von Seyed Alireza Mousavi
Vor dem Hintergrund der Verhandlungen über eine Wiederbelebung des internationalen Atomabkommens mit Iran kamen am Dienstag Israels Premier Naftali Bennett, Ägyptens Präsident Al-Fattah al-Sisi und der De-facto-Herrscher der VAE, Mohammed bin Zayed in Scharm el Scheich zusammen.
Die Einigung über die Wiederherstellung des Atomabkommens von 2015 steht kurz vor dem Abschluss, nachdem die USA ihre Bereitschaft signalisiert haben, die Iranische Revolutionsgarde von der sogenannten schwarzen Liste zu streichen. Israel und die VAE sind sich indes einig, dass die Iranische Revolutionsgarde (IRGC) nicht von dieser US-Liste der ausländischen Terrororganisation entfernt werden dürfe. Entsprechend hatten der israelische Premierminister Naftali Bennett und Außenminister Yair Lapid letzte Woche eine gemeinsame Erklärung abgegeben, in der sie die Biden-Regierung aufforderten, die IRCG nicht von der schwarzen Liste zu streichen.
Das Dreiertreffen deutet eine neue Machtverschiebung im Nahen Osten an. Denn aufgrund der Engpässe in der Ölversorgung im Zuge des Ukraine-Krieges kooperieren die USA mit den Iranern plötzlich weitaus konstruktiver als sonst, zum Zwecke der Wiederbelebung des Atomdeals von 2015. Der Westen hat angesichts des Ukraine-Krieges von den arabischen OPEC-Ländern gefordert, ihre Produktion zu erhöhen. Bislang sind die Emirate und Saudi-Arabien der Bitte jedoch nicht nachgekommen. Auch der britische Premier Boris Johnson wollte kürzlich den saudischen Kronprinzen bin Salman dazu bringen, die Ölproduktion hochzufahren. Johnson beendete seine Reise nach Riad und Abu Dhabi aber mit leeren Händen.
Saudi-Arabien hatte zusammen mit der OPEC und anderen Öl produzierenden Ländern bereits ein Abkommen geschmiedet, wonach die Anhebung der Ölproduktion begrenzt bleiben soll. Die arabischen Staaten am Persischen Golf wollen sich an die Förderquoten der von der OPEC+ gelisteten Ölproduzenten halten. Diesem Kreis gehört auch Russland an.
Israel versucht indes beim Abbau der Spannungen zwischen den USA und den Golfstaaten zu helfen, die sich zuletzt durch die Ambivalenz der Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabiens gegenüber dem Ukraine-Krieg verschärft hatten. Die israelische Tageszeitung Haaretz berichtete, dass Bennett, ganz im Sinne Washingtons, neben Saudi-Arabien auch die VAE davon überzeugen wolle, ihre Erdölförderung hochzufahren, um die westliche Abhängigkeit von russischen Energiequellen zu lindern:
"Israel ist dafür, dass die beiden Nationen ihre Ölförderung erhöhen, obwohl dies noch nicht geschehen ist."
Saudi-Arabien und die VAE haben zurzeit jedoch andere Prioritäten, nämlich die Abwehr Irans in der Region. Mit einer möglichen Aufhebung der Sanktionen gegen Iran könnte Teheran seinen Einfluss im Nahen Osten drastisch ausbauen, während der Westen mit dem Ukraine-Krieg abgelenkt ist.
Der syrische Präsident Baschar al-Assad besuchte letzte Woche Abu Dhabi und traf sich mit führenden Politikern der Vereinigten Arabischen Emirate. Diese Zusammenkunft machte deutlich, wie sehr sich die Golfstaaten inzwischen vom Westen entfernt haben. Washington zeigte sich nach dem Besuch des syrischen Präsidenten in den VAE dann auch "zutiefst beunruhigt". Es war der erste Besuch Assads in einem arabischen Land, seit vor 11 Jahren die von außen aufgeputschte und mit brutaler Gewalt aufgeladenen Rebellion gegen die staatliche Existenz Syriens ausgebrochen war.
Auf der Tagesordnung des Treffens in Scharm el Scheich stand die wirtschaftliche Zusammenarbeit Israels mit den beiden arabischen Ländern. Ägypten muss vor allem im Zuge des Ukraine-Krieges neue Spannungen fürchten. Das Land gehört zu den Hauptabnehmern der mittlerweile eingebrochenen Weizenexporte aus Russland und der Ukraine. Daher waren in Ägypten die Preise für nicht subventioniertes Brot seit Kriegsbeginn um bis zu 50 Prozent gestiegen.
Der Zeitpunkt des Gipfeltreffens sollte insofern eine einheitliche Front gegen die Schritte des Westens zur Wiederbelebung des Atomabkommens mit Iran darstellen. Israel versucht einerseits Ägypten bei der Suche nach alternativen Weizenquellen zu unterstützen, und anderseits den Golfstaat VAE zu einer Erhöhung der Ölproduktion zu motivieren. All das mit der Hoffnung, dass die USA nicht allzu große "Zugeständnisse" an den Iran machen. Allerdings ist den Israelis auch bewusst, dass sie sich in der Region nicht mit Russland anlegen können. Denn schließlich ist Tel Aviv vom Wohlwollen Moskaus abhängig, insbesondere in den Konflikten mit Syrien und Iran.
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