Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) bezeichnete in ihrer Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz am Samstag den russischen Truppenaufmarsch an der ukrainischen Grenze als "inakzeptabel". Dies sei keine Ukraine-Krise, sondern "eine Russland-Krise". Moskau müsse seine Truppen von der ukrainischen Grenze abziehen, man wolle Taten sehen.
Für den Fall eines russischen Angriffs kündigte Baerbock "massive Konsequenzen" an, die auch die umstrittene Pipeline Nord Stream 2 treffen würden. Derzeit arbeite man mit aller Kraft an konstruktiven Wegen aus der Krise, so im Normandie-Format mit Frankreich, Russland und der Ukraine, außerdem in der EU und in der NATO.
Seit 2014 habe die westliche Staatengemeinschaft der Ukraine über 48 Milliarden Dollar zur Verfügung gestellt. Auch in Zukunft, versprach die deutsche Außenministerin, werde man der Ukraine die Mittel zur Verfügung stellen, die ihre finanzielle Stabilität gewährleisteten. Überraschend hatte das Auswärtige Amt am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz ein außerordentliches Treffen von Außenministern der G7-Staaten organisiert. Auch der ukrainische Außenminister Dmitri Kuleba war zu diesem Treffen eingeladen.
In der kurzen Pressekonferenz nach den Gesprächen mit ihren Amtskollegen der anderen G7-Staaten behauptete die deutsche Außenministerin, dass die Schuld Russlands an der künftigen Eskalation feststehe und keine "False-Flag-Aktion" oder Provokation von dieser feststehenden Schuld werde ablenken können.
Auf Berichte über die von den selbst ernannten Verwaltungen der Volksrepubliken im Osten der Ukraine am Freitag angeordnete Evakuierung von Frauen und Kindern aus den abtrünnigen Gebieten des Donbass angesprochen, sagte Baerbock, sie kenne Berichte, wonach die zu Evakuierenden nicht in die bereitgestellten Busse einsteigen wollten. Die Ukraine habe keinen Grund für die Evakuierungen gegeben.
In diesem Zusammenhang unterstrich die deutsche Außenministerin die Bedeutung der OSZE-Beobachtermissionen vor Ort. Diese seien die "Augen und Ohren der internationalen Staatengemeinschaft" und in der derzeitigen Situation wichtiger denn je. Baerbock machte deutlich, dass sie russische Berichte über den laufenden Rückzug eines Teils der Truppen an ihre gewöhnlichen Stationierungsorte bezweifelt. Es habe ermutigende Signale gegeben, aber die Bedrohungslage sei "weiterhin real". Die Außenministerin wörtlich:
"Dies ist jetzt einer der gefährlichsten Momente, wo aus Provokation und Desinformation Eskalation werden kann."
Während der Rede der deutschen Außenministerin hatte sich der ebenfalls in München anwesende Kiewer Bürgermeister und Ex-Boxer Vitali Klitschko aus dem Publikum gemeldet und warb eindringlich für deutsche Waffenlieferungen an sein Land. "Vielen Dank für die 5.000 Helme", wandte er sich an Baerbock, "aber das ist nicht genug."
Baerbock entgegnete, der Bundesregierung liege eine neue Liste der Ukraine mit Bitten um militärische Hilfe vor, und sagte eine Prüfung zu. Hoffnung auf Waffenlieferungen machte sie Klitschko nicht. Sie führte stattdessen aus, dass Deutschland aus historischen Gründen restriktive Waffenexportrichtlinien habe. Dafür habe die Bundesrepublik der Ukraine mit finanzieller Unterstützung und diplomatisch geholfen. Es sei wichtig, dass die Ukraine nicht durch einen wirtschaftlichen Kollaps von innen destabilisiert werde. Die finanziellen Zuwendungen seien daher genauso wichtig wie militärische Hilfe.
(rt/dpa)
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