Der außenpolitische Berater der Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Jan Hecker, ist in der Residenz der deutschen Botschafterin in Washington auf den Nationalen Sicherheitsberater des US-Präsidenten, Jake Sullivan, getroffen. Es ging um die US-amerikanischen Sanktionen, die wegen Nord Stream 2 gegen bestimmte am Bau beteiligte Firmen verhängt wurden. Die Bundesregierung hatte über dieses Treffen bislang geschwiegen. Der Versuch, die US-Sanktionen vor der Fertigstellung der Pipeline abzuwenden, ist offensichtlich schiefgegangen.
Die US-Amerikaner, die den Bau der Pipeline ablehnen, hatten zwar zuletzt einen Teil ihrer Sanktionen gegen beteiligte Firmen ausgesetzt. Wie das Weiße Haus nach Reuters-Meldungen betonte, sei die "enge Zusammenarbeit bei einer Reihe von regionalen und globalen Themen" erörtert worden. US-Präsident Joe Biden hat nicht nur im Kongress auf der Republikaner-Seite Gegner, sondern auch in den eigenen Reihen. Wie zufällig trafen am Mittwoch mehrere amerikanische Senatoren, darunter Rob Portman aus Ohio, in Kiew den ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij. Der wiederum bezeichnete die Fertigstellung der Nord Stream 2 als "eine mächtige Waffe", die Russland an die Hand gegeben werde und dass nur der amerikanische Präsident das verhindern könne.
In ihren Forderungen weiter ging nach Informationen des Handelsblattes nur die demokratische Senatorin Jeanne Shaheen aus New Hampshire, die in Kiew neue Sanktionen gegen Nord Stream 2 seitens des US-Kongresses androhte. Angeblich habe das Projekt "schwerwiegende Folgen für die Ukraine und die Energiesicherheit Europas". Sie erklärte, es gäbe auch nach Fertigstellung noch Wege über "Genehmigungen und Lizenzen", um die Inbetriebnahme zu verhindern.
Den Amerikanern war der russische Erdgaskonkurrent in Deutschland ein Dorn im Auge, da das amerikanische, hauptsächlich durch umweltfeindliches Fracking gewonnene Gas nun einen hochwertigen russischen Mitbewerber bekommen würde. Der Ukraine entgehen durch die neue Pipeline rund 2,6 Milliarden Euro jährlich, wie der National Examiner behauptet.
Nachdem nun auch die deutschen Bemühungen in Washington ergebnislos geblieben sind, setzen Wirtschaftsberater der Bundesregierung auf den Besuch des US-Präsidenten Biden vom 11. bis 13. Juni zum G-7-Gipfel im britischen Cornwall. Daneben will sich Biden auch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin treffen und danach nach Brüssel reisen.
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