Das Europäische Gericht für Menschenrechte (EGMR) hat in einem Urteil festgestellt, dass Russland für die Ermordung Alexander Litwinenkos die Verantwortung trage. Das berichtete die BBC. Litwinenko ist ein ehemaliger Mitarbeiter des russischen Geheimdienstes FSB. Er verstarb 2006 in London, mutmaßlich an einer Vergiftung mit dem radioaktiven Stoff Polonium. Er wurde nur 46 Jahre alt.
Bei ihrem Urteil beriefen sich die Richter des EGMR auf die angebliche Weigerung Moskaus, die Vorwürfe zu widerlegen, dass der Kreml für die Ermordung verantwortlich sei. Wie das Gericht verlauten ließ, handelt es sich in diesem Fall um einen sogenannten Prima-Facie-Beweis (Beweis des ersten Anscheins). Dieser erlaubt es, von bewiesenen Tatsachen auf eigentlich noch zu beweisende Fakten zu schließen, ohne dafür jedoch direkte Beweise zu haben. In der Tat fehlen im vorliegenden Fall Beweise im engeren Sinne, die die angebliche Verantwortung der russischen Regierung für die Ermordung Litwinenkos belegen würden.
Im Jahr 2000 hatte der einstige FSB-Offizier sich zeitgleich mit seinem Gönner, dem 2013 verstorbenen Oligarchen Boris Beresowski, nach London abgesetzt, nachdem Beresowski der Korruption beschuldigt worden war. Litwinenko heuerte anschließend beim britischen Geheimdienst MI6 an.
Eine öffentliche Untersuchung im Vereinigten Königreich war im Jahr 2016 ebenfalls zu dem Schluss gekommen, dass die angebliche Ermordung "vermutlich" von dem russischen Präsidenten Wladimir Putin abgesegnet worden sei.
Die russischen Behörden haben in der Vergangenheit jedoch stets vehement jegliche Verantwortung für Litwinenkos Tod bestritten.
Im Jahr 2018 hatte die russische Generalstaatsanwalt erklärt, dass Spuren von Polonium in London bereits vor der Ankunft der beiden russischen Hauptverdächtigen nachgewiesen worden seien, die von der britischen Regierung für den Tod Litwinenkos verantwortlich gemacht werden. Diese Information gehe auf Ermittlungsergebnisse zurück, die London mit der deutschen Regierung geteilt habe.
Litwinenkos Vater hatte im gleichen Jahr erklärt, dass ein Geschäftsmann im Umfeld Beresowskis für die Ermordung seines Sohnes verantwortlich sei.
Aus dem Kreml hieß es, das Urteil sei haltlos, da dem Gericht nicht alle Informationen zu diesem Fall vorliegen. "Es ist unwahrscheinlich, dass das Europäische Gericht für Menschenrechte etwaige Befugnisse und die technologischen Fähigkeiten hat, über entsprechende Informationen zu verfügen", sagte Pressesprecher Dmitri Peskow am Dienstag. Er betonte, dass es im Rahmen der Ermittlungen immer noch keine konkreten Ergebnisse gebe. Man sei nicht bereit, solchen Urteilen Beachtung zu schenken.
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