Die Gespräche zur Wiederbelebung des Atomdeals mit Iran stehen kurz vor dem Durchbruch, nachdem Teheran signalisierte, letzten Forderungen vonseiten der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) nachzukommen. Der Generaldirektor der IAEA Rafael Grossi sagte im Samstag in Teheran, dass die IAEA verpflichtet sei, offenen Fragen nachzugehen, bevor die neue Einigung erzielt werden kann.
Bei den offenen Fragen handelt sich um nukleartechnologische Rückstände, welche die IAEA-Inspekteure an zwei Orten in Iran festgestellt hätten, die nicht als Stätten des iranischen Atomprogramms deklariert waren. Die Hinweise auf diese Orte sollen von "westlichen Geheimdiensten" gekommen sein. Dabei scheint aber klar zu sein, dass es sich dabei um Spuren längst vergangener Aktivitäten handelt, nicht etwa um Anzeichen gegenwärtiger heimlicher Aktivitäten in Iran.
Der gemeinsame Auftritt des IAEA-Direktors Grossi und des iranischen Außenministers Hossein Amir-Abdollahian in Teheran deutete allerdings darauf hin, dass beide Seiten mit dem neuen, künftigen Verfahren einverstanden sind. Der russische Chefunterhändler Michail Uljanow erklärte, dass der Besuch des Generaldirektors der IAEA in Iran erfolgreich war. Beide Seiten einigten sich auf konkrete Schritte, die darauf abzielen, offene Sicherungsfragen innerhalb eines angemessenen Zeitraums zu regeln.
Obwohl es bislang so scheint, dass die Wiener Verhandlungen trotz des Ukraine-Krieges unbehelligt weitergehen, ist nun die Ukraine-Krise doch noch zum Gegenstand der Verhandlungen in Wien geworden. Der russische Top-Diplomat Sergei Lawrow sagte am Samstag, die Vereinbarung mit Iran stehe vor dem Abschluss. Allerdings seien "in letzter Zeit Probleme aus der Sicht der Interessen Russlands aufgetreten", fügte er hinzu.
Angesichts der "aggressiven Sanktionen" des Westens gegen Russland fordert Moskau "schriftliche Garantien" der USA, dass diese Sanktionen gegen Russland nicht die Umsetzung des neuen Atomdeal beeinträchtigen dürfen. Es gehe dabei insbesondere um die russischen Rechte auf "uneingeschränkten Handel, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Investitionen sowie militärisch-technische Kooperation mit Iran".
US-Außenminister Antony Blinken sagte inzwischen, die gegen Russland verhängten Sanktionen wegen des weiter andauernden Militäreinsatzes in der Ukraine hätten nichts mit einem möglichen Atomabkommen mit Iran zu tun. Blinken machte diese Bemerkungen in einem Interview mit der CBS am Sonntag, nachdem Russland zuvor die schriftlichen Garantien aus Washington gefordert hatte.
Die Nachrichtenagentur Reuters zitierte kürzlich einen nicht namentlich genannten ranghohen iranischen Beamten mit der angeblichen Einschätzung, die russische Forderung sei für die Wiener Verhandlungen "nicht hilfreich". Iran dementierte diese Behauptung von Reuters umgehend. Kein Beamter aus Teheran oder Wien habe die Äußerungen des russischen Außenministers Lawrow kommentiert, und das von Reuters veröffentlichte Zitat sei frei "erfunden und nicht gültig".
Ausnahmen hinsichtlich der Sanktionen gegen Russland sind umso wichtiger, als Russland beim Prozess einer Rückkehr Irans zu den Regeln des früheren JCPOA eine wichtige Rolle spielen muß. Um die erheblichen Überbestände an angereichertem radioaktivem Material abzubauen, muss das exportiert werden, mutmaßlich nach Russland. Allein bereits dafür sind Ausnahmen bei den jüngsten Sanktionen erforderlich.
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