Die 30 NATO-Staaten wollen trotz eindringlicher Appelle des ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij keine Panzer oder Flugzeuge für den Kampf gegen die russische Armee liefern. Der französische Präsident Emmanuel Macron hatte am Donnerstag nach einem Sondergipfel des transatlantischen Militärbündnisses zum Ukraine-Krieg in Brüssel gesagt:
"Es gibt eine Grenze, die darin besteht, nicht Kriegspartei zu werden."
Diese Grenze werde von allen Alliierten geteilt und deswegen liefere bislang niemand Panzer oder Flugzeuge, so Macron weiter. Boden-Luft-Raketen und Panzerabwehrwaffen werde man hingegen auch weiterhin zur Verfügung stellen.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) machte der Ukraine ebenfalls keine Hoffnungen auf die Lieferung schwerer Waffen. Er erklärte bei einer Pressekonferenz lediglich, dass jeden Tag neu geprüft werde, welche Entscheidungen man diesbezüglich treffen wolle.
Selenskij hatte den NATO-Sondergipfel zuvor für einen verzweifelten Ruf nach Panzern und Flugzeugen genutzt. Der ukrainische Staatschef war bei der Konferenz per Video zugeschaltet. In Richtung des US-Präsidenten Joe Biden, der für den Gipfel nach Europa angereist war, und an die anderen Staats- und Regierungschefs appellierte er:
"Sie haben mehr als 20.000 Panzer. Die Ukraine hat um ein Prozent gebeten."
Er forderte zudem ein Prozent aller Kampfflugzeuge der 30 NATO-Staaten. Sein Land würde für die Panzer und Jets auch bezahlen – doch es gebe keine Antwort auf die Anfrage, beklagte Selenskij. Der 44-Jährige betonte:
"Das Schlimmste während des Krieges ist, keine klaren Antworten auf die Bitten um Hilfe zu bekommen."
Und Selenskij fuhr fort: "Die Ukraine wollte diesen Krieg nie. Und wir wollen nicht über Jahre kämpfen. Wir wollen einfach nur unsere Menschen retten. Wir wollen überleben."
Offene Unterstützung für seine weitreichenden Forderungen gab es allerdings nur vonseiten der östlichen Alliierten. "Diejenigen Staaten, die Panzer und Flugzeuge haben, können auch Panzer und Flugzeuge abgeben", sagte etwa Estlands Ministerpräsidentin Kaja Kallas am Rande des Gipfels gegenüber der Nachrichtenagentur dpa.
"Wenn Länder mit 80 Millionen Einwohnern kleinere Mengen geben als wir mit 1,3 Millionen, dann können die großen Länder mehr tun, um der Ukraine zu helfen."
Bereits am Rande des Treffens in Brüssel hatte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg deutlich gemacht, dass die Allianz trotz ihrer militärischen Überlegenheit ein militärisches Eingreifen in den Ukraine-Krieg weiterhin ausschließe. "Das tun wir, weil wir die Verantwortung dafür tragen, dass dieser Konflikt nicht über die Ukraine hinaus eskaliert", erklärte er. Denn dies würde "noch mehr Leid, noch mehr Tote, noch mehr Zerstörung verursachen."
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(dpa/rt)