20 Prozent zu reduzieren, gibt es einfach keine Möglichkeiten, diese zu ersetzen. Daher werden Maßnahmen sowohl von der Nachfrageseite als auch die Auferlegung verschiedener Grenzwerte als auch von der Angebotsseite vorgeschlagen, darunter die Erzeugung von mehr Strom aus Kohle, der Verzicht auf Pläne zur Stilllegung von Kernkraftwerken und der Import von zusätzlichem Gas, hauptsächlich aus den USA und Katar", bemerkte Salichow.
Suren Kazaryan, ein leitender Berater des Beratungsunternehmens Big4, stimmt dem zu. In einem Kommentar für RT erklärte er, dass die EU, sollte sie sich weigern, russisches Gas zu kaufen, unweigerlich in hohem Maße von US-LNG und ihren strategischen Energiereserven abhängig sein wird.
"Dadurch ersetzt die EU einfach eine billige angrenzende Pipeline durch teure Tanker vom anderen Ende der Welt."
Für europäische Industrien, die Gas als Hauptrohstoff verwenden, gebe es derzeit einfach keine Alternative zu Gas, sagte er.
"Produktionsketten umzustellen und mit LNG alles auf eine Schiene zu bringen, ist keine Frage von ein oder zwei Jahren. Neue Anlagen, Lagerkapazitäten und Produktionsabläufe werden notwendig, die allesamt kolossal schwierig und ressourcenintensiv sind."
Kazaryan sieht zwei Möglichkeiten, wie sich die Ereignisse in den nächsten fünf Jahren im Falle eines vollständigen EU-Embargos auf Erdgas aus Russland entwickeln könnten – neutral, "mit optimistisch-utopischen Untertönen", und pessimistisch.
Im ersten Szenario wird die EU den Übergang zu grünen Energiequellen beschleunigen und beginnen, alle Mittel in diese Richtung zu lenken, um den Erdgasverbrauch der Bevölkerung und verschiedener öffentlicher Einrichtungen bis Ende 2022 teilweise zu reduzieren.
"Dies wird es ermöglichen, die Verluste durch das Embargo abzumildern und einen starken Impuls für die Beschleunigung der Entwicklung grüner Energie zu geben. Dies kann potenziell zu einem Zufluss von Kapital und Investitionen führen und einen neuen Trend setzen, der es Europa ermöglicht, auch im 21. Jahrhundert ein bedeutender Akteur in der politischen Arena zu bleiben, die bereits im Vorfeld als 'asiatisch' bezeichnet wurde", beschreibt Kazaryan das Best-Case-Szenario für die EU.
Es gibt in diesem Szenario allerdings viele "Aber", darunter die schwerfälligen bürokratischen Entscheidungsprozesse der EU, die oben erwähnten Meinungsverschiedenheiten zwischen den Mitgliedsstaaten aufgrund ihrer unterschiedlichen Beziehungen zu Russland und der Abhängigkeit von seinem Gas, die Schwierigkeit, vorab genehmigte EU-Haushalte zu revidieren. "Grüne Energie ist gut, aber wir sollten nicht vergessen, dass es mit der heutigen Technologie nicht möglich ist, die benötigte Energiemenge zu erzeugen", so Kazaryan.
Das pessimistische Szenario sieht eine radikale und grundlegende Transformation der EU vor, bei der stark steigende Arbeitslosenquoten aufgrund von Industrieschließungen sowie Energie-, Nahrungsmittel- und politischen Krisen nicht ausgeschlossen werden können.
"Und natürlich eine Vervielfachung der Energiekosten aufgrund der hohen Kosten für LNG und einer unzureichenden Versorgung. Darüber hinaus gibt es in Mittel- und Osteuropa nicht genügend Kapazitäten und Terminals für die Entgegennahme und Lagerung von LNG. Es gibt eine relativ großen Kapazität in Litauen, in Klaipėda, aber die wird nicht für alle baltischen Länder ausreichend sein", gibt Kazaryan zu bedenken.
Während das litauische Energieministerium berichtete, dass sich das Land durch das 2014 in Betrieb genommene LNG-Terminal in Klaipėda vollständig selbst versorgen kann, warnte Premierministerin Ingrida Šimonytė, dass das Terminal nicht ausreichen wird, um alle baltischen Länder mit Gas zu versorgen. Und trotz einer langfristigen Vereinbarung mit Katar über eine Energiekooperation vom März 2022, in der die Lieferung von LNG vorgesehen ist, steht Deutschland vor einem ähnlichen Problem.
"Dies ist definitiv keine Geschichte für das kommende Jahr, da es in Deutschland keine Terminals gibt, die LNG-Gas aus Katar entgegennehmen könnten. Darüber hinaus kann Katar nur etwa 15 Milliarden Kubikmeter liefern, während sich die Lieferungen aus Russland auf etwa 60 Milliarden Kubikmeter belaufen", so Kazaryan.
Zwei Probleme für Russland
Ein Embargo russischen Gases träfe unweigerlich die Importwirtschaft. Das Hauptproblem besteht darin, dass Russland nicht über eine ausreichend entwickelte Infrastruktur verfügt, um die Verluste auszugleichen, indem es sein Angebot auf andere Märkte umleitet. Salichow ist der Meinung, dass es für Russland schwieriger sein wird, mit dieser Situation umzugehen, als die Ablehnung seines Öls.
"Die EU ist sehr abhängig von russischem Gas, aber das bedeutet auch, dass Russland sehr abhängig vom europäischen Markt ist. Aus heutiger Sicht gibt es nur sehr wenige Alternativen, einfach weil unser gesamtes System von Gaspipelines auf Europa ausgerichtet ist und es unmöglich sein wird, die Ströme innerhalb des derzeitigen Gastransportsystems auf andere bedeutende Märkte umzulenken. Es gibt die Türkei, aber sie verbraucht bereits viel russisches Gas und wird nicht unbedingt bereit sein, seine Einkäufe stark zu erhöhen."
"Die asiatischen Länder mögen bereit sein, mehr zu kaufen, aber die Frage ist, wie sollen sie es beziehen? Die einzige Gaspipeline in den Osten ist die 'Power of Siberia' nach China, die physisch nicht an ein einheitliches Gasversorgungssystem angeschlossen ist, sodass es unmöglich ist, das in Jamal produzierte Gas über das bestehende System der Gaspipelines nach China zu transportieren. Das bedeutet, dass wir schnell mit China über eine 'Power of Siberia-2' verhandeln müssen. Das Konzept dafür existiert zwar bereits, aber es befindet sich noch in der Entwurfsphase, und es wurden keine konkreten Vereinbarungen getroffen", gibt Kazaryan zu bedenken.
Während Kazaryan feststellt, dass Chinas Appetit auf Energie wächst, seit es die Kohle aufgrund von Umweltproblemen aufgab, und die Nachfrage aus Indien jährlich steigt, stimmt er hingegen zu, dass es derzeit technisch schwierig ist, die Lieferungen an diese Länder zu erhöhen. "Es ist möglich, zusätzliche Pipelines zu bauen, aber nur mit Chinas Hilfe. Aber dann wird China in den Markt eintreten, Geld in die Auftragnehmer von Gazprom stecken und anfangen, Bauprojekte selbst zu realisieren."
Ähnliche Probleme zeigen sich bei LNG-Terminals. Derzeit gibt es davon in Russland nur zwei große Anlagen – auf der Halbinsel Jamal, wo Nowatek eine Mehrheitsbeteiligung hält, und auf den Sachalin-Inseln, wo Gazprom eine Mehrheitsbeteiligung hält. Laut Salichow sind diese bereits voll ausgelastet, und es ist unmöglich, die Exporte aus diesen Anlagen zu steigern.
Beide Anlagen wurden mit ausländischen Technologien gebaut, die Russland offenbar nicht mehr zur Verfügung stehen werden. Beispielsweise stellte die Linde AG, ein deutsches Unternehmen, die Arbeit an neuen Projekten in Russland ein und beabsichtigt, die gegen Moskau verhängten EU-Sanktionen einzuhalten. Juschkow räumt ein, dass Russland weder über die Technologie noch über die Ausrüstung verfügt, um LNG-Anlagen mit hoher Kapazität zu bauen.
"Shell hat auf Sachalin gebaut, und das Jamal-LNG-Terminal wurde auf Basis von US-Technologie gebaut. Die neue Arctic-LNG-2-Anlage wird auf Basis deutscher Linde-Technologie gebaut. Unsere Hauptaufgabe besteht darin, diese Technologie schnell selber zu entwickeln. Wir können immer noch LNG-Anlagen mittlerer Kapazität, also mit Kapazitäten von bis zu eine Million Tonnen pro Jahr bauen, wenn auch mit Schwierigkeiten. Ab dann ist es einfach, LNG-Anlagen mittlerer Kapazität so zu skalieren, dass größere Mengen bewältigt werden können. Dann werden wir weiterhin LNG aus diesen Anlagen exportieren, um Flexibilität bei der Wahl der Absatzmärkte zu haben", skizziert Juschkow mögliche Chancen.
Aber in jedem dieser Szenarien wird Russland unweigerlich greifbare materielle Verluste erleiden, da die Neuausrichtung der Energieströme einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Salichow merkt an, dass selbst, wenn der Bau der "Power of Siberia-2" heute begonnen würde, es etwa fünf Jahre dauern werde, bis sie fertig ist. "Auch der Bau von LNG-Anlagen dauert etwa fünf Jahre. Ja, der Gaspreis wird steigen, aber wenn man nicht exportieren kann, welchen Unterschied macht es?", so die Schlussfolgerung Salichows.
"Wir werden Geld verlieren, und die EU wird Strom und Heizung verlieren. Das ist vielleicht nicht gleichzusetzen, aber wir müssen zugeben, dass Gas dem russischen Staat derzeit viel Geld einbringt. Gazprom hat allein im vergangenen Januar Gas im Wert von 9,5 Milliarden US-Dollar verkauft", sagte Juschkow.
Übersetzt aus dem Englischen.
Maxim Chwatkow ist ein russischen Journalist, der sich mit Themen der internationale Sicherheit, der China-Politik und der Kräfte der internationalen Soft-Power befasst.
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