Die möglichen Auswirkungen von Versorgungsengpässen machen sich derzeit an verschiedenen Stellen bemerkbar. Denn solange Vorprodukte wie Halbleiter und Rohstoffe Mangelware sind, drohen Produktionsausfälle und hohe Preise.
Obwohl Seltene Erden medial eher wenig Beachtung finden, begleiten sie uns häufig im Alltag und sind nicht nur im zivilen Bereich unverzichtbar, sondern auch im militärischen. Darauf verwies jüngst die Informationsstelle Militarisierung und die Publikation Europäische Sicherheit & Technik.
Während die insgesamt 17 Seltenerdmetalle in vielen Hightechgeräten im medizinischen Bereich und in der Telekommunikation, etwa in Smartphones und Flachbildschirmen, genutzt werden, gelten sie auch in der Wirtschaft und für deren klimaneutralen Umbau als unabdingbar. Insbesondere bei der Energiewende – wo sie beispielsweise in Windkraftanlagen, E-Autos oder Batterien eingesetzt werden – und in der Industrie 4.0 sind sie von zentraler Bedeutung. Seltene Erden finden sich allerdings auch in Verbrennermotoren, beispielsweise Rhodium in Katalysatoren. Dessen Marktwert ist mittlerweile so hoch, dass offenbar bereits Autos dafür gestohlen werden.
Die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) verwies im vergangenen Monat auch auf die strategische Relevanz seltener Erden. In dem Maße, wie deren Bedarf durch die Digitalisierung und die Energiewende steigt, werden sie auch zur Herausforderung für die deutsche Außenpolitik.
Neben den zivilen Technologien kann aber auch im militärischen Bereich und in der Luft- und Raumfahrttechnik kaum mehr auf die Metalle verzichtet werden. Sie sind daher auch von strategischer Bedeutung für den Bau von Düsenantrieben, Satelliten, Lasertechnik, Zielführungs- und Navigationssystemen bei Marschflugkörpern, Raketen und Drohnen sowie anderer elektronischer Komponenten, auf die High-End-Waffensysteme zunehmend setzen.
Moderne Kriegsschiffe enthalten mehr als 1,5 Tonnen Seltene Erden. Ein Zerstörer der Arleigh-Burke-Klasse benötigt mehr als zwei Tonnen, ein Jagd-U-Boot der Virginia-Klasse sogar rund vier Tonnen Seltene Erden, und jedes F-35-Kampfflugzeug benötigt etwa 417 Kilogramm Seltenerdmaterial. Damit ist ein möglicher Versorgungsengpass bei den Seltenen Erden kein rein wirtschaftliches Problem. Vielmehr könnte er die nationale Sicherheit der Länder gefährden, die als Importeure davon betroffen sind.
Die Ironie ist, dass dies die Länder sein könnten, die China neben Russland als Bedrohung für ihre Sicherheit und somit als Begründung für massive Aufrüstungsprojekte darstellen, während sich die
größten Vorkommen Seltener Erden in China befinden.
Zwar gibt es weitere Vorkommen in Australien, Grönland und Kanada. Der Anteil der schweren Seltenen Erden, die im Gegensatz zu leichten Seltenen Erden in Schlüsseltechnologien zum Einsatz kommen und sehr rar sind, wurde jedoch vorrangig in China produziert. Zudem dominiert China die Produktionsschritte auf dem Weltmarkt und kontrolliert auch die Seltene Erden verarbeitende Magnetindustrie. Vor der Nutzung in "smarten" Militärgütern müssen die Seltenen Erden in Seltene-Erden-Magnete umgewandelt werden.
Schon vor knapp 30 Jahren hat der damalige politische Führer Chinas, Deng Xiaoping, die Bedeutung des Rohstoffs erkannt: "Der Nahe Osten hat Öl. China hat Seltene Erden", soll er 1992 gesagt haben. Im Jahr 2019 warnte die staatliche militärnahe Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS), dass "die NATO zu fast 100 Prozent von der Einfuhr seltener Erden aus China abhängig" ist. "Das ist ein viel höherer Prozentsatz als die Energieabhängigkeit von Moskau." Laut der Europäischen Kommission besteht unabhängig von der chinesischen Politik eine reale Gefahr, dass ab 2025 Versorgungsengpässe für Seltene Erden eintreten.
Mehr zum Thema - Medien: China verfügt mit Exportstopp für Seltene Erden über "nukleare Option" gegen US-Militär