Spitzenbeamte in Israel bereiten sich angeblich auf ein Szenario vor, wonach sie im Falle einer russischen Invasion Tausende von Juden aus der Ukraine ausfliegen werden. Dies berichtete eine führende örtliche Zeitung inmitten anhaltender westlicher Spekulationen, Moskau könnte eine Großoffensive planen.
In einem Bericht vom Sonntag behauptete die Tageszeitung Haaretz, Vertreter mehrerer Regierungsstellen hätten sich am Wochenende getroffen. Angeblich um das Risiko zu erörtern, dass die jüdische Gemeinde in dem osteuropäischen Land in einen Konflikt verwickelt werden könnte.
An der Besprechung sollen Beamte des Nationalen Sicherheitsrates, des Verteidigungs-, des Verkehrs- und des Außenministeriums teilgenommen haben, ebenso wie zuständige Stellen für die Pflege der Beziehungen zu Juden in den Gebieten der ehemaligen Sowjetunion.
Wie die Autoren des Berichts schreiben, verfüge Israel seit langem über Pläne für die massenhafte Rückführung seiner potenziellen Bürger, falls dies erforderlich sein sollte. Diese Evakuierungspläne seien angesichts der zunehmenden Befürchtungen einer Offensive in der Ukraine nun aktualisiert worden.
Analysten schätzen, dass in der Ukraine möglicherweise bis zu 400.000 Juden leben. Von diesen könnten etwa 200.000 nach dem Rückkehrgesetz des Landes im Nahen Osten Anspruch auf die israelische Staatsbürgerschaft haben. Etwa 75.000 dieser Juden leben im Osten der Ukraine.
Während des Zweiten Weltkriegs wurden mehr als eine Million Juden, die in der Sowjetunion, hauptsächlich auf dem Gebiet der heutigen Ukraine lebten, von deutschen Streitkräften und einheimischen Kollaborateuren ermordet. Mindestens 34.000 jüdische Menschen wurden 1941 innerhalb von zwei Tagen in der Schlucht von Babi Jar außerhalb von Kiew erschossen und in ein Massengrab geworfen.
In den letzten Jahren hatten israelische Beamte die ukrainische Regierung zunehmend attackiert. Vor allem wegen ihrer Rolle bei dem, was der Präsident des Landes, Jitzchak Herzog, als einen wachsenden Trend zum Geschichtsrevisionismus in der osteuropäischen Nation bezeichnet hat. "Erinnerungen werden nicht einfach vergessen – sie werden ausgelöscht oder sogar umgeschrieben", warnte Herzog im Oktober 2021 vor einem Besuch in Kiew.
Anfang des Jahres hatte die israelische Botschaft eine in der Ukraine alljährlich stattfindende Fackelprozession zu Ehren von Stepan Bandera kritisiert. Als Anführer der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUP) hatte dieser mit den Nazis kollaboriert und war für ethnische "Säuberungsaktionen" mitverantwortlich. Dabei wurden Juden und Menschen polnischer Abstammung planmäßig ermordet. Bandera ist in den letzten Jahren in der Ukraine zu einer Symbolfigur der Unabhängigkeit erhoben worden.
Die angeblichen Planungen in Israel stehen vor dem Hintergrund einer mutmaßlichen Invasion Russlands in der Ukraine. In den letzten Monaten hat der Westen zunehmend Befürchtungen geäußert, Moskau stelle entlang der russisch-ukrainischen Grenze Truppen auf, um seinen Nachbarn anzugreifen. Am Sonntag forderte das US-Außenministerium die Familien der in Kiew arbeitenden Diplomaten auf, das Land "wegen der anhaltenden Gefahr einer russischen Militäraktion" zu verlassen.
Der Kreml hat die Anschuldigung, Russland plane einen Angriff, indes wiederholt zurückgewiesen. Der Pressesprecher des Präsidenten, Dmitri Peskow, hatte zuletzt erklärt, die Bewegungen der Streitkräfte des Landes auf seinem eigenen Territorium seien eine interne Angelegenheit und gingen niemanden etwas an.
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