Die Gespräche in Wien über das Atomprogramm Irans sind ein weiteres Mal vertagt worden. Die Unterhändler des Atomdeals mit Iran kehrten unerwartet in ihre Heimatländer zurück, wobei sich die Verhandlungen über mehrere zentrale Streitpunkte in einer Sackgasse befinden. Am kommenden Donnerstag sollen Vertreter Irans allerdings wieder mit den Diplomaten der Großmächte zusammentreffen. US-Diplomaten befinden sich getrennt von den übrigen in Wien.
Seit Tagen machen Berichte die Runde, dass die USA und Iran bald eine gemeinsame Basis finden könnten. Demnach würden die USA zur Einhaltung des Atomabkommens von 2015 (JCPOA) zurückkehren, während Teheran seine Verpflichtungen in dem Vertrag von 2015 wieder einhalten würde. Nach dem jüngsten Angriff auf eine Atomanlage in Natanz hat Teheran Ende April nach eigenen Angaben mit der Urananreicherung auf 60 Prozent begonnen. Das ist der bislang höchste Grad der Urananreicherung in Iran.
Die Unterhändler des Atomdeals sollen bereits einen mindestens 20-seitigen Entwurf mit verschiedenen Optionen zur Beseitigung der verbleibenden Hürden vorbereitet haben, berichte Politico. Dazu gehören ein Streit darüber, wie mit den fortschrittlichen iranischen Zentrifugen umzugehen ist, die Iran wieder abbauen müsste, sowie Uneinigkeit darüber, ob die Inspektoren ausreichenden Zugang zu den iranischen Atomanlagen haben. USA und EU drängen auch darauf, eine Erwähnung von Folgegesprächen in dem neuen Deal aufzunehmen, die sich mit dem iranischen Raketenprogramm und dem allgemeinen regionalen Verhalten des Landes befassen würden.
Bei einer wichtigen offenen Frage geht es um die genaue Abfolge im Stufenplan zur Rücknahme von nuklearbezogenen US-Sanktionen einerseits und von iranischen Aktivitäten über den JCPOA hinaus andererseits. Der Oberste Führer Irans Ali Chamenei bekräftigte mehrfach, dass das Land erst dann zu seinen Verpflichtungen im Rahmen des JCPOA zurückkehren werde, wenn das Land überprüft habe, dass die Sanktionen nicht nur in Worten, sondern in der Tat aufgehoben worden seien. Für die iranische Seite ist dabei auch wichtig zu wissen, wie Iran die größtmögliche Gewähr erhalten könnte, dass nicht wieder eine Partei wie die USA 2018 einseitig aus dem JCPOA aussteigt.
Europäische Diplomaten nannten die jüngste Gesprächsrunde "intensiv und produktiv" und bescheinigten allen Delegationen, "mit großem Engagement und Ernsthaftigkeit" gearbeitet zu haben. "Die schwierigsten Entscheidungen liegen jedoch noch vor uns." Der Chef des iranischen Atomprogramms und Unterhändler Teherans in Wien, Abbas Araghdschi, sagte iranischen Medien: "Wir sind uns zwar nähergekommen, aber von einer Einigung sind wir noch weit entfernt."
Dabei bleibt allerdings unklar, ob die Verhandlungen vor der Präsidentschaftswahl in Iran am 18. Juni abgeschlossen werden soll oder die neue Vereinbarung faktisch nach dem Machtwechsel in der iranischen Regierung getroffen wird. EU-Verhandlungsführer Enrique Mora sagte Journalisten am Mittwoch, er sei "sicher", dass bei der nächsten Gesprächsrunde, die voraussichtlich am 10. Juni beginnen werde, eine Einigung erzielt werde.
Dass Iran nun über hoch angereichertes Uran-235 verfüge, stärke seine Verhandlungsposition. Was genau die Führung Tage vor der Präsidentschaftswahl daraus machen wolle, sei auch für erfahrene Unterhändler schwer auszurechnen, kommentiert die FAZ.
Iran hat als Reaktion auf den Rückzug Washingtons aus dem Abkommen im Jahr 2018 und die Wiedereinführung von Sanktionen, die die Wirtschaft der Islamischen Republik geschwächt haben, seit 2019 die Verpflichtungen des Abkommens in Bezug auf sein Atomprogramm schrittweise rückgängig gemacht.
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