Drohgebärden Richtung Iran: Israel will mit Gewaltanwendung die Welt vor dem "Bösen" schützen

Israel droht erneut mit einem Angriff auf Iran, da das Land laut dem israelischen Außenminister kurz vor der Atombombe stehe. Iran wandte sich diesbezüglich an den UN-Sicherheitsrat. Das Land beklagte eine starke Zunahme des israelischen Säbelrasselns gegen Teheran, und warnte vor jeglicher "Fehlkalkulation".

Eine Analyse von Seyed Alireza Mousavi

Israel behalte sich "das Recht" vor, zu jedem Zeitpunkt und auf jede Art und Weise zu handeln, um Iran am Erwerb von möglichen Nuklearwaffen zu hindern, drohte der israelische Außenminister Yair Lapid nach einem Treffen mit seinem US-amerikanischen und seinem emiratischen Amtskollegen in Washington. "Das ist nicht nur unser Recht, es ist auch unsere Verantwortung."

Lapid erklärte, dass Teheran die Bombe nicht in die Hände bekommen dürfe, und er fügte hinzu, das Thema stehe im Fokus seines Besuchs in Washington. Obwohl die Islamische Republik seit langem erklärt, kein Interesse an der Entwicklung von Atomwaffen zu haben, schwor Lapid, dass Israel Irans mutmaßlichen "Wettlauf zur Atombombe" mit allen notwendigen Mitteln einstellen werde. 

"Wir wissen, dass es Momente gibt, in denen Nationen Gewalt anwenden müssen, um die Welt vor dem Bösen zu schützen."

In dem Atomstreit mit Iran drohten auch die USA Teheran mit Konsequenzen, sollte eine Verhandlungslösung scheitern. "Wir werden alle Optionen in Betracht ziehen", sagte US-Außenminister Antony Blinken am 13. Oktober in Washington. Zwar sei eine "diplomatische Lösung" der beste Weg um zu verhindern, dass Iran an Atomwaffen gelangt. "Aber wir sind bereit, uns anderen Optionen zuzuwenden, wenn Iran nicht seinen Kurs ändert." Welche "Optionen" genau auf dem Tisch liegen, sagte er allerdings nicht.

 

Das Treffen in Washington fand vor dem Hintergrund der Würdigung des sogenannten Abraham-Abkommens statt, dass die Normalisierung der Beziehungen Israels zu vier arabischen Staaten zum Ziel hatte. Während der israelische Außenminister von "besseren Beziehungen zu den arabischen Nachbarn" durch eine Reihe von Normalisierungsabkommen im vergangenen Jahr sprach, stellte er fest, der Hauptgrund für das Treffen mit Blinken und Abdullah bin Zayid sei "die Sorge um Irans Wettlauf zu einer nuklearen Kapazität."

"Iran wird zu einem nuklearen Schwellenland. Jeder Tag, der vergeht, jede Verzögerung der Verhandlungen bringt Iran einer Atombombe näher", fuhr Lapid fort. Seit Jahren behauptet Israel, Iran stehe kurz vor der Atombombe.

Der ehemalige Direktor des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad hatte hingegen vor Kurzem erklärt, dass Iran bis heute noch nicht einmal nahe daran sei, eine Atomwaffe zu erwerben.

Lapid traf am Dienstag auch mit Vizepräsidentin Kamala Harris und Jake Sullivan zusammen, dem Nationalen Sicherheitsberater von Präsident Biden. Das Weiße Haus teilte mit, man habe unter anderem über die jeweiligen Sichtweisen auf die "Bedrohung" durch Iran gesprochen. Sullivan habe die Verpflichtung Bidens bekräftigt, sicherzustellen, dass Teheran niemals in den Besitz von Nuklearwaffen komme. Im Gespräch mit Sullivan soll Lapid die Notwendigkeit für einen sogenannten "Plan B" hervorgehoben haben, sollten die Bemühungen Washingtons scheitern, den Atomdeal mit Iran wiederzubeleben.

Iran wandte sich nun an den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, und beklagte eine starke Zunahme der israelischen Drohungen gegen das Land. Gleichzeitig warnte die Islamische Republik vor jeglicher "Fehlkalkulation" oder "militärischen Abenteuerlust" Israels gegen Iran. Der iranische UN-Botschafter Majid Takht-Ravanchi warnte am 13. Oktober in einem Brief an den derzeitigen Präsidenten des Sicherheitsrates, dass die Zunahme von "abenteuerlichen Bedrohungen des Regimes" in den letzten Monaten ein alarmierendes Niveau erreicht habe. Das berichtete der Sender Press TV

Israel droht seit langem mit einem Angriff auf Iran. Experten halten das für weit mehr als bloßes Säbelrasseln. Die Folgen eines Angriffes sind unabsehbar. Schlimmstenfalls könnten viele andere Staaten in einen Krieg mit hineingezogen werden. In einem kürzlich veröffentlichten Bericht des Instituts für Wissenschaft und internationale Sicherheit heißt es, dass die nuklearen Fortschritte Irans seit Donald Trumps Rückzug aus dem Atomabkommen von 2015 "unumkehrbar" seien. Der Bericht, der auf Analysen öffentlicher Daten von UN-Inspektoren basierte, löste bereits innerhalb des israelischen Sicherheitsapparats eine Debatte darüber aus, ob Iran de facto zu einem "atomaren Schwellenstaat" geworden ist – der bereits über die Fähigkeit verfüge, eine Waffe zu bauen, wenn er sich in Zukunft dazu entschließen wolle. 

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