Eine kurze Geschichte der militärischen Interventionen der USA – Teil 1 (1976–1989)

Immer wieder haben sich die USA in andere Länder eingemischt, oft durch Entsendung des Militärs, in vielen Fällen unter völliger Missachtung des Völkerrechts. Dieser Text soll zumindest über die Einsätze nach dem Ende des Vietnamkriegs einen Überblick verschaffen.

Die Vereinigten Staaten haben im Laufe ihrer Geschichte vielfach militärisch in anderen Ländern interveniert; das erste Mal bereits ab 1798, als sie im Zuge eines unerklärten Seekriegs mit Frankreich auch Landeinsätze in Puerto Rico und der Dominikanischen Republik durchführten. Sie alle darzustellen wäre eine zu umfangreiche Aufgabe. Dann stellt sich allerdings die Frage: Wo liegt eine geeignete Zäsur? Am Ende des Zweiten Weltkriegs? Am Ende des Kalten Krieges?

Bei Betrachtung der Entwicklung dieser Einsätze zeigt sich, dass die größte Zäsur das Ende des Vietnamkriegs darstellte. Zwei Gründe sprechen für diese zeitliche Begrenzung. Zum einen führte der massive innenpolitische Widerstand, der über Desertionen und Befehlsverweigerungen sehr zum Ende des Engagements in Vietnam beigetragen hatte, dazu, dass die US-Armee von einer Wehrpflichts- in eine Berufsarmee umgewandelt wurde. Das Militär vor dieser Zäsur ist also nur begrenzt mit dem Militär danach vergleichbar. Zum anderen führte diese "Kriegsmüdigkeit" tatsächlich zu einem Rückgang der militärischen Aktivitäten: "War weariness also makes future interventions less likely, a phenomenon sometimes referred to as 'Vietnam Syndrome' because the United States did not engage in new, large interventions for an extended period of time after the Vietnam war ended with a high number of U.S. casualties and an unsatisfactory outcome", heißt es in der Studie "Characteristics of Successful U.S. Military Interventions" der RAND Corporation aus dem Jahr 2019; auf Deutsch: "Kriegsmüdigkeit macht zukünftige Interventionen weniger wahrscheinlich, ein Phänomen, das manchmal 'Vietnam-Syndrom' genannt wird, weil die Vereinigten Staaten sich, nachdem der Vietnamkrieg mit einer hohen Zahl an US-Verlusten und einem unbefriedigenden Ergebnis geendet hatte, über längere Zeit in keine neuen, größeren Interventionen begaben."

Ein weiteres Problem stellen die Übergänge zwischen verdeckten und offenen militärischen Einsätzen dar. Wie viele Militärberater über welchen Zeitraum hinweg entsprechen bereits einer militärischen Intervention? Beispiele für diesen Grenzbereich liefern etwa die US-Militärberater in Angola und in El Salvador. Der erste Fall wird zwar in einigen Listen geführt, nicht aber in der offiziellen, vom US-Kongress erstellten. Der zweite taucht dort auf; er führte sogar zu einem Prozess vor dem Internationalen Gerichtshof.

Die RAND Corporation zieht in ihrer Studie eine Grenze bei hundert Personenjahren für Bodenoperationen und äquivalent für Marine-/Lufteinsätze. Die Liste des US-Kongresses führt beispielsweise für 1976 Flüge von US-Hubschraubern in den Libanon zur Evakuierung von US-Bürgern und Europäern auf, die auf der Liste von RAND fehlen. Insgesamt scheint es sinnvoll, die beiden letzten erwähnten Listen zur Grundlage zu nehmen.

Beim Betrachten einer solchen Zusammenstellung darf man zudem nie vergessen, dass sie nur einen Ausschnitt der möglichen aggressiven außenpolitischen Maßnahmen zeigt. Neben offenen militärischen Einsätzen gab und gibt es schließlich noch zahlreiche verdeckte Operationen, eingeschlossen den ganzen Bereich halbstaatlichen Handelns, der mit dem Begriff "soft power" beschrieben wird; Waffenlieferungen; unilaterale (damit völkerrechtswidrige) Sanktionen und die Kreditpolitik des Internationalen Währungsfonds mit seinen politischen Vorgaben. In vielen Fällen (wie beispielsweise beim Zweiten Irakkrieg) gehören Handlungen aus diesen Bereichen gewissermaßen zum Vorlauf der offenen militärischen Intervention.

So weit möglich, gehören natürlich auch Angaben zu den Kosten und den Folgen zu einer solchen Betrachtung. Sie liegen vor allem für die späteren Fälle vor; dann werden sie auch Teil der Darstellung. Hauptquellen dafür werden die Arbeiten des Projekts "Cost of War" an der Brown University und, für einzelne Zitate, das Buch "War – The Afterparty" von Brian Gruber sein.

1975–1979

In diesen vier Jahren finden sich nur kleinere Einsätze ohne Kampfhandlungen. 1976 wurden mehrere Schiffe der US-Marine in den Hafen der kenianischen Hauptstadt Mombasa geschickt, um einen vermeintlich drohenden Angriff aus Uganda unter Idi Amin zu verhindern, und 1979 in den Jemen, um dort die prowestliche nordjemenitische Regierung zu stützen. Beide Einsätze forderten keine Opfer.

1980

Unter der Bezeichnung "Operation Eagle Claw", Adlerklaue, schickte die Regierung Jimmy Carter acht Hubschrauber Richtung Iran, um dort die in der US-Botschaft gefangen gehaltenen Geiseln zu befreien. Von diesen acht Hubschraubern erreichten nur fünf funktionsfähig das Zielgebiet; der Einsatz wurde abgebrochen. Einer der verbliebenen Hubschrauber krachte in ein Transportflugzeug, was beide zum Absturz brachte. Acht Opfer unter den beteiligten US-Soldaten.

1981

El Salvador

Von 1981 bis 1992 verzeichnet die Liste der RAND Corporation "Advisory Assistance in Salvadoran Civil War", Beratertätigkeit im Bürgerkrieg in El Salvador. Dieser Bürgerkrieg, ein Aufstand gegen eine Militärdiktatur, kostete insgesamt 75.000 Einwohner das Leben. Nach der Liste des US-Kongresses waren 55 US-Militärberater im Land, um die Armee in der Aufstandsbekämpfung auszubilden. Lange wurde behauptet, diese Berater hätten sich von Kampfhandlungen ferngehalten.

Die US-Professorin Terry Lynn Karl, die sich jahrzehntelang mit dem salvadorianischen Bürgerkrieg befasst hat, hat allerdings inzwischen in einem Gerichtsverfahren in Salvador Beweise vorgelegt, dass US-Militärberater am Massaker von El Mozote, einem der schlimmsten Vorfälle in diesem Bürgerkrieg, beteiligt waren. In El Mozote wurden im Dezember 1981 978 Dorfbewohner von der salvadorianischen Armee ermordet, darunter 533 Kinder. Das Massaker war schon im Jahr 1982 in der US-Presse aufgedeckt worden; dennoch blieben die US-Militärberater bis 1992 aktiv.

Libyen

Am 19. August 1981 schossen Kampfflieger von der USS Nimitz über der Großen Syrte zwei libysche Kampfflugzeuge ab, von denen eines nach US-Aussagen eine hitzegelenkte Rakete abgefeuert hatte. Auf der Kongress-Liste heißt es dazu: "Die Vereinigten Staaten hielten regelmäßig Übungen zur Freiheit der Schifffahrt in den Gewässern der Großen Syrte ab, die von Libyen als Territorialgewässer beansprucht wurden, aber nach Ansicht der Vereinigten Staaten internationale Gewässer sind."

Im internationalen Seerecht wird üblicherweise eine Küstenlinie begradigt, sodass Buchten in der Regel als Eigengewässer gelten, in denen es keine Durchfahrtsrechte fremder Staaten gibt. Selbst in den Territorialgewässern gibt es zwar den Anspruch auf friedliche Durchfahrt, dieser gilt aber nicht für Kriegsschiffe fremder Nationen.

1982

Libanon

Von 1982 bis 1984 fanden mehrere Einsätze von US-Truppen im Libanon statt, in dem seit 1975 ein Bürgerkrieg herrschte. Der erste war Teil einer multinationalen Truppe, die den Abzug der PLO aus dem Libanon decken sollte. Der libanesische Bürgerkrieg ist zu komplex, um ihn kurz darzulegen; Rivalitäten zwischen dem Irak und Syrien spielten darin ebenso eine Rolle wie israelische Überfälle auf libanesisches Gebiet, die in einer jahrelangen Besatzung des Südlibanon gipfelten. Die US-Truppen spielten dabei nur eine untergeordnete Rolle, wurden aber sehr bald von der Bevölkerung als Gegner angesehen, insbesondere nachdem nach dem israelischen Einmarsch Truppen der christlichen Minderheit unter Deckung der Israelis im September 1982 ein Massaker in den palästinensischen Flüchtlingslagern Sabra und Schatila anrichteten.

Bei nachfolgenden Angriffen durch Selbstmordattentäter kamen 241 US-Soldaten um. Im Februar 1984 wurden die US-Einheiten schließlich abgezogen. Bis 2005 waren syrische Truppen im Libanon stationiert, die letztlich die konkurrierenden Milizen entwaffneten und den libanesischen Bürgerkrieg vorerst beendeten, der gegenwärtig wieder aufzuleben scheint.

Informationen über Opfer der US-Truppen im Libanon liegen nicht vor. Die einzige Frage, die sich stellt, ist, ob die Massaker von Sabra und Schatila ohne den vorhergehenden Abzug der PLO stattgefunden hätten.

1983

Honduras

Seit 1983 hält die US-Armee Manöver in Honduras ab. In der RAND-Studie steht dazu: "Contra/Salvadoran/Honduran/Panamanian/Costa Rican training"; es ging also auch um die Ausbildung der Contra-Truppen in Nicaragua. Bei dem ersten dieser Manöver kamen laut New York Times 4.000 Mann Bodentruppen und zwei Flugzeugträgergruppen zum Einsatz. Diese Manöver gehören mit zu der US-Beteiligung in den Bürgerkriegen in Nicaragua und El Salvador, da an diesen Kriegen beteiligte Truppen mit ausgebildet wurden.

Zeitgleich mit diesen Manövern verminte die CIA Häfen in Nicaragua. Allerdings wurden Handelsschiffe Opfer dieser Minen. Daraufhin untersagte der Kongress weitere Unterstützung der Contras. Das führte letztlich zur Iran-Contra-Affäre.

Von 1983 bis 1985 unterhielten die USA gemeinsam mit Honduras ein Ausbildungslager, das aber vor allem für die salvadorianische Armee genutzt wurde. Im Juli 1983 befanden sich dort 270 US-Militärberater.

Von Februar bis Mai 1985 gab es ein weiteres großes Manöver, an dem 39 US-Kriegsschiffe und 7.000 US-Soldaten teilnahmen, unter dem fiktiven Szenario einer nicaraguanischen Invasion in Honduras. Im Mai 1987 erfolgte ein weiteres Großmanöver unter Beteiligung von 100 Hubschraubern mit US-Luftlandekräften; die Länderbeschreibung der Library of Congress schreibt dazu: "Diese Manöver prüften die Fähigkeit der Armee, der Marine, des Marinekorps, der Luftwaffe und der Küstenwache, miteinander für eine große Operation zu mobilisieren und in ihr zusammenzuarbeiten, was ebenfalls dazu gedacht war, eine logistische Infrastruktur für die Contras zu errichten, die in Honduras saßen. Daniel José Ortega Saavedra, damals Präsident von Nicaragua, beschuldigte die Vereinigten Staaten, eine Invasion in seinem Land zu planen."

Seit 1983 unterhalten die USA in Honduras den Luftwaffenstützpunkt Enrique Soto Cano, der mit Hunderten von Millionen US-Dollar zum modernsten Stützpunkt in Mittelamerika ausgebaut wurde und über den auch die Kommunikation mit den nicaraguanischen Contras lief. Der Stützpunkt wird bis heute von den USA genutzt, obwohl die honduranische Verfassung die Stationierung ausländischen Militärs auf honduranischem Boden verbietet.

Grenada

Auf der kleinen Karibikinsel mit etwas über 100.000 Einwohnern, die formell nach wie vor zu Großbritannien gehört und deren Hauptwirtschaftszweige der Tourismus und der Export von Muskatnüssen sind, gab es 1979 eine unblutige Revolution, die Maurice Bishop an die Macht brachte. Wie so viele andere vor ihr (Vietnam, Kuba) versuchte auch diese Regierung, zwischen den Blöcken des Kalten Krieges neutral zu bleiben, stieß aber bei den USA auf taube Ohren; diese setzten sogar unbewiesene Behauptungen in die Welt, auf Grenada werde der kubanischen Luftwaffe ein Flughafen und für sowjetische U-Boote ein Hafen gebaut. Der IWF wurde dazu gebracht, der Insel Kredite vorzuenthalten. Nachdem Bishop nach einer Reise in die USA von innerparteilichen Konkurrenten abgesetzt und ermordet worden war, nutzten die USA eine (nicht mit der britischen Regierung abgesprochene) Bitte des britischen Gouverneurs zum Vorwand, um auf Grenada einzumarschieren.

Insgesamt 7.000 US-Soldaten landeten auf der Insel, deren gesamtes Militär nur 1.200 Mann hatte, und eroberten sie innerhalb von vier Tagen. Die Kämpfe kosteten 19 von ihnen, aber 45 Einwohner von Grenada und 25 Kubaner das Leben. Die Invasion führte zu Verstimmungen zwischen den USA und Großbritannien; die britische Regierungschefin Margaret Thatcher schrieb dazu an US-Präsidenten Ronald Reagan: "Diese Aktion wird als Einmischung eines westlichen Landes in die inneren Angelegenheiten einer kleinen, unabhängigen Nation angesehen werden, egal wie unbeliebt ihr Regime auch sein mag. Ich bitte Sie, dies im Zusammenhang der allgemeinen Ost-West-Beziehungen und der Tatsache zu bedenken, dass wir in den nächsten Tagen in unseren Parlamenten die Standortwahl für Marschflugkörper in diesem Land präsentieren werden. Ich kann nicht verhehlen, dass ich tief beunruhigt von Ihrer jüngsten Mitteilung bin." Selbst Reagan gab später zu, dass die USA kein Recht gehabt hätten, sich in Grenada einzumischen.

1985

Vier Palästinenser entführten am 7. Oktober das italienische Kreuzfahrtschiff Achille Lauro auf dem Weg von Alexandria nach Port Said. Die Entführung war eine Panikreaktion; sie hatten einen Anschlag in Israel durchführen wollen, waren aber von der Besatzung entdeckt worden, woraufhin sie das Schiff kaperten. Sie verlangten die Freilassung in Israel gefangener Palästinenser; nach tagelanger Irrfahrt im Mittelmeer legte das Schiff schließlich in Port Said an, die Geiseln kamen frei, und die Entführer wurden in einer ägyptischen Passagiermaschine mit Ziel Algier ausgeflogen. Vier US-Kampfflugzeuge fingen das Flugzeug ab und zwangen es zur Landung auf Sizilien.

Der sizilianische Militärflughafen Sigonella gehört der italienischen Luftwaffe, dort sind aber ebenfalls US-Einheiten stationiert. Als das Flugzeug mit den Entführern landete, wurde es sofort von Angehörigen der italienischen Luftwaffe umstellt; um sie herum standen 50 Mann von US-Spezialeinheiten, die unmittelbar nach dem Flugzeug gelandet waren. Ihr Auftauchen begründeten die USA damit, dass die Entführer einen US-Bürger erschossen hatten.

Die italienische Regierung war vor dieser Aktion nicht befragt worden, und zur Verteidigung der italienischen Souveränität wurden das Flugzeug und die 50 US-Soldaten ihrerseits von italienischen Soldaten und Carabinieri umstellt. Der US-amerikanische und der italienische Kommandeur lieferten sich heftige Wortgefechte; sie standen kurz vor Schusswechseln. Nach fünf Stunden Verhandlung zogen die US-Amerikaner ab; die italienische Polizei nahm mit Zustimmung der Ägypter die Entführer fest. PLO-Funktionäre, die an den Verhandlungen beteiligt und im Flugzeug mitgeflogen waren, erhielten von der italienischen Regierung freies Geleit, was die US-Regierung zutiefst empörte. Nachdem die Maschine in Rom gelandet war, landete ein weiteres US-Militärflugzeug, das behauptete, in einer technischen Notlage zu sein, und sich dann vor die ägyptische Maschine stellte, um sie am Abflug zu hindern. Erst, als der Kommandeur des Flugplatzes erklärte, sie mit Bulldozern zur Seite räumen zu wollen, zog sich auch diese US-Maschine zurück.

Die italienische Regierung hatte ein nachvollziehbares Interesse an einer möglichst friedlichen Regelung, weil die ägyptische Regierung erklärt hatte, das italienische Schiff dürfe den ägyptischen Hafen erst wieder verlassen, wenn das ägyptische Flugzeug zurückgekehrt sei. Die Besatzung des Kreuzfahrtschiffes war weitgehend italienisch. Die Straftat selbst hatte nach internationalem Recht auf italienischem Hoheitsgebiet stattgefunden, weshalb auch Italien das Recht zur Strafverfolgung hatte.

Der damalige italienische Regierungschef Bettino Craxi war an sich ein treuer Parteigänger der NATO, aber eine derartige Preisgabe der Souveränität konnte er sich politisch nicht leisten. Im italienischen Parlament erklärte er: "NATO-Stützpunkte in Italien können von unseren Verbündeten nur für die spezifischen Zwecke der Allianz genutzt werden." Was in Sigonella geschehen sei, dürfe sich "im Interesse beider Länder und der NATO nie wiederholen".

1986

Libyen und ein kleiner Exkurs ins Völkerrecht

Im Januar und Februar 1986 hielten die USA Flottenmanöver in der Nähe der libyschen Küste ab. Am 24. März fuhren von den zwei anwesenden Flugzeugträgergruppen ein Kreuzer und zwei Zerstörer in die von Libyen beanspruchte Große Syrte. Mehrere libysche Patrouillenboote fuhren ihnen entgegen; zwei davon wurden im Verlauf der Auseinandersetzungen versenkt. Libyen erklärte, es habe drei US-Kampfflugzeuge abgeschossen, was die USA aber nicht bestätigten.

Am 14. April bombardierten die USA Tripolis und Bengasi. Der Angriff geschah als Reaktion auf den Anschlag auf die Berliner Diskothek La Belle am 5. April, bei dem ein US-Soldat umgekommen war und 50 weitere verletzt worden waren. Die USA erklärten, sie hätten Belege dafür, dass der Anschlag über die libysche Botschaft in der DDR organisiert worden sei.

Bei dem Angriff starben mindestens 30 libysche Zivilisten, nach anderen Angaben bis zu 100. Auch die Botschaften mehrerer Staaten wurden beschädigt. Das Bombardement dauerte eine halbe Stunde. Eines der Ziele war der Wohnsitz Muammar al-Gaddafis; eine seiner Stieftöchter wurde getötet, zwei seiner Söhne verletzt. Es wird angenommen, dass die Ermordung Gaddafis eines der Ziele dieses Angriffs war.

Die US-Regierung rechtfertigte diesen Angriff als Selbstverteidigung. Auch wenn im Nachklang mehrere US-Autoren (hier und hier) dies übernahmen, blieb diese Begründung völkerrechtlich fragwürdig. Denn die Charta der Vereinten Nationen lässt den Einsatz militärischer Gewalt nur dann zu, wenn kein anderes Mittel möglich ist, und das Recht auf Selbstverteidigung findet sich darin gewissermaßen als Relikt des Überkommenen (in beiden verlinkten Aufsätzen kann man die Argumentationen hierzu finden). Hinzu kommt, dass die USA durch ihre beständigen Drohmanöver vor der libyschen Küste den Konflikt selbst verschärft hatten.

Die europäischen Staaten waren, mit Ausnahme der Briten, nicht bereit, der US-Argumentation zu folgen und den Angriff zu unterstützen. Frankreich, Italien und Spanien verweigerten jenem Teil der US-Bomber, der aus Großbritannien kam, die Überfluggenehmigung, sodass sie über die Straße von Gibraltar ins Mittelmeer einfliegen mussten. Der Angriff wurde im November 1986 von der Vollversammlung der Vereinten Nationen mehrheitlich verurteilt; eine Verurteilung im UN-Sicherheitsrat scheiterte am US-amerikanischen Veto.

Im Juli 1986 erging ein Urteil des Internationalen Strafgerichtshofs gegen die Vereinigten Staaten zur Klage Nicaraguas wegen der Angriffe der Contras. Interessant ist hierbei, dass die Vereinigten Staaten sich auch in diesem Fall, wie beim Angriff auf Libyen, auf Selbstverteidigung beriefen. Das Gericht entschied aber u. a., "dass die Vereinigten Staaten von Amerika, indem sie die Contra-Truppen ausbildeten, bewaffneten, ausrüsteten, finanzierten und versorgten oder anderweitig militärische und paramilitärische Aktivitäten in und gegen Nicaragua ermutigten, unterstützten und ihnen halfen, unter Bruch ihrer völkerrechtlichen Verpflichtung, sich nicht in die Angelegenheiten anderer Staaten einzumischen, gehandelt haben".

Dieses Urteil ist insofern relevant, als der Vorwurf, den die USA gegen Libyen erhoben, Terroristen zu fördern und auszubilden, die die USA attackierten und selbst zu solchen Angriffen zumindest Beihilfe zu leisten, rechtlich exakt dasselbe ist, was Nicaragua in diesem Verfahren den USA vorgeworfen und nachgewiesen hatte – die Unterstützung, Finanzierung und Ausbildung terroristischer Gruppen, die sich gegen Nicaragua gerichtet hatten. Mit dem Unterschied, dass die Zahl der Opfer in Nicaragua wesentlich höher lag.

Dieses Urteil hatte für die USA keine spürbaren Folgen, da sie durch ihr eigenes Veto eine Resolution des UN-Sicherheitsrats blockierten, die die Umsetzung sichern sollte. Reparationen an Nicaragua wurden nie geleistet. Diese beiden parallelen Ereignisse des Jahres 1986 fixieren allerdings einen Moment, in dem eine Bewegung hin zu einem stringenteren Völkerrecht ihren Höhepunkt erreicht (im besagten Urteil) und gleichzeitig eine Tendenz hin zu einer arbiträren Sicht ihren Ausgang nimmt (mit dem US-amerikanischen Angriff auf Libyen).

1988-1990

Panama

Panama war bis 1903 eine Provinz Kolumbiens gewesen; die Abtrennung, die durch einen US-Militäreinsatz ausgelöst wurde, fand allerdings die Zustimmung der Bevölkerung, die sich davon bessere Entwicklungsmöglichkeiten versprach. Beim Vertrag über den Panamakanal wurden die Panamaer allerdings von den USA über den Tisch gezogen – Letztere behielten sich die volle Kontrolle über den Kanal sowie einen Landstreifen von 16 Kilometer Breite um diesen herum vor, auf unbestimmte Zeit. Diese Kontrolle wurde erbittert verteidigt – 1964 erschossen die US-Truppen 24 panamaische Studenten, die versuchten, in der Kanalzone die Flagge Panamas zu hissen.

Omar Torrijos, Chef der (progressiven) Militärjunta von 1969 bis 1978, brachte mit jahrelangen diplomatischen Bemühungen 1977 US-Präsident Carter dazu, einen Vertrag zu unterzeichnen, der die Rückgabe des Kanals an Panama auf das Jahr 1999 festlegte.

Manuel Noriega war ein enger Mitarbeiter Torrijos', aber zugleich langjähriger CIA-Agent, was womöglich auf seine Ausbildungszeit in der School of the Americas zurückgeht, einer damals in Panama angesiedelten Brutstätte künftiger Militärdiktatoren. Nach Torrijos' Rücktritt wurde er zur grauen Eminenz von Panama; das heißt, er hatte offiziell keine Regierungsposition, kontrollierte aber die Regierung. So beschreibt ihn ein Interviewpartner Grubers in Panama: "Noriega spielte eine wichtige Rolle für die USA, weil er Beziehungen zu den Guerillas in Kolumbien und linken Bewegungen in Zentral- und Südamerika hatte. Er war dafür zuständig, durch den Drogenhandel in Kolumbien die Gelder für die Contras in Nicaragua aufzutreiben. (…) Irgendwann fand er Geschmack daran. (…) Er spionierte weiter für die CIA, so weit er musste, und dann arbeitete er für sich selbst. Er finanzierte die Guerillas, linke Bewegungen, die Sandinisten, weil er außerdem Waffenhändler war. Er arbeitete mit jedem. Am Ende des Tages verkaufte er an den Teufel und jeden, der mit ihm Geschäfte machen wollte." Hauptgrund für die plötzliche Abneigung der USA gegen Noriega dürfte aber der Rückgabevertrag gewesen sein, den sowohl Reagan als auch George Bush sen. ablehnten.

1988 wurde die Zahl der damals noch legal am Panamakanal stationierten US-Soldaten das erste Mal um 1.000 erhöht. Im Mai folgten weitere 1.900 US-Soldaten. Diese zusätzlichen Truppen hielten ständige Manöver in der Kanalzone ab (Operation Nimrod Dancer). Am 21. Dezember 1989 schließlich landeten US-Luftlandetruppen in Panama (Operation Just Cause), laut Präsident Bush mit dem Ziel, "amerikanische Leben zu schützen, die Demokratie in Panama zu verteidigen, Drogenhandel zu bekämpfen und die Integrität des Panamakanalvertrags zu schützen". Das Land wurde von 27.684 US-Soldaten mit über 300 Flugzeugen innerhalb von drei Tagen erobert.

Grubers Gesprächspartner berichtet: "Als wir das erste Mal in die Stadt kamen, zehn Tage nach der Invasion, waren die militärischen Hauptquartiere dem Erdboden gleichgemacht. Die USA probierten in Panama eine Menge Ausrüstung erstmalig aus, und sie verfehlten Ziele, und eine Menge unschuldiger Menschen starben." Menschenrechtsorganisation sprachen von bis zu 3.000 Opfern.

Zuvor hatte es zwei Putschversuche gegen Noriega gegeben. Beide Male wollten die putschenden Offiziere ihn den USA übergeben; beide Male wollten diese ihn nicht haben, und die Putsche scheiterten letztlich. Das ist das deutlichste Indiz dafür, dass die Vergehen Noriegas nur ein Vorwand waren. Seit der Invasion besitzt Panama kein Militär mehr. Damit ist die souveräne Kontrolle über den Kanal, der vertragsgemäß am 31. Dezember 1999 an Panama überging, zumindest massiv geschwächt.

Die Vollversammlung der Vereinten Nationen erklärte die Invasion zu einer "schamlosen Verletzung des Völkerrechts". Ein wortgleicher Beschluss im UN-Sicherheitsrat scheiterte an den Vetos der USA, Frankreichs und Großbritanniens.

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