Israel ruft nach Unterzeichnung von Entschädigungsgesetz in Polen seinen Gesandten zurück

Israel hat die Änderung des polnischen Verwaltungsgesetzes scharf kritisiert. Demnach hindert das Gesetz die Juden daran, für den Verlust von Eigentum während des Holocaust entschädigt zu werden. Der designierte Botschafter wird vorerst nicht nach Polen reisen.

Der israelische Ministerpräsident Naftali Bennett hat die Änderung des polnischen Verwaltungsgesetzes scharf kritisiert. Wie der Politiker in einer am Samstagabend veröffentlichten Mitteilung sagte, sei dies ein "schwerwiegender Schritt", der Israel nicht gleichgültig lassen könne. Das Gesetz hindere Juden daran, für den Verlust von Eigentum während des Holocaust entschädigt zu werden. Israel bedauere, dass Polen die Wahl getroffen habe, "weiterhin denen zu schaden, die alles verloren haben".

Erste Reaktionen auf die Unterzeichnung des Gesetzes gab es bereits am Samstag: Der israelische Außenminister Jair Lapid rief noch am Abend den Gesandten der israelischen Botschaft in Warschau "zu unbefristeten Beratungen" zurück. In einer Stellungnahme sagte der israelische Chefdiplomat:

"Polen hat heute – nicht zum ersten Mal – ein antisemitisches und unethisches Gesetz erlassen. Der neue Botschafter, der in Kürze nach Warschau aufbrechen sollte, wird zu diesem Zeitpunkt nicht nach Polen reisen."

Das Außenministerium werde zudem empfehlen, dass der polnische Botschafter in Israel in seinem derzeitigen Heimaturlaub bleibe. Israel führe Gespräche mit den USA, um künftige Reaktionen abzusprechen.

Das polnische Außenministerium bezeichnete die Entscheidung Israels als grundlos und kündigte eine politische und diplomatische Gegenreaktion an. Die Handlungen Israels würden den bilateralen Beziehungen einen ernsten Schaden hinzufügen.

Das in der vorangegangenen Woche im Parlament verabschiedete und am 14. August vom polnischen Präsidenten Andrzej Duda unterzeichnete Gesetz tritt in zwei Wochen in Kraft. In der Gesetzesänderung heißt es unter anderem, dass Verwaltungsentscheidungen nach Ablauf einer Frist von 30 Jahren nicht mehr gerichtlich angefochten werden können. Israel befürchtet Auswirkungen auf mögliche Entschädigungen von Opfern des Holocaust.

Vor dem Zweiten Weltkrieg hatte Polen die größte jüdische Diaspora Europas. Dreieinhalb Millionen Menschen, ein Zehntel der polnischen Bevölkerung, waren Juden. Während der deutschen Besatzung kamen rund drei Millionen polnischer Juden in den Vernichtungslagern, Ghettos oder bei den "Sonderaktionen" der Nationalsozialisten ums Leben. Nach dem Zweiten Weltkrieg verstaatlichen die damaligen polnischen Behörden zahlreiche Häuser und Grundstücke, deren Eigentümer getötet oder aus dem Land geflohen waren.

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(dpa)