Kurz vor Neujahr vergibt Königin Elizabeth II. traditionell Auszeichnungen und erhebt ausgewählte Menschen aus ganz Großbritannien offiziell in den Ritterstand. Doch dieses Mal ist die Ordensvergabe an eine Person besonders umstritten und löste bereits heftige Reaktionen aus. Der ehemalige britische Premierminister Tony Blair wurde von der Queen in den Ritterstand erhoben.
Hunderttausende haben nun eine Online-Petition unterzeichnet, in der die Aberkennung des Ritterschlags für den 68-Jährigen gefordert wird. Der ehemalige britische Premierminister sollte stattdessen "für Kriegsverbrechen zur Rechenschaft gezogen werden", heißt es darin. Mehr als 318.000 Unterschriften wurden bislang unter der Petition bei Change.org hinterlassen, in der der britische Premierminister Boris Johnson aufgefordert wird, die Königin zu ersuchen, den Titel abzuerkennen. Die Zahl der Unterschriften kam nur weniger als einen Tag nach dem Start zusammen.
Angus Scott, der Initiator der Petition, erklärte, dass der ehemalige Premierminister aus der Labour-Partei während seiner Amtszeit von 1997 bis 2007 "der Verfassung des Vereinigten Königreichs und der gesellschaftlichen Struktur des Landes irreparablen Schaden zugefügt" habe.
In der Petition wird Blair insbesondere beschuldigt, "den Tod unzähliger unschuldiger Zivilisten und Soldaten" verursacht zu haben, indem er das Vereinigte Königreich in "verschiedene Konflikte" hineingezogen hat. Weiter heißt es darin:
"Allein dafür sollte er wegen Kriegsverbrechen zur Rechenschaft gezogen werden."
Es ist zwar üblich, dass die britischen Monarchen ehemalige Premierminister in den höchsten Rang erheben, doch die Entscheidung des Buckingham-Palastes, auch Blair zu ernennen, löste unter den Briten große Empörung aus, da Blair 2003 an der Invasion im Irak beteiligt war und den von den USA geführten Militäreinsatz in Afghanistan unterstützt hatte.
Im Jahr 2017 forderte ein Drittel der Briten, dass Blair als Kriegsverbrecher vor Gericht gestellt werden sollte, weil er die Öffentlichkeit über die Voraussetzungen für die Invasion des Irak "wissentlich in die Irre geführt" habe. Zuvor hatte eine Untersuchung ergeben, dass die Behauptung, der verstorbene irakische Staatschef Saddam Hussein verfüge über Massenvernichtungswaffen, nicht durch Geheimdienstinformationen gestützt wurde. Der Irakkrieg kostete 179 britische Soldaten und möglicherweise Zehntausende irakische Zivilisten das Leben. Zudem verursachte er der britischen Wirtschaft Kosten in Höhe von schätzungsweise 9,2 Milliarden Pfund.
Blair wurde in der Liste der Neujahrsehrungen 2022 mit dem Most Noble Order of the Garter ausgezeichnet und somit Mitglied des Hosenbandordens, der höchsten Auszeichnung des Vereinigten Königreichs. In seiner Reaktion auf die Ankündigung der Ernennung bezeichnete der 68-Jährige den Titel als "eine große Ehre". Aus dem Buckingham-Palast hieß es dazu, man sei "hocherfreut", Blair den Titel zu verleihen.
Mehr zum Thema - Tony Blair hält Vorträge: Kein Wort über seine Rolle beim völkerrechtswidrigen Angriff auf Irak