Windräder sind Todesgefahr für Vögel und Fledermäuse – Können neue Technologien helfen?

Über moderne Technologien könnten die Standorte von Windanlagen so gewählt werden, dass weniger Tiere den Windrädern zum Opfer fallen. Dadurch lässt sich aber der "Konflikt zwischen dem Erhalt der Artenvielfalt und dem Klimaschutz" nicht lösen.

Schon viele Jahre begleitet die Windräder der Ruf, eine Gefahrenquelle für Vögel – insbesondere für Greifvögel – zu sein. Tier- und Umweltschutzorganisationen beklagen nicht nur hohe Opferzahlen, sondern auch systematische Fehlplanung bzw. Nichtbeachtung von Tierpopulationen und ihrem Flugverhalten. Vonseiten der Windkraftindustrie wird hingegen in eine andere Richtung argumentiert: Für den Artenschutz sei der Klimawandel gefährlicher als die Windräder. Und gegen den Klimawandel sollen die Windräder einen Beitrag leisten.

Eine aktuelle Untersuchung aus Südafrika zeigt eine eindeutige Auswirkung der Windräder auf den dort beheimateten Klippenadler (Aquila verreauxii). Diese Spezies bevorzugt für ihr Flug- und Gleitverhalten die Luftströmungen entlang lang gezogener Gebirgskämme. Diese werden aus den gleichen Gründen auch von der Windindustrie bevorzugt – eine gefährliche Nachbarschaft für die Adler.

Gegenüber der BBC berichtet die Biologin Dr. Megan Murgatroyd von der Organisation HawkWatch International über Kollisionen der Klippenadler mit den Blättern der Windräder:

"Wir haben mindestens 24 Kadaver unter den Windrädern aufgesammelt. Für diese Spezies insbesondere scheinen die Windräder ein großes Problem zu sein."

Murgatroyd hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Vögel vor der tödlichen Gefahr einer Kollision mit Windrädern zu bewahren. Damit steht sie nicht allein angesichts einer sich weltweit rasant beschleunigenden Expansion der Windräder. Laut BBC unter Berufung auf die International Energy Agency habe es 2020 global einen Zuwachs der Stromproduktion durch Windenergie um 114 Gigawatt gegeben – eine Verdoppelung des Zuwachses im Vergleich zu 2019.

Die wachsende Menge an Windrädern fordert noch mehr Opfer. Erst Ende Mai wurde der Fall eines Bartgeiers (Gypaetus barbatus) bekannt, der in den Niederlanden Opfer eines Windrades wurde. Der Bartgeier namens Angèle wurde von der Organisation Vulture Conservation Foundation aufgezogen und in einem Wiederansiedelungsprojekt in Frankreich in die Wildbahn freigelassen. Nur ein Jahr später betrauerte die Organisation seinen Tod.

Als langfristige Lösung für das Problemfeld Vögel und Windräder schlägt Murgatroyd gemeinsam mit zwei Kollegen eine genaue Überwachung des Lebensraumes der Klippenadler vor. Somit könnten zukünftig neue Windanlagen nicht in den bevorzugten Flugzonen der Tiere gebaut werden. Dafür soll das Flugverhalten der Tiere über GPS-Sender überwacht werden, um detaillierte Karten zu erstellen. Darüber ließen sich Orte erkunden, die für den Bau von Windanalagen infrage kämen.

Mittels einer Analyse ihres Modells, den bereits existierenden Windanlagen und den bekannten Todesfällen kommt Murgatroyd zu dem Schluss:

"Wenn das Modell bereits genutzt würde, hätten bis zu 79 Prozent der Todesfälle verhindert werden können."

Geht es nach Murgatroyd, soll ihr Tracking-System auch für andere Vogelarten wie etwa der bedrohten Kapweihe ausgeweitet werden, um eine detaillierte Raster-Karte zu erstellen. Allerdings meldet die BBC schon jetzt, dass nur wenige Windkraftanlagen-Hersteller in Südafrika ein Interesse an der Software haben – und auch nicht daran, die favorisierten Standorte zugunsten des Tierschutzes aufzugeben.

Nicht nur Vögel gehören zu den Opfern der Windräder. Der deutsche Biologe Dr. Christian Voigt vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin untersucht den Einfluss der Windanlagen auf Fledermäuse. Dabei findet er regelmäßig tote Individuen auf seinen Kontrollgängen. Der BBC äußerte Voigt:

"Ich finde tatsächlich sehr häufig Leichname. Das sagt mir, dass hier etwas schiefläuft."

Gemeinsam mit Kollegen untersuchte Voigt ebenfalls eine technische Lösung für das Problem. Über einen Schallsensor sollte die Annäherung von Fledermäusen an die Windräder registriert werden. Es sollte ermittelt werden, bei welchen Witterungen die Fledermäuse vorwiegend in der Nähe der Windräder fliegen. Diese könnte man dann bei den entsprechenden Bedingungen anhalten. Laut Voigt muss dieses Projekt aber als gescheitert gelten, da sich die eingesetzten Mikrofone als nicht sensibel genug herausstellten, um die Ultraschall-Rufe der Fledermäuse ausreichend sicher zu registrieren.

Das Problemfeld bleibt somit weiter bestehen. Der Biologe schätzt, dass jedes Windrad in Deutschland im Durchschnitt zehn Fledermäuse im Jahr tötet. Voigt macht deutlich:

"Es gibt einen Konflikt zwischen dem Erhalt der Artenvielfalt und dem Klimaschutz."

Der Unternehmensverband Wind Europe zeigte sich gegenüber der BBC aufgeschlossen für die Thematik. Er nehme den Umweltschutz "sehr ernst" und schaue sich den Einfluss jeder einzelnen Windanlage an. Die Bauer von Windkraftanlagen innerhalb der EU hielten sich an eine Vielzahl von Umweltauflagen. Grundsätzlich sei man neuen Technologien gegenüber offen, die dabei helfen können, Tierleben zu schützen.

Als positives Beispiel dient eine Windanlage im US-Bundesstaat Wyoming, bei der ein Kamera-Überwachungssystem installiert wurde, um Adler im Anflug zu erkennen. Im Bedarfsfall können die Rotorblätter angehalten werden. Laut eine aktuellen Studie soll dadurch die Opferzahl an Adlern um 82 Prozent gesenkt worden sein.

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