Die Emissionen des Amazonas-Regenwaldes belaufen sich laut der Studie auf eine Milliarde Tonnen Kohlendioxid CO₂ pro Jahr. Der riesige Regenwald war bisher eine Kohlenstoffsenke, die die Emissionen absorbierte, doch jetzt beschleunige er den Klimawandel noch, so meinen die Forscher. Denn der größte Teil der Emissionen werde durch Brände verursacht, von denen viele absichtlich gelegt werden, um durch Brandrodung Land für die Rindfleisch- und Sojaproduktion zu gewinnen. Aber auch ohne die Brände bewirken höhere Temperaturen und Dürren, dass das südöstliche Amazonasgebiet zu einer CO₂-Quelle wird.
Das Wachstum von Bäumen und Pflanzen nahm seit 1960 etwa ein Viertel aller Emissionen aus fossilen Brennstoffen in der Welt auf, wobei das Amazonasgebiet als größter tropischer Wald eine bedeutende Rolle spielte. Der Verlust dieser Fähigkeit rund um den Amazonas, CO₂ zu binden, sei eine deutliche Warnung, dass die Verringerung der Emissionen aus fossilen Brennstoffen dringender denn je werde, so die Wissenschaftler.
Die Forscher nutzten kleine Flugzeuge, um den CO₂-Gehalt in bis zu 4.500 Meter Höhe über dem Regenwald im Verlaufe des letzten Jahrzehnts zu messen. Frühere Studien, die darauf hinwiesen, dass das Amazonasgebiet zu einer CO₂-Quelle würde, basierten auf Satellitendaten, die aber durch Wolkenbedeckung auch beeinträchtigt werden können. Oder sie beruhten auf Statistik aus Bodenmessungen an Bäumen, die nur einen winzigen Teil der riesigen Region abdecken konnten.
Laut den Forschern sei die Entdeckung besonders beunruhigend, dass auch ohne Brände ein Teil des Amazonasgebiets Kohlenstoffdioxid (CO₂) emittiert. Sie erklärten, dies sei höchstwahrscheinlich das nachwirkende Ergebnis der alljährlich fortschreitenden Abholzung und Brände, die die angrenzenden Wälder in den folgenden Jahren anfälliger machten. Die Bäume produzierten durch Verdunstung einen Großteil des Regens in der Region, sodass weniger Bäume mehr schwere Dürren und Hitzewellen sowie mehr Baumsterben und Brände bewirken würden.
"Es braucht ein globales Abkommen"
Die Regierung des brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro wird von den Wissenschaftlern scharf dafür kritisiert, die Abholzung zu fördern. Sie ist auf ein 12-Jahres-Hoch angestiegen, während die Brände im Juni den höchsten Stand seit 2007 erreichten. Luciana Gatti vom Nationalen Institut für Weltraumforschung in Brasilien und Leiterin der Studie sagte:
"Die erste sehr schlechte Nachricht ist, dass Waldbrände etwa dreimal mehr CO₂ produzieren als der Wald absorbiert. Die zweite schlechte Nachricht ist, dass die Orte, an denen die Abholzung 30 Prozent oder mehr beträgt, 10-mal höhere Kohlenstoffemissionen aufweisen als Orte, an denen die Abholzung weniger als 20 Prozent beträgt."
Weniger Bäume bedeuteten weniger Regen und höhere Temperaturen, was die Trockenzeit für den verbleibenden Wald noch schlimmer mache, sagte sie. Und sie ergänzte:
"Wir haben einen sehr negativen Kreislauf, der den Wald anfälliger für unkontrollierte Brände macht."
Ein Großteil des Holzes, des Rindfleisches und des Sojas aus dem Amazonasgebiet werde von Brasilien exportiert. "Wir brauchen ein globales Abkommen, um den Amazonas zu retten", sagte Gatti. Einige europäische Nationen haben angekündigt, ein EU-Handelsabkommen mit Brasilien und anderen Ländern zu blockieren, sollte Bolsonaro nicht zustimmen, mehr gegen die Zerstörung des Amazonas zu tun.
Für die in der Fachzeitschrift Nature veröffentlichte Studie wurden von 2010 bis 2018 an vier Standorten im brasilianischen Amazonasgebiet 600 vertikale Profile von CO₂ und Kohlenmonoxid (CO), die durch die Brände erzeugt werden, aufgenommen. Es wurde festgestellt, dass die Brände etwa 1,5 Mrd. Tonnen CO₂ pro Jahr produzieren, während das Waldwachstum 0,5 Mrd. Tonnen wieder absorbiert. Die eine Milliarde Tonnen Überschuss, die in der Atmosphäre verbleiben, entsprechen den jährlichen Emissionen von ganz Japan als dem fünftgrößten Emissionen-Produzenten der Welt.
Eine im April veröffentlichte internationale Satellitenstudie ergab, dass das brasilianische Amazonasgebiet in den letzten zehn Jahren fast 20 Prozent mehr Kohlendioxid in die Atmosphäre abgegeben hat als es absorbierte. Forschungen, die 300.000 Bäume über 30 Jahre hinweg verfolgten und im Jahr 2020 veröffentlicht wurden, zeigten ebenfalls, dass die tropischen Wälder heute weniger CO₂ aufnehmen können als früher.
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