Das Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI hat am Montag sein Jahrbuch 2021 veröffentlicht. Es stellt globale Tendenzen in Aufrüstung, Abrüstung und Sicherheitspolitik dar. Seit Dezember des vergangenen Jahres wurden vier Schwerpunktthemen im Voraus veröffentlicht. Das Jahrbuch fasst sie zusammen und beleuchtet einen weiteren Schwerpunkt: die Zahl und Potenz der Nuklearwaffen.
Während die Gesamtzahl der Sprengkörper sinke machen die Forscher einen neuen gefährlichen Trend aus. Die Anzahl der Sprengkörper in permanenter Einsatzbereitschaft steigt wieder und die Systeme werden modernisiert.
"Wenn man nur auf die Gesamtzahl der Atomwaffen schaut, sieht das Abrüstungsbild viel besser aus, als es eigentlich ist", sagte SIPRI-Experte Matt Korda der Deutschen Presse-Agentur. Die Zahl gehe aber nur deshalb zurück, weil die beiden größten Atommächte USA und Russland alte Sprengköpfe ausmusterten. "Sowohl die USA und Russland als auch praktisch jeder andere atomar bewaffnete Staat sind mitten in teuren und umfangreichen nuklearen Modernisierungskampagnen, die mit wachsenden Atomwaffenzahlen in den militärischen Lagern enden."
Die neun offiziellen Atommächte verfügten Anfang 2021 über insgesamt 13.080 Atomwaffen. Das sind 320 weniger als vor einem Jahr. Der Bestand beträgt weniger als ein Fünftel der Bestände zu den Hochzeiten des Kalten Krieges in der Mitte der 1980er Jahre.
Die USA verfügen über 5.550, Russland über 6.255 Atomwaffen. Damit halten die beiden Mächte mehr als 90 Prozent dieser Waffen auf der Welt. Beide haben die Zahl ihrer einsatzbereiten Sprengkörper um 50 erhöht. Die Gesamtzahl liegt bei 3.825, davon wären 2.000 in "höchster Einsatzbereitschaft". Zu diesen letzten Zahlen nennt SIPRI keine Unterscheidung zwischen den russischen und amerikanischen Beständen.
Matt Korda stellt fest: "Wir sehen gerade ein sehr klassisches Verhalten des Wettrüstens." Die Atomwaffenstaaten betrachteten Abrüstung offenbar nicht als dringende Angelegenheit.
Auch China baut sein Atomarsenal aus. Peking kommt mit schätzungsweise 350 nuklearen Sprengkörpern auf Platz drei, gefolgt von Frankreich (290) und Großbritannien (225). Im Gegensatz zu den anderen vier UN-Vetomächten zählt China bei SIPRI aber nicht zu den Ländern mit einsatzbereiten Sprengköpfen. Pakistan (165) und Indien (156) erweitern ebenfalls, Israels Bestand bleibt bei geschätzt 90 Atombomben.
Nordkoreas Arsenal, dessen Zahl auf 40 bis 50 geschätzt wird, wird wegen Unsicherheiten nicht in die Berechnung einbezogen.
Mehr zum Thema - USA dominieren weiterhin globalen Rüstungsmarkt – Ausgaben legen erneut zu
(rt/dpa)