Die Staaten der Ölförderallianz OPEC+ einigten sich bei einem Treffen am Donnerstag darauf, die Ölproduktion ab Dezember um 400.000 Barrel pro Tag (bpd) zu erhöhen. Zuvor hatten die USA und einige weitere Staaten noch umfangreichere Lieferungen gefordert, um die steigenden Preise zu drücken.
Das Weiße Haus erklärte, Washington werde alle zur Verfügung stehenden Instrumente in Betracht ziehen, um den Zugang zu bezahlbarer Energie zu gewährleisten. Während der COVID-19-Pandemie mussten alle Ölproduzenten Einkommenseinbußen hinnehmen. Mit der Erholung der Weltwirtschaft hat die Nachfrage wieder an Fahrt aufgenommen. Der Weltmarktpreis für Rohöl der Nordseesorte Brent war zwischenzeitlich auf ein Dreijahreshoch von 86,70 US-Dollar pro Barrel (159 Liter) gestiegen, gab aber vor den Beratungen der Förderländer wieder nach und sank am Donnerstagmorgen auf 81,63 US-Dollar.
Der führende OPEC-Produzent Saudi-Arabien hat Forderungen der Organisation erdölexportierender Länder und ihrer Verbündeten (OPEC+) nach einer schnelleren Erhöhung des Ölangebots mit Verweis auf den wirtschaftlichen Gegenwind zurückgewiesen. Die Nachrichtenagentur Reuters gab Äußerungen ungenannter Quellen der OPEC+ wieder, die Vereinigten Staaten hätten genügend Kapazitäten, um die Produktion selbst zu erhöhen, wenn sie annehmen, die Weltwirtschaft benötige mehr Energie.
Die Produzenten der OPEC+ sind stattdessen besorgt, zu schnell zu produzieren. Sie befürchten erneute Rückschläge im Kampf gegen die Pandemie und eine Verlangsamung der wirtschaftlichen Erholung. Dies erklärte der saudische Energieminister Prinz Abdulaziz bin Salman Al Saud am Donnerstag. Die Ölvorräte würden Ende 2021 und Anfang 2022 wegen des nachlassenden Verbrauchs enorm ansteigen, so der Minister.
Der für Energiefragen zuständige russische Vize-Ministerpräsident Alexander Nowak stellte fest, dass die OPEC seit August bereits 2 Millionen bpd auf den Weltmarkt gebracht hat und ihren Plan fortsetzen wird, im späteren Verlauf des Jahres 2021 und in den ersten Monaten des Jahres 2022 monatlich weitere je 400.000 bpd hinzuzufügen.
"Es gibt einige Anzeichen für einen Rückgang der Ölnachfrage in der Europäischen Union im Oktober. Die globale Ölnachfrage steht immer noch unter dem Druck der Delta-COVID-Variante", erklärte Nowak auch als Begründung für die Entscheidung der OPEC+. Er wies jedoch auf die Möglichkeit stärkerer Produktionssteigerungen hin, falls sich die wirtschaftliche und epidemische Lage verbessert.
US-Präsident Joe Biden hatte am Samstag die G20-Energieerzeugerländer mit freien Kapazitäten aufgefordert, ihre Produktion zu steigern, um eine schnellere Erholung der Weltwirtschaft zu gewährleisten. "Die OPEC+ scheint nicht gewillt zu sein, die Kapazitäten und die Macht zu nutzen, die sie in diesem kritischen Moment der globalen Erholung für Länder auf der ganzen Welt hat", klagte ein Sprecher des Weißen Hauses.
"Der Präsident ist der Ansicht, dass die Amerikaner Zugang zu erschwinglicher Energie haben sollten, auch an der Zapfsäule, und er hat uns angewiesen, die Märkte weiterhin zu beobachten und darauf vorbereitet zu sein, bei Bedarf alle Instrumente einzusetzen", so der Sprecher am Donnerstag. Die Vereinigten Staaten, die als weltgrößter Ölproduzent selbst nicht der OPEC+ angehören, mussten 2020 einen starken Produktionsrückgang hinnehmen. Seitdem hat sich die Produktion hat langsamer erholt als erwartet.
Angesichts der Förderpolitik der OPEC+ bleibt den Industrienationen allerdings die Möglichkeit, die eigenen Ölreserven anzuzapfen. US-Energieministerin Jennifer Granholm hatte diese Option im Oktober für ihr Land ins Spiel gebracht.
Nicht genannten Quellen zufolge sind Saudi-Arabien und Russland zuversichtlich, dass ein schneller Anstieg der Produktion in der amerikanischen Schiefergasindustrie nicht zu erwarten ist, wie Reuters berichtet. Der Sender al-Arabiya berichtete am späteren Donnerstag, Saudi-Arabiens Ölproduktion werde erstmals seit Ausbruch der Coronavirus-Pandemie wieder die Marke von zehn Millionen Barrel pro Tag überschreiten. Am Abend notierte die US-Ölsorte West Texas Intermediate (WTI) ein Prozent im Minus bei 80,09 Dollar je Barrel. Der Preis für ein Fass der Sorte WTI fiel um 60 Cent auf 80,26 Dollar.
Die OPEC+ besteht aus den 13 Mitgliedsstaaten der in Wien ansässigen Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) und zehn Kooperationspartnern, darunter Russland, Mexiko und Kasachstan. Das nächste Treffen der OPEC-Verbündeten ist am 2. Dezember geplant.
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