Am 17. Februar hat der Internationale Sportgerichtshof (CAS) seine Argumentation im Fall der Dopingprobe der 15-jährigen russischen Eiskunstläuferin Kamila Walijewa veröffentlicht.
Laut dem 41-seitigen Dokument lag die Konzentration der verbotenen Substanz Trimetazidin in der Probe der Sportlerin bei 2,1 Nanogramm pro Milliliter. Dabei handelt es sich um eine vernachlässigbare Menge, die Walijewas Vertreter auf eine versehentliche Einnahme der verbotenen Substanz durch die Medikamente von Walijewas Großvater zurückführen.
Walijewas Mutter gab bei der Anhörung vor dem CAS an, dass der Großvater die Athletin regelmäßig zu den täglichen Trainingseinheiten gefahren habe und oft während der Mittagspause bei seiner Enkelin gebleiben sei. Während der Anhörung wurde eine Videoaufnahme gezeigt, die nach Angaben von Walijewas Anwalt vom Großvater der Athletin gemacht worden war. Das Filmmaterial zeigt im Auto des Großvaters eine Packung mit der Aufschrift "Trimetazidin MB".
Man wies darauf hin, dass der Internationale Sportgerichtshof einräumt, dass das verbotene Medikament in Walijewas Körper aus einem Glas gelangt sein könnte, aus dem sie Wasser trank, nachdem der Großvater seine Medikamente damit heruntergespült hatte. Außerdem kann laut CAS ein technischer Fehler aufgrund der unbedeutenden Konzentration des Arzneimittels nicht ausgeschlossen werden.
Walijewas Vertreter luden zwei Experten zu dem Treffen ein. Diese hoben hervor, dass die Konzentration der Substanz in Walijewas Dopingprobe unbedeutend sei, was darauf hindeute, dass das Medikament von der Athletin versehentlich eingenommen worden war. Außerdem seien alle Dopingproben Walijewas zuvor völlig sauber gewesen.
Die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) fand diese Version jedoch nicht überzeugend. Die Athletin habe keine überzeugenden Beweise dafür geliefert, dass das Trimetazidin versehentlich in ihr System gelangt sei, so die Agentur. Insbesondere seien keine Beweise, keine medizinischen Unterlagen oder Rezepte dafür vorgelegt worden, dass ihr Großvater das Medikament gekauft hätte. Außerdem gebe es keine wissenschaftlichen Beweise dafür, dass die niedrige Konzentration von Trimetazidin auf eine versehentliche Einnahme hindeute, so die Vertreter der WADA.
In der Urteilsbegründung kritisierte der CAS die Verzögerung der Ergebnisse der Dopingkontrolle der Russin scharf. Obwohl die Probe Walijewa bei den russischen Meisterschaften Ende Dezember entnommen wurde, wurde das ungünstige Testergebnis erst am 7. Februar bekannt gegeben – mehr als 40 Tage nach dem Test.
Die Aussage der WADA, dass es sich bei der 20-Tage-Frist für die Übermittlung von Testergebnissen lediglich um eine Empfehlung handele, wurde von dem Sportrichter als "eher alarmierend" bezeichnet. Die Erklärung des Stockholmer Labors, das sich auf pandemiebedingten Personalmangel berief, wurde vom Gericht als "nicht überzeugend" eingestuft. Die Verzögerung bei der Übermittlung des Ergebnisses der Dopingprobe habe Walijewa "in eine schwierige Lage" gebracht, so das Gericht.
In der Folge machte die WADA die russische Anti-Doping-Agentur (RUSADA) für die Verzögerung verantwortlich und wies darauf hin, dass diese die Dopingprobe nicht schnell genug an das Stockholmer Labor geschickt habe. Die RUSADA wies diese Vorwürfe entschieden zurück und erklärte, dass alle Dopingproben rechtzeitig in Stockholm abgegeben wurden.
Am 8. Februar, dem Tag nach dem Eiskunstlauf-Mannschaftsturnier, bei dem das Team aus Russland Gold gewann, kam es zum Skandal um das positive Ergebnis der Dopingprobe Walijewas.
Die Russische Anti-Doping-Agentur (RUSADA) suspendierte Walijewa von den Olympischen Spielen, hob die Sperre aber nach einer Beschwerde der Sportlerin bereits am nächsten Tag wieder auf.
Gegen diese Entscheidung der RUSADA haben das IOC, die Internationale Eislauf-Union (ISU) und die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) beim Schiedsgericht des Sports in Lausanne (CAS) Berufung eingelegt. Allerdings lehnte das CAS-Gremium den Einspruch ab und erlaubte Walijewa, weiterhin an den Spielen teilzunehmen. Wegen des Dopingskandals wird sie jedoch nicht beim Schaulaufen antreten.
Der Kampf um den ersten Platz im Eiskunstlauf der Frauen bei den Olympischen Spielen in Peking war dramatisch. Walijewa beendete ihr Kurzprogramm am 15. Februar auf dem ersten Platz. In der Kür am 17. Februar schaffte sie es aber nur auf Platz vier, da sie aufgrund des enormen Drucks, unter dem sie in der vergangenen Woche stand, zahlreiche Fehler machte.
Platz eins im Kurz- und Kürprogramm belegte die amtierende Weltmeisterin Anna Schtscherbakowa aus Russland. Sie lag vier Punkte vor der Russin Alexandra Trussowa, die als erste Läuferin der Welt fünf Viertel-Sprünge bei den Olympischen Spielen absolvierte.
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