Die Gespräche über die Aufhebung der US-Sanktionen gegen Iran sowie eine Beschränkung des iranischen Atomprogramms haben am Donnerstag in Wien wieder begonnen, nachdem die Delegationen der internationalen Mächte und Irans letzte Woche von den Beratungen in ihre Hauptstädte zurückgekehrt waren.
Die iranische Delegation hatte in der letzten Woche in Wien zwei neue Entwürfe zu Irans nuklearen Verpflichtungen vorgelegt, die sowohl die Aufhebung der US-Sanktionen wie auch Teherans Rückkehr zu seinen atomtechnischen Auflagen beinhalten.
Der EU-Spitzendiplomat Enrique Mora, der die Atomgespräche in Wien koordiniert, bezeichnete es am Donnerstag als "ein sehr schwieriges Unterfangen", die tiefen Differenzen zu überbrücken. Der führende iranische Unterhändler bei den Atomgesprächen Ali Bagheri Kani betonte, dass Teheran die Verhandlungen ernst nehme, und unterstrich, dass Iran die Gespräche auf der Grundlage seiner früheren Positionen fortsetze.
Die westlichen Diplomaten hatten letzte Teheran aufgefordert, mit "realistischen Vorschlägen" zurückzukehren, nachdem die iranische Delegation zwei Entwürfe zur Wiederbelebung des Atomdeals vorgelegt hatte, die andere Vertragsparteien für "inakzeptabel" hielten. Man sei besorgt über die von Iran vorgeschlagenen Änderungen am Entwurf, der über die letzten sechs Runden der Wiener Gespräche ausgehandelt worden sei, hieß es von ranghohen E3-Diplomaten.
Der Sprecher des US-Außenministeriums Ned Price sagte diese Woche, dass die USA hoffen, dass die nächste Gesprächsrunde "anders abläuft". "Man hat das Gefühl, dass die nächsten 48 Stunden sehr entscheidend sein werden", fügte sie hinzu.
Al Jazeera berichtete aus Wien, iranische Beamte hätten diesbezüglich gewarnt, dass die Kommentare europäischer Beamter den Gesprächen schaden könnten. Unter Berufung auf Quellen, die der iranischen Delegation nahestehen, erklärt ein iranischer Journalist, dass die bereits den Großmächten vorgelegten Vorschläge Irans auf dem Tisch blieben und es werde keine Überarbeitung der Position und keine Rücknahme von Entwürfen von Teherans Seite geben.
In einem Telefongespräch mit dem Außenbeauftragten der Europäischen Union Josep Borrell kritisierte der iranische Außenminister Hossein Amir-Abdollahian am Mittwoch die anhaltende Passivität des Westens während der Wiener Gespräche. Der Minister erklärte: "Wir haben bisher keinen konstruktiven und zukunftsweisenden Vorschlag von der Gegenseite erhalten, und dies widerspricht ihrer Erklärung einer ernsthaften Präsenz in den Verhandlungen."
Bagheri Kani hielt im Vorfeld der neuen Gespräche ein trilaterales Treffen mit der chinesischen und russischen Delegation ab. Russlands Spitzenvertreter Michail Uljanow äußerte bei den Wiener Gesprächen die Hoffnung auf eine Einigung. Er erklärte, dass die Kontakte mit den USA und Iran beweisen, "dass beide Seiten es sehr ernst meinen", das Abkommen wiederzubeleben, obwohl ihre Vorstellungen von relevanten Mitteln und Wegen unterschiedlich sind.
Angesichts der ins Stocken geratenen Atomverhandlungen mit Iran in Wien muss sich die Biden-Regierung laut The Wall Street Journal auf zwei ihrer größten internationalen Rivalen verlassen, nämlich Russland und China. Nur so könne die nukleare Pattsituation mit Iran beendet werden.
Unterdessen teilte das US-Außenministerium am Donnerstag mit, dass die Biden-Regierung mit der Entsendung einer hochrangigen Delegation in die Vereinigten Arabischen Emirate in der nächsten Woche die Überwachung der Durchsetzung der Sanktionen gegen Iran verschärfen wolle. Es gebe "Hinweise", dass emiratische Banken sich nicht an die Sanktionen hielten.
Zudem sollen die Verteidigungsminister der USA und Israels am Donnerstag in Washington über mögliche Militärübungen gesprochen haben, um sich auf ein Szenario vorzubereiten, das die Zerstörung der iranischen Atomanlagen vorsehe, falls die Diplomatie scheitere. Russland rief diesbezüglich Tel Aviv und Washington auf, beim Planen gemeinsamer Militärübungen gegen Iran Zurückhaltung an den Tag zu legen. Russlands Vizeaußenminister Sergei Rjabkow bezeichnete sie als einen destabilisierenden Faktor im Nahen Osten.
In seiner Einschätzung des Auftakts der Gespräche am Donnerstag, deren deutschsprachige Version RT DE über die iranische Botschaft in Berlin exklusiv vorliegt, schreibt der Amir-Abdollahian, die Islamische Republik Iran habe in der Praxis ihren guten Willen gezeigt und sei erneut zu Gesprächen bereit, um eine "gute Einigung" mit den 4+1 zu erzielen, die die Aufhebung der Sanktionen und die Umsetzung der Verpflichtungen garantiere.
"Die destruktiven Maßnahmen der Vereinigten Staaten und die Unterstützung der drei europäischen Länder haben den JCPOA (Atomdeal 2015) nutzlos werden lassen und alle wirtschaftlichen Vorteile dieses Abkommens für Iran zunichte gemacht. Das ist die bittere Wahrheit der Entwicklungen der letzten Jahre, aus der Lehren für die Zukunft gezogen werden müssen."
In seinem Schreiben ruft Amir-Abdollahian in Erinnerung, dass das iranische Parlament am 2. Dezember 2020 das Gesetz "Programm über strategische Maßnahmen zur Aufhebung der Sanktionen und zur Wahrung der Interessen des iranischen Volkes" verabschiedet hatte. Durch dieses Gesetz sei die Regierung verpflichtet worden, für den Fall, "dass die Mitglieder des JCPOA sich weiterhin nicht an ihre Verpflichtungen halten, die Umsetzung aller freiwilligen Verpflichtungen Irans im JCPOA nach und nach zu stoppen, es sei denn, die übrigen Mitglieder des JCPOA setzen all ihre Verpflichtungen in die Tat um".
"Der wahrscheinlichen Rückkehr der USA zum JCPOA werden wir keine Beachtung schenken, es sei denn, es werden Garantien dafür vorgelegt, dass die bittere Erfahrung der Vergangenheit sich nicht wiederholen wird und die Wirtschaftspartner Irans einen dauerhaften, sicheren und sorglosen Wirtschaftsaustausch haben können."
Der iranische Außenminister bekräftigt in seinem Statement, dass das Zeitfenster für eine Einigung nicht ewig offen bleibe: "Die USA und die drei europäischen Länder sollten dies gut verstehen."
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