von Isaak Funke
Chinesische Kommentatoren haben erklärt, dass Peking angesichts verschiedener Forderungen aus dem Westen, sich den antirussischen Sanktionen anzuschließen, standhaft bleiben wird. Die Wahrscheinlichkeit, dass China sich an Maßnahmen gegen Russland beteiligen oder die westlichen Sanktionen befolgen würde, sei gering.
Am Dienstag veröffentlichte die parteinahe chinesische Zeitung Global Times einen Leitartikel, in dem es heißt, die USA würden von China verlangen, bezüglich der Ukraine-Krise nach ihrer Pfeife zu tanzen. Washington hoffe, ein globales Netz zu spannen, um Russland zu erdrosseln. Die US-Regierung strebe danach, dass jedes Land Teil dieses Netzes wird, um die Entstehung von "Schlupflöchern" zu vermeiden. Dabei bediene sich Washington schmutziger Mittel, so die Zeitung, die auf die Verbreitung von "Desinformation" durch Washington verweist. Anonyme US-Beamte hatten vor einer angeblichen Anfrage Moskaus bei Peking mit der Bitte um Militärhilfe gewarnt, was jedoch prompt von beiden Ländern dementiert wurde.
Dabei seien es die USA selbst, die die Ukraine-Krise ausgelöst hätten, so die Global Times. Washington liege völlig falsch, wenn es glaube, die Beziehungen zwischen China und den USA von der Krise zwischen Russland und der Ukraine abhängig machen zu können.
China sei bereit zum Dialog über die Ukraine-Krise, aber nicht auf diese Art und Weise. Das Land mache sich ein Bild von der Ukraine-Krise in einem Geist der Unparteilichkeit und basiert auf Fakten. Peking spiele bei der Vermittlung von Friedensgesprächen eine konstruktive Rolle.
"China hat die internationale Gemeinschaft wiederholt dazu aufgerufen, die Friedensgespräche zwischen Russland und der Ukraine gemeinsam zu unterstützen, so schnell wie möglich substanzielle Ergebnisse zu erzielen und die Deeskalation der Situation zu fördern."
Peking werde von diesem "verantwortungsvollen Verhalten" nicht abrücken, trotz Drucks aus Washington.
"Was die Diplomatie betrifft, so scheinen die USA derzeit ziemlich inkonsequent zu sein. Der Hauptgrund ist die Kurzsichtigkeit Washingtons. Diese hat die USA in einen Sumpf geführt, wenn es um die Außenbeziehungen geht. Sie können die Probleme nur oberflächlich lösen und glauben arrogant, die Welt müsse ihnen zu Diensten sein. Infolgedessen scheitern sie immer wieder bei der Gestaltung der Beziehungen zu anderen Großmächten und hinterlassen ein Chaos in regionalen Fragen."
Chinas US-Botschafter Qin Gang bekräftigte am Dienstag in einem in US-Medien veröffentlichten Meinungsartikel diesen Standpunkt. Er schrieb:
"Drohungen gegen chinesische Einrichtungen und Unternehmen, wie sie von einigen US-Beamten geäußert wurden, sind inakzeptabel. Weder Krieg noch Sanktionen können den Frieden bringen. Mit Sanktionen gegen chinesische Unternehmen vorzugehen und gleichzeitig Chinas Unterstützung und Zusammenarbeit zu suchen, wird einfach nicht funktionieren."
Letzte Woche hatte der scheidende chinesische Ministerpräsident Li Keqiang auf eine Frage zum möglichen Einfluss der Ukraine-Krise auf den chinesischen Handel mit Europa und den USA erklärt, dass das Vorantreiben bilateraler Beziehungen seitens Pekings niemals gegen einen dritten Staat gerichtet sei. China werde weiterhin mit verschiedenen Seiten Beziehungen knüpfen auf der Basis des gegenseitigen Respekts und des Win-Win-Prinzips. Dadurch werde das Land zur globalen Stabilität beitragen.
Zudem hatte das chinesische Außenministerium gewarnt, Gegenmaßnahmen ergreifen zu wollen, sollten die USA Sanktionen gegen chinesische Unternehmen oder Einzelpersonen unter dem Vorwand der Ukraine-Krise ergreifen. Der Sprecher des chinesischen Außenministeriums Zhao Lijian erklärte:
"Die USA können im Zusammenhang mit ihren Beziehungen zu Russland keine sogenannten Sanktionen und weitreichende Rechtsprechung gegen chinesische Unternehmen oder Einzelpersonen verhängen. Die USA haben keinen Grund, Chinas legitime Rechte zu verletzen, andernfalls wird China gezwungen sein, mit einer starken und entschlossenen Antwort zu reagieren."
Schon seit vielen Jahren kritisiert Peking die einseitigen westlichen Sanktionen gegen verschiedene Staaten als völkerrechtswidrig und beteiligt sich an internationalen Initiativen gegen diese Sanktionen.
So erklärte der chinesische UN-Botschafter Zhang Jun am Montag, dass die ständige Verschärfung der Sanktionen bereits wichtige Bereiche wie Finanzen, Energie, Lebensmittel, Transport und Lieferketten beeinträchtigt hätten. Sie würden der fragilen Weltwirtschaft nur weiter schaden. Insbesondere Menschen in Entwicklungsländern würden unter dieser Situation leiden.
In einem anderen Meinungsbeitrag in der Zeitung Global Times wurde die westliche Kritik an Indiens "legitimen" Erdölhandel mit Russland verworfen. Es gehöre zu den legitimen Rechten der indischen Regierung, normale Handelsbeziehungen mit Russland oder mit anderen Staaten zu unterhalten. Der Autor Hui Qing schreibt:
"Einige in den USA und im Westen mögen die indische Regierung dafür kritisieren, dass sie sich nicht an die Fersen Washingtons geheftet hat, um russische Rohstoffe zu meiden, aber Indien hat allen Grund, seine eigene Wirtschaft zu schützen, die zunehmend von den in die Höhe geschossenen Ölpreisen auf dem Weltmarkt betroffen ist."
Hui verweist darauf, dass seit Ausbruch des Ukraine-Krieges eine Reihe von US-Vertreter Indien mit Sanktionen gedroht hatten, sollte es nicht den Bemühungen des Westens, Russland abzudrosseln, sich anschließen. Indien müsse aber auf seine eigene Wirtschaft achten.
"Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Verhängung einseitiger Sanktionen gegen Russland oder ein anderes Land die Probleme nicht lösen, sondern nur zu neuen Problemen führen wird, wie das chinesische Außenministerium betonte. Die Verhängung von Wirtschaftssanktionen wird zu einer Situation führen, in der mehrere Akteure verlieren, was den Prozess einer politischen Lösung zum frühestmöglichen Zeitpunkt stören wird."
Allerdings muss das Verhalten der chinesischen Regierung unterschieden werden vom Verhalten chinesischer Firmen. Während China auf der internationalen Bühne strikt gegen Sanktionen eintritt und sogar Gegensanktionen androht, sollten chinesische Firmen Ziel westlicher Sanktionen im Zuge des Ukraine-Konfliktes werden, gibt es verschiedene Berichte über chinesische Unternehmen, die ihre Aktivitäten in Russland nach Ausbruch des Krieges eingestellt oder zumindest eingeschränkt haben sollen.
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Peking hatte vor einiger Zeit ein Antisanktionsgesetz vorgesehen, dass Strafen für Unternehmen und Einzelpersonen vorsieht, die sich an unilaterale Sanktionen ausländischer Regierungen halten. Dieses Gesetz kam jedoch bisher nicht zum Einsatz. Westliche Unternehmer sorgen sich über die Möglichkeit, dass dieses Gesetz jetzt aktiviert werden könnte. Ein westlicher Geschäftsmann erklärte gegenüber der US-Zeitung Wall Street Journal:
"Wir warten nur auf den Moment, in dem ein ausländisches Unternehmen in den Strudel der Sanktionen gerät und entweder gegen chinesisches oder amerikanisches Recht verstoßen muss."
Somit erscheinen die westlichen Sanktionen gegen Russland aus Sicht chinesischer Unternehmen als tickende Zeitbombe. Es könnte relativ schnell zu einer Situation kommen, in der sie sich zwischen den zwei Optionen entscheiden müssen.
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