Er gilt in den Vereinigten Staaten als ein "amerikanischer Held". Die Rede ist vom pensionierten US-Soldaten Robert O'Neill, der nach eigenen Angaben Osama bin Laden erschossen hat. In den vergangenen Tagen äußerte sich das ehemalige Mitglied der US-Eliteeinheit Navy Seals empört über die Maßnahmen der US-Administration, während die Taliban in den vergangenen Tagen den USA ihre Niederlage im Land am Hindukusch deutlich vor Augen führten.
Am Sonntag, dem 15. August, wurde Kabul von den Taliban eingenommen, nachdem der afghanische Präsident Aschraf Ghani zuvor aus dem Land geflohen war. Angesichts dessen teilte O'Neill auf dem Kurznachrichtendienst Twitter eine Schlagzeile der britischen Daily Mail: Nach 20 Jahren sei Afghanistan innerhalb weniger Tage aufgegeben worden, heißt es dort. Und weiter: "Wofür zum Teufel sind sie (die Soldaten der USA und ihrer Verbündeten) alle gestorben?"
An die Adresse von US-Präsident Joe Biden adressiert, kommentiert der ehemalige Elitesoldat die Schlagzeile:
"Für was auch immer es gut war. Das bricht mir das Herz."
Auch aufgrund der Tatsache, dass sich die US-Regierung nach 20 Jahren Krieg überrascht vom schnellen Vorrücken der Taliban und deren Einnahme der afghanischen Hauptstadt Kabul zeigte, ist O'Neill alles andere als gut auf den amtierenden US-Präsidenten und das Pentagon zu sprechen. Auf Twitter fragt O'Neill (rhetorisch):
"Sind schon irgendwelche unserer Generäle und Admiräle aus Schande zurückgetreten?"
Nur wenige Minuten später ergänzt er, dass all seine "Kameraden, die umsonst gestorben sind", von der aktuellen US-Regierung "angeekelt" seien.
O'Neill entpuppt sich in seinem Zorn als Freund einer deftigen Ausdrucksweise. Der Navy Seal ist überzeugt: "Alles, was (US-)Demokraten anpacken, wird zu Scheiße. Beweist mir das Gegenteil."
Nach der Übergabe Kabuls an die Kämpfer der Taliban ordneten die USA und ihre Verbündeten hektische und größtenteils chaotische Rettungsmaßnahmen für vor Ort verbliebenes Personal und im Kampf gegen die Taliban angeheuerte Afghanen an. Dabei erreichten verstörende Bilder vom Flughafen in Kabul die Weltöffentlichkeit. Sich erneut auch an die Führungsetage des US-Militärs wendend, ätzt O'Neill:
"Da stürzen Afghanen von unseren sich entfernenden Flugzeugen aus in den Tod. Ist @thejointstaff schon zurückgetreten?"
Auf Parallelen zum Vietnamkrieg angesprochen, erklärte US-Präsident Biden vor wenigen Tagen, dass es im Falle Afghanistan nicht so weit kommen werde, dass eigenes Personal vom Dach der US-Botschaft evakuiert werden müsste. Die US-Kriege in Vietnam und Afghanistan seien demnach in keiner Weise vergleichbar. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Taliban Afghanistan überrennen, sei zudem gering. Doch gesetzt den Fall, dass dies geschehe, trage er keinerlei Verantwortung, so der US-Präsident.
O'Neill teilt einen Zusammenschnitt der Aussagen Bidens und fragt (erneut rhetorisch): "Irgendetwas dazu @CNN? Ihr seid Teil des Problems."
Im Hinblick auf das Chaos in Afghanistan nach 20 Jahren Krieg und das mutmaßlich zögerliche Handeln der US-Administration kommentiert der ehemalige US-Soldat mit ironischem Unterton:
"Dies ist der größte Misserfolg in der (US-)amerikanischen Geschichte. Der beliebteste Präsident ist abgetaucht. Beweist mir das Gegenteil."
Angesichts der Bilder von Kämpfern der Taliban im Palast des geflohenen afghanischen Präsidenten Aschraf Ghani fragt O'Neill:
"Die Taliban-Führung befindet sich im Präsidentenpalast in Kabul. Warum bombardieren wir ihn nicht sofort?"
Der US-Präsident sei "ein Desaster", ist sich der Ex-Soldat sicher.
O'Neill nimmt für sich in Anspruch, den saudischen Terroristen Osama bin Laden 2011 im Rahmen der Operation Neptune's Spear (Neptuns Speer) im pakistanischen Abbottabad erschossen zu haben. Dem amtierenden US-Präsidenten Joe Biden wirft er vor, das Unternehmen nicht unterstützt zu haben.
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