Ein Kommentar von Nebojša Malić
Angeblich unabhängig berichtend, folgten westliche Medien den gleichen Narrativen mit oft derselben Wortwahl, was auf eine konzertierte Anstrengung hindeutet, um die Asow-Einheiten als heldenhafte Verteidiger der Ukraine gegen die angeblich "echten" Faschisten – die Russen – darzustellen.
Die jüngste Welle der Heroisierung von Asow begann irgendwann vor der russischen Militäroperation – berüchtigt wurde das viel publizierte Bild einer AK-47-schwingenden ukrainischen Oma, die an einer Übung teilnahm, um Eindringlinge in Stellungen des Regiments abzuwehren. In den vergangenen Märzwochen kamen diese Groschenromane jedoch aus einer kompakten Gruppe herausgeschossen, wie die Patronen aus einer Kalaschnikow.
Das erste in der Garbe war ein zehnminütiges Video des britischen Staatssenders BBC vom 27. März, in dem die Moderatorin Ros Atkins versuchte, russische "Lügen" über Nazis in der Ukraine zu entlarven. Wie kann die Ukraine von Nazis "als Geisel gehalten" werden, wenn ihr Präsident, Wladimir Selenskij, Jude ist, argumentierte Atkins. Zudem verwies sie auf die 73 Prozent der Wählerstimmen, die dieser bei den letzten Wahlen erhalten hatte, und erklärte triumphierend:
"Keine rechtsextremen Gruppen haben irgendwelche formelle politische Macht in der Ukraine."
Man beachte das Wort "formell" – es übernimmt hier die ganze Deutungshoheit.
Atkins’ Beitrag gab die Tonlage für die darauffolgenden Berichte zu Asow vor. Zwei Tage später, am 29. März, brachte die Financial Times (FT) einen Artikel, in dem das Asow-Bataillon als "Schlüsselfaktor für die landesweiten Widerstandsbemühungen" beschrieben wurde. Während die FT anerkannte, dass Asow 2014 "von Freiwilligen mit nationalistischen und oft rechtsextremen politischen Neigungen" gegründet wurde, schüttelte sie gleichzeitig deren Nazi-Verbindungen ab.
So werden die von der Einheit verwendeten Nazi-Symbole als "von einigen Mitgliedern des Bataillons als heidnische Symbole beansprucht" beschrieben. Dies wird zwar für bare Münze so an die Leser verkauft, ist aber buchstäblich falsch. Die "Schwarze Sonne" (auch als Sonnenrad bekannt) geht auf ein Mosaik zurück, das in den 1930er Jahren von SS-Chef Heinrich Himmler in Auftrag gegeben wurde. Während die überlagerte Wolfsangel-Rune – eine historische deutsche und nicht ukrainische Heraldik – von mehreren Wehrmachts- und SS-Regimentern, sowie von niederländischen Nazis während des Zweiten Weltkriegs verwendet wurde. Noch wichtiger ist, dass die Symbole selbst vom Gründer von Asow, Andrei Bilezky – einem berüchtigten ukrainischen weißen Rassisten – ausgewählt wurden, wie er selbst 2014 in einem Interview einräumte.
Die Autoren von FT bringen tatsächlich ein Zitat von Bilezky, dessen schmutzige Vergangenheit jedoch unerwähnt bleibt. Aber das Schlüsselzitat stammt von einem gewissen Anton Schechozow. Dieser behauptet, dass "Asow sich entpolitisiert" habe und dessen Verbundenheit mit der rechtsextremen Bewegung heute "ziemlich irrelevant" sei. Der Leser soll sich einfach auf das Wort eines professionellen ukrainischen "Experten für Russlands Verbindungen zur extremen Rechten Europas" verlassen. Denn, wie die Kämpfer von Asow selbst sagen: Die Russen sind die wahren Nazis! Das Sahnehäubchen auf dem Kuchen ist die Bitte eines Asow-Kämpfers – lediglich als Kalyna identifiziert – "die Begriffe Patriotismus und Nazismus nicht zu verwechseln."
Unterdessen beschreibt die FT Stepan Bandera – den berüchtigten ukrainischen Nationalisten, der versuchte, mit den Nazis zusammenzuarbeiten und den Massenmord an Polen und Russen zu verantworten hat – als "einen nationalistischen Führer, der sich sowohl den nationalsozialistischen als auch den sowjetischen Bemühungen widersetzte, die Unabhängigkeit der Ukraine zu verhindern."
Am selben Tag, dem 29. März, veröffentlichte CNN seine eigene Version der Geschichte. Selenskij sei Jude. Und Asow habe zwar einen "Neonazi-Hintergrund, der durch seine Integration in das ukrainische Militär nicht vollständig ausgelöscht wurde". Es sei aber "eine effiziente Kampftruppe". Der politische Flügel von Asow – diesmal unter Berufung auf einen deutschen Politikwissenschaftler – gewann 2019 nur 2,15 % der Wählerstimmen.
Auch CNN erwähnte Bilezky und schrieb, er habe angeblich davon gesprochen, "die weißen Rassen der Welt in einen letzten Kreuzzug führen" zu wollen – den Teil, in dem er noch ergänzte "gegen die von Semiten geführten Untermenschen", ließ man weg. Anschließend wird Asow zitiert, und die Kampftruppe leugnet, dass Bilezky das jemals gesagt habe. Und außerdem hätten sie "nichts mit seinen politischen Aktivitäten und der Partei des Nationalkorps zu tun" – obwohl CNN selbst ebendiese Partei als "politischen Flügel" von Asow bezeichnet.
CNN hat auch ein Zitat von Arsen Awakow – Innenminister in der Post-Maidan-Regierung – aus dem Jahr 2019 ausgegraben, in dem dieser behauptet, dass Vorwürfe der Nazi-Verbindungen "ein bewusster Versuch sind, Asow und das ukrainische Militär zu diskreditieren." Dies ist derselbe Awakow, der seitens des Oberrabbiners der Ukraine, Yaakov Bleich, im November 2014 kritisierte wurde. Dieser warf ihm damals vor, weiterhin Menschen mit fragwürdigem Ruf und Ideologien, die mit Faschismus und Rechtsextremismus behaftet sind, in Ämter zu berufen.
Zu guter Letzt kam am 30. März noch die Times of London (ToL) um die Ecke. Deren Geschichte beginnt mit der emotionalen Beschreibung der Beerdigung eines Soldaten von Asow, der bei den Kämpfen außerhalb von Kiew getötet wurde. Auch ToL beschreiben die Nazi-Ikonographie als möglicherweise ursprünglich "im heidnischen Glauben“ der Ukraine verwurzelt. Obwohl die Zeitung zugeben musste, dass das Markenzeichen von Asow, die Wolfsangel, auch von Nazi-Deutschland verwendet wurde.
"Wir sind Patrioten, aber wir sind keine Nazis", ist ein Zitat, das einem Offizier von Asow, Jewgeni Wradnik, zugeschrieben wird. Die Times verwendet das Zitat im Titel der Geschichte, und gegen Ende zitiert die Zeitung einen Kommandanten von Asow in Mariupol, der die Russen beschuldigt, "die wahren Nazis des 21. Jahrhunderts" zu sein. Die Mitglieder von Asow scheinen sehr gut darin zu sein, sich an die Linie des Narrativs zu halten, kennen ihr Publikum und wissen, welche Knöpfe zu drücken sind. Zum Beispiel erwähnt der Artikel der ToL wiederholt das Lob der Asow-Kämpfer für die britischen NLAW-Panzerabwehrraketen.
Man vergleiche dies mit der Berichterstattung, die Asow im Westen vor 2022 erhielt. Am Januar 2021 nannte das Time Magazine sie eine Miliz, die "weiße Rassisten aus der ganzen Welt ausgebildet und inspiriert" habe.
"Asow ist viel mehr als eine Miliz. Sie hat einen politischen Flügel, betreibt zwei Verlage und Sommercamps für Kinder und ist eine als nationale Miliz bekannte Bürgerwehr, die zusammen mit der Polizei auf den Straßen ukrainischer Städte patrouillieren", heißt es in dem Artikel des Time Magazine. Und darin wird festgestellt, dass "sie auch einen militärischen Flügel mit mindestens zwei Ausbildungsbasen und einem riesigen Waffenarsenal an Drohnen und gepanzerte Fahrzeugen bis hin zu Artilleriegeschützen hat."
Der Artikel paraphrasiert auch die Worte der "Leiterin der internationalen Öffentlichkeitsarbeit" von Asow, Olena Semenjaka. Diese hatte dem Time Magazine während einer Tour durch das Haus der Kosaken im Jahr 2019 gesagt, dass die Mission der Gruppierung darin bestehe, "eine Koalition rechtsextremer Gruppen in der gesamten westlichen Welt zu bilden, mit dem ultimativen Ziel, die Macht in ganz Europa zu übernehmen."
Vor den Ereignissen von 2014 leitete Bilezky eine Neonazi-Terroristengruppe namens "Patrioten der Ukraine", deren "Manifest sein Narrativ direkt aus der Nazi-Ideologie zu beziehen schien", schreibt das Time Magazine. In einem Interview nach dem Putsch sagte Bilezky dem Magazin, er habe die Insignien von Asow ausgewählt. Keine Erwähnung von "heidnischen Symbolen" – nur ein Hinweis darauf, dass die Schwarze Sonne und Wolfsangel im Zweiten Weltkrieg "von Nazi-Deutschland verwendet" wurden.
Sogar Bellingcat, dieses "Open-Source-Geheimdienstkollektiv", das anscheinend als verlängerter Arm für die britische Geheimdienstagenda dient, hat die Alarmglocken in Zusammenhang mit Asow läuten lassen. Im Oktober 2019 beklagte sich das Recherchenetzwerk darüber, dass die Militanten Präsident Selenskij dazu gebracht hätten, sich nicht militärisch aus dem Donbass zurückzuziehen, wie es die Minsker Vereinbarungen eigentlich vorgesehen hatten.
Obwohl die "rechtsextremen Gruppen, eine vernachlässigbare Unterstützung in der Bevölkerung und praktisch nicht vorhandene Wahlmacht" haben – man erinnere sich an Atkins’ Narrativ weiter oben – "haben sie weiterhin Erfolg damit, sich in der ukrainischen Politik und Gesellschaft zu etablieren", schrieb Bellingcat damals.
Dies ist nicht das erste Mal, dass Konzern- und Staatsmedien im Westen eine Gruppe schönschreiben, die sie selbst bis vor kurzem – und zu Recht – als extremistisch bezeichnet hatten. Beispielsweise versuchte das öffentlich-rechtliche US-Fernsehen erst vergangenen Jahr, einen Al-Qaida-Ableger in Syrien – die Al-Nusra-Front, die später in Hayat Tahrir al-Sham umbenannt wurde – als "moderate Rebellen" zu beschönigen.
Sicher, Politik und Krieg sorgen oft für seltsame Bettgenossen. Aber wenn die Bettgenossen offene Bewunderer von Adolf Hitler und Stepan Bandera sind, ist es vielleicht an der Zeit, sich an den Comedy-Sketch der BBC von 2012 zu erinnern, in dem ein SS-Offizier fragt: "Sind wir vielleicht die Bösen?"
Nebojša Malić ist ein serbisch-amerikanischer Journalist, Blogger und Übersetzer, der von 2000 bis 2015 eine regelmäßige Kolumne für Antiwar.com schrieb und heute Senior Autor bei RT ist. Man kann ihm auf Telegram @TheNebulator und auf Twitter @NebojsaMalic folgen.
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