Am Donnerstag fand eine Pressekonferenz im Weißen Haus in Washington statt. Dabei erklärte der stellvertretende nationale Sicherheitsberater für internationale Wirtschaft in der US-Regierung, Daleep Singh, dass man nichts tun werde, was eine unbeabsichtigte Unterbrechung des Energieflusses zur Folge haben könnte. Denn die weltweite wirtschaftliche Erholung [nach der Corona-Krise, Anm. d. Red.] sei noch nicht abgeschlossen. Eine wolkige Umschreibung dafür, dass die USA zwar neue Sanktionen gegen Russland erlassen haben, diese aber nicht die Ölimporte der USA aus Russland betreffen.
Im Jahr 2006 importierten die Vereinigten Staaten noch täglich 13 Millionen Fass (je 159 Liter) mehr, als sie exportierten, doch mittlerweile deckt das Land mehr als 70 Prozent seines Ölbedarfs selbst. Die Exporte aus den meisten
erdölexportierenden Länder in die USA sind zurückgegangen – nicht jedoch die Öllieferungen aus Russland. Im Gegenteil: 2020 exportierte Russland fast 27 Millionen Tonnen Rohöl und Rohölderivate in die Vereinigten Staaten. Pro Tag sind das 538.000 Fässer – stolze 63 Prozent mehr als 2014, also dem Jahr, als die Ukraine- und Krimkrise eskalierte.
Russland wurde somit erstmals zum drittgrößten Öllieferanten der USA und überholte unter anderem auch Saudi-Arabien. Doch was für die USA gilt, gilt nicht für den Rest der Welt. Am Mittwoch hatten die Vereinigten Staaten Sanktionen gegen die Betreibergesellschaft der deutsch-russischen Pipeline Nord Stream 2 AG verhängt. Damit dürfte das Milliardenprojekt, das Russland große Einnahmen aus dem Erdgasverkauf versprach, vorerst eine Bauruine bleiben. Zuvor hatte die Bundesregierung das Projekt erst einmal auf Eis gelegt. Aber schon die amerikanische Vorgängerregierung unter Präsident Donald Trump hatte das Projekt torpediert.
Russland hat die deutsche Entscheidung, Nord Stream 2 auf Eis zu legen, offiziell "bedauert". Es handele sich um ein rein wirtschaftliches Projekt zum Vorteil für Deutschland und Europa. Die Pipeline könne auf dem wegen hoher Preise überhitzten Gasmarkt zu Stabilität führen, hatte Kremlsprecher Dmitri Peskow erklärt:
"Dass solche Projekte auch durch die Kraft politischer Gründe ausgebremst werden, was hoffentlich nur zeitweilig ist, ist aus unserer Sicht falsch."
Mehr zum Thema – Ukraine-Krieg könnte zu dauerhaften Preisanstiegen bei Energie und Nahrungsmitteln führen