UNICEF will Eintrag der 12-jährigen Faína Sawenkówa auf Mirotworez-Onlinepranger mit Kiew erörtern

Das UN-Kinderhilfswerk will mit Vertretern der Ukraine die Situation um die 12-jährige Faína Sawenkówa aus Lugansk erörtern, die auf dem ukrainischen Internetpranger Mirotworez geführt wird. Auch mit der jungen Schriftstellerin selbst will UNICEF reden.

Mitte Oktober hat der ukrainische Internetpranger Mirotworez eine 12-Jährige aus Lugansk komplett mit Lichtbild und Adresse in seine Datenbank aufgenommen. Das Mädchen hatte Ende Mai einen Brief mit einem Aufruf zur Friedensstiftung im Südosten der Ukraine an die UN gerichtet. In dem Brief beklagte sie, dass die Kinder im Donbass bereits seit einigen Jahren unter den Bedingungen des Krieges leben müssen.

Am 20. Oktober wandte sich Faína brieflich an UN-Generalsekretär António Guterres und in Kopie an die UNICEF mit der Bitte, eine Entfernung der Daten aller Minderjährigen von dem ukrainischen Internetpranger zu erwirken, schrieb die russische Nachrichtenagentur EurAsia Daily. Der Empfang des Schreibens sei von Farhan Haq, dem Sprecher des UN-Generalsekretärs, bestätigt worden. Nun gibt es eine Reaktion der Vereinten Nationen – auf Faínas Brief ebenso wie auf ihre Aufnahme in die Datenbank des als SBU-Abschussliste bekannten Internetprangers, schrieb die russische Nachrichtenagentur TASS am Dienstag. Dmitri Poljanski, der als erster stellvertretender Ständiger Vertreter Russlands bei den Vereinten Nationen Faínas Brief an die UN-Leitung weiterleitete, gab am Dienstag im Beisein von Journalisten den Inhalt eines Antwortbriefes der Leiterin des Kinderschutzfonds der UN, Henrietta H. Fore, wieder.

"Wir erhielten eine Reaktion der UNICEF-Exekutivdirektorin Henrietta Fore auf die Kopie des Briefes von Faína Sawenkówa an UN-Generalsekretär António Guterres, die wir ihr kürzlich zugeschickt haben: In Faures Brief wird bestätigt, dass Faína, wie andere Kinder auch, das legitime Recht hat, ihre Meinung zu äußern und dabei vor Angriffen und Schikanen geschützt zu sein. UNICEF plant, die Situation mit den zuständigen Partnern in der Ukraine zu besprechen – aber auch mit Faina selbst zu sprechen, der die Stiftung darüber hinaus viel Glück und kreative Inspiration wünscht."

Der Eintrag Sawenkówas auf dem SBU-Internetpranger Mirotworez samt persönlichen Daten, Fotos und Screenshots ihrer Veröffentlichungen wurde mit der Begründung vorgenommen, das Mädchen stelle eine Gefahr für die nationale Sicherheit der Ukraine dar. Die Administratoren der Webseite glauben, dass das Mädchen angeblich "an anti-ukrainischen Propagandaaktivitäten teilnimmt". Sawenkówa machte ihrerseits darauf aufmerksam, dass "die Veröffentlichung der persönlichen Daten von Kindern auf solchen Webseiten eine Verletzung der Kinderrechte darstellt".

Nach Poljanskis Ankündigung reagierte man nun endlich auch in der Ukraine, einen halben Monat nach dem Eintrag: Die Menschenrechtsbeauftragte des Landesparlaments Ljudmila Denissowa gab am Mittwoch auf ihrem Telegramkanal bekannt, vom SBU und der ukrainischen Polizei die Entfernung aller Daten von Minderjährigen aus den Mirotworez-Listen gefordert zu haben, "mit dem Ziel, die Verletzung ihrer Rechte und ihr Hineinziehen in den bewaffneten Konflikt [im Südosten der Ukraine] nicht zuzulassen". 

Die Abschussliste des SBU

Nebenbei dient der Internetpranger Mirotworez offensichtlich den ukrainischen Sicherheitsbehörden wie Polizei und Geheimdienst SBU als Abschussliste. Mehrere Kritiker der aktuellen Politik der ukrainischen Regierung fanden sich zuerst in der Datenbank des Internetprangers und im Anschluss innerhalb kurzer Zeit im Jenseits wieder. Dazu gehört der ukrainische Patriot, Buchautor und Journalist Oles Busyna, der den Maidan kritisierte und kurz nach seiner Aufnahme in die Datenbank am 16. April 2015 in Kiew auf offener Straße niedergeschossen wurde. Ähnlich erging es dem Oppositionspolitiker und früheren Rada-Abgeordneten der Partei der Regionen Oleg Kalaschnikow.

Die Verbindungen von Mirotworez zum ukrainischen Geheimdienst SBU können nicht geleugnet werden. Wir erinnern uns: Die Internetseite wurde im Jahr 2014 auf Initiative von Anton Geraschtschenko, dem Berater des ukrainischen Innenministers Arsen Awakow, eingerichtet. Als Partner wurden auf der Internetseite zudem bis zum 13. Mai 2016 auch der Geheimdienst SBU und weitere Sicherheitsstrukturen des Landes gelistet. Ob die anschließende Entfernung der Sicherheitsdienste aus der Partnerliste als Aufkündigung der Partnerschaft verstanden werden sollte, ist angesichts des Stands der Dinge mehr als zweifelhaft. Die beiden des Mordes an Oles Busyna dringend verdächtigten Andrei Medwedko und Denis Polischtschuk sind längst auf freiem Fuß, obwohl keine abschließende Ermittlung stattgefunden hat. Die Absicht, eine solche Ermittlung wiederaufzunehmen, lassen die ukrainische Polizei und Staatsanwaltschaft nach wie vor nicht erkennen.

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