Jede Minute landet Plastik in der Größenordnung einer gesamten Müllwagenladung im Wasser. Das seit Jahren bemängelte Problem wird nicht in entsprechendem Maße zu lösen versucht. Während Umweltschutzorganisationen schlimme Voraussagen über die Zukunft der Meere und ihre Bewohner treffen, bestellen Millionen Menschen weiterhin in Plastik verpackte Waren aus dem Internet, die allein schon 900 Millionen Kilogramm Müll hinterlassen.
400 Millionen Tonnen Kunststoff sollen jährlich produziert werden, die in erster Linie für die Herstellung von Einwegprodukten und Verpackungen genutzt werden. Nach weniger als einem Monat ist die Hälfte der Plastikprodukte nur noch Müll. Vieles davon landet direkt oder über Zuläufe in den Ozeanen und wird von Fischen, Vögeln und Schildkröten mit Nahrung verwechselt, was oft zu einem leidvollen Ableben führt. Über 800 Tierarten, die in Meeren oder Küstenbereichen leben, werden vom Plastik stark negativ beeinträchtigt. Die Tiere verhungern nach dem Verzehr häufig, da sie sich gesättigt fühlen, Verstopfungen bekommen oder qualvoll ersticken.
Nach Schätzungen der Umweltorganisation WWF nehmen jetzt schon 46.000 Plastikmüllteile auf einem Quadratkilometer Meer ihren Platz ein. Bis 2050 könnte der Abfall aus Plastik mehr Gewicht als das von allen lebenden Fischen zusammengerechnet auf die Waage bringen, und vermutlich wird in den Mägen nahezu aller Meeresvögel dann Plastik zu finden sein. Schon heute verendet eine Million Seevögel im Jahr aufgrund des Verzehrs von schwimmendem Plastikmüll. Zusätzlich sterben circa 100.000 Meeressäuger durch die unterschiedlichsten Verschmutzungen in ihren Lebensräumen, die auch durch die Fischerei in den Gewässern landen.
Allein im Nordpazifik soll eine Fläche von 1,6 Millionen Quadratkilometern von einem Müllteppich bedeckt sein, was der vierfachen Größe Deutschlands entspricht. Weniger sichtbar, aber nicht unschädlicher für das Leben im Meer ist das Meeresorganismen schädigende Mikroplastik, das unter anderem in Kosmetik- oder ausgewählten Industrieprodukten Verwendung findet. Auch durch Zerfall oder Abrieb von größeren Plastikteilen, beim Waschen von Kunststofffasern oder beim Reifenabrieb entstehen die Mikroplastikpartikel, die mittlerweile in vielen Fischarten nachgewiesen werden konnten und nach Laborversuchen bei erhöhter Konzentration eine schädigende Auswirkung auf Meeresorganismen wie Muscheln haben.
Durch die langsame Zersetzung des Plastiks aufgrund der Einwirkung von Salzwasser, Sonne und Reibung werden ebenfalls noch giftige Inhaltsstoffe freigesetzt. Auch haben Kunststoffpartikel die Eigenschaft, auf ihrer Oberfläche im Wasser gelöste Umweltgifte wie DDT und PCB zu akkumulieren. Zu den größten Ursachen für die Verschmutzung der Meere zählt neben der massenhaften Verwendung von Einwegplastik auch die fehlende Struktur in der Müllbeseitigung zwecks weiterer Verarbeitung von Abfällen. Weniger als 50 Prozent werden in Schwellen- und Entwicklungsländern eingesammelt, wobei es in den ländlichen Regionen weitaus weniger ist. Aufgrund der fehlenden Mittel kann die Müllsammlung, die Entsorgung oder das Recycling nicht öffentlich finanziert werden, und gewinnorientierte Unternehmen beteiligen sich nicht an aufkommenden Kosten.
Selbst Big Player wie Amazon, das laut Meerschutzorganisation Oceana jährlich für 211 Millionen Tonnen Verpackungsmüll aus dem Internethandel verantwortlich sein soll, kümmert die Berechnungsmethode der Daten durch die Organisation mehr als eine Behebung der Umstände. Man habe das Gewicht der Versandpackungen bereits um ein Drittel reduziert, heißt es bei dem Unternehmen, dessen Gründer im Juli 2021 an nur einem Tag sein Privatvermögen um 8,4 Milliarden Dollar steigern konnte.
Dass ein Großteil der Menschen in ärmeren Ländern aufgrund fehlender Infrastruktur den hinterlassenen Müll nicht entsorgen kann, führt zum Auftürmen des Abfalls an Land und wird besonders in Südostasien über Flüsse massenhaft ins Meer gespült. Die Fischerei und Schifffahrt ist für weitere Verschmutzungen verantwortlich, da entgegen der Gesetze oft einfach das Meer genutzt wird, um sich der Abfälle an Bord zu entledigen. Rund ein Zehntel des in den Meeren schwimmenden Plastiks soll aus der Fischerei stammen, wobei hier besonders verlorene Netze eine lebensbedrohliche Falle für die Bewohner der Ozeane darstellen.
Wie schwerwiegend die Langzeitfolgen der Verschmutzung der Meere für alle Bewohner der Erde ausfallen, lässt sich anhand der Daten schnell begreifen. Wenn ein Großteil der Lebewesen verseucht wird, keinen artgerechten Lebensraum mehr in der Natur geboten bekommt und verendet, werden die Folgen auch für die Krone der Schöpfung schnell spürbar werden. Nahrungsmittel aus dem Ozean werden knapp, Arbeitsplätze sind dann ebenfalls vom Aussterben bedroht. Touristen fahren lieber wieder in die Berge. Eine Kausalkette der Verwüstungen wird unaufhaltsam und ebenfalls hart den sich noch in Sicherheit wiegenden, Fische verzehrenden Homo sapiens treffen.
Welche Auswirkungen das Plastik im Meer jedoch jetzt schon auf kleine Lebewesen hat, kann beispielhaft an einem aktuellen Fall in Thailand gezeigt werden. Eine am Donnerstag geröntgte Meeresschildkröte, die im letzten Monat auf der Insel Phuket gerettet wurde, hatte mehr als 150 verspeiste Plastikteile in ihrem Verdauungstrakt. Eine Laboruntersuchung ergab, dass die Schildkröte Komplikationen im Darm hatte, die möglicherweise durch die vielen Abfälle verursacht worden waren, die sie gefressen hatte. In den Fäkalien der Schildkröte wurden hauptsächlich Plastikabfälle und andere Materialien wie Fasern und Stoffbänder gefunden.
Thailand gilt aufgrund der dort leichtgängigen Entsorgung von Plastik als zehntgrößter Verschmutzer der Meere. Deutschland zählt nach den USA zum zweitgrößten Exporteur der eigentlich schwer zu entsorgenden Einwegabfälle, die in der Regel dann aber wieder in den Ländern landen, wo eine fehlende Infrastruktur einer fachgerechten Beseitigung entgegenwirkt.
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