Gespräche zwischen Delegationen der USA und der Taliban in Doha geplant

Eine US-Delegation will an diesem Wochenende zum ersten Mal seit dem Abzug aus Afghanistan mit hochrangigen Vertretern der Taliban zusammenkommen. Das Treffen soll in der katarischen Hauptstadt Doha stattfinden. Bei den Gesprächen soll es etwa um weitere Evakuierungen gehen.

In Doha sollen die ersten persönlichen Gespräche von Vertretern der USA mit den Taliban seit dem Rückzug der USA aus Afghanistan stattfinden. Wie ein Sprecher des US-Außenministeriums am Abend erklärte, soll es bei dem Treffen in der katarischen Hauptstadt nicht um eine Anerkennung oder Legitimierung der Herrschaft der radikal-islamischen Gruppe in Afghanistan gehen. Vielmehr wollen die USA demnach die Taliban bei den Gesprächen dazu drängen, die sichere Ausreise aus Afghanistan von weiteren US-Bürgern sowie von deren afghanischen Verbündeten, wenn sie das Land verlassen wollen, zu gewährleisten. Es wird geschätzt, dass Dutzende von US-Amerikanern und Tausende von Afghanen und deren Familienangehörige, die für die Luftbrücke in Frage kamen, im Zuge der hektischen US-Evakuierung zurückgelassen wurden.

Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters sollen der hochrangigen US-Delegation Beamte des Außenministeriums, der US-Behörde für Entwicklungszusammenarbeit USAID und der US-Geheimdienste angehören.

Während des Treffens wollen die USA Druck auf die ultrakonservative islamistische Gruppe ausüben, damit sie "die Rechte aller Afghanen, einschließlich Frauen und Mädchen, respektiert" und "eine inklusive Regierung mit breiter Unterstützung bildet", erklärte ein Sprecher des US-Außenministeriums gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Die Taliban besetzten die Spitzenposten in der neuen, im vergangenen Monat bekannt gegebenen provisorischen Regierung Afghanistans mit Personen aus ihren eigenen Reihen, darunter ein Verbündeter des Gründers der militanten Gruppe als Premierminister und ein auf einer US-Terrorliste benannter Mann als Innenminister. Im Kabinett befinden sich keine externen Persönlichkeiten oder Frauen.

Die US-Beamten werden zudem versuchen, die Taliban davon zu überzeugen, "humanitären Organisationen freien Zugang zu den notleidenden Gebieten zu gewähren", um eine mögliche "humanitäre Krise" abzuwenden, so der Sprecher weiter. Das erste persönliche Treffen zwischen den beiden Parteien seit der chaotischen Evakuierungsaktion unter Führung der USA Ende August soll jedoch laut dem Sprecher nicht bedeuten, dass man in Washington, D.C. bereit sei, die Taliban als rechtmäßige Regierung Afghanistans anzuerkennen. Vielmehr müssten sich die Taliban die Legitimität in den Augen der politischen Eliten der USA durch ihr "eigenes Handeln" erst noch "verdienen", so der Sprecher weiter.

Die Gruppe der Taliban hat heute praktisch ganz Afghanistan unter ihrer Kontrolle. Die Taliban hatten das Land bereits in den 1990er Jahren regiert, bevor sie 2001 durch die US-Invasion die politische Macht im Land verloren. Ein hochrangiger Beamter der US-Regierung erklärte gegenüber Reuters:

"Dieses Treffen ist eine Fortsetzung der pragmatischen Gespräche mit den Taliban, die wir über Fragen von vitalem nationalem Interesse der USA geführt haben."

Während die USA die hochrangigen Gespräche erst ankündigten, berichtete der in Doha lebende Taliban-Sprecher und Kandidat für eine Vertretung in der UNO Suhail Shaheen am Donnerstag, dass er bereits ein Treffen mit Gesandten und offiziellen Vertretern mehrerer westlicher Staaten, darunter etwa der Europäischen Union (EU), Norwegens, Schwedens, der Niederlande, Italiens, Japans, Südkoreas, Kanadas, des Vereinigten Königreichs und sogar selbst der USA, in Doha hatte.

In Anlehnung an Äußerungen von US-Beamten stellte Shaheen fest, dass "das Land dringend humanitäre Hilfe benötigt", und betonte, dass die Taliban "bereit sind, mit der internationalen Gemeinschaft zusammenzuarbeiten", nachdem sie das Thema mit dem Präsidenten der afghanischen Gesellschaft des Roten Halbmonds erörtert hatten.

Beim Treffen, das vom Zentrum für Konflikt- und humanitäre Studien organisiert wurde, forderte Shaheen zudem, Afghanistan unter den Taliban nicht zu isolieren, sondern zu einem integralen Bestandteil der internationalen Gemeinschaft zu machen. In einer Erklärung auf Twitter schrieb er:

"Die Isolation Afghanistans hat sich in der Vergangenheit als gescheiterte Politik erwiesen, die niemandem genutzt hat. Das will keiner."

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