Mitte April spitzte sich der jahrzehntelang ungelöste Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern zu. Mehrere Faktoren führten schließlich zur jüngsten Eskalation. Hierzu zählen die Zwangsräumungen im Viertel Scheich Dscharrah, einem mehrheitlich von Palästinensern bewohnten Teil Ostjerusalems, sowie auch die Feierlichkeiten zur israelischen Annexion Ostjerusalems. Jährlich am 10. Mai feiert Israel die Annektierung Ostjerusalems. Trotz eines Verbots von Flaggenmärschen auf dem Tempelberg versammelten sich jüdische Gläubige, was die angeheizte Stimmung zwischen Palästinensern und Israelis weiter hochkochen ließ.
Aber auch die politische Situation des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu spielt eine Rolle im eskalierenden Konflikt. Sein politisches Ende in Israel scheint nahe, denn er könnte bald wegen Korruption verurteilt werden. Dabei hätte es nach den jüngsten Wahlen erstmalig gelingen können, dass sich arabische Parteien mehr Gehör für die schlechten Lebensbedingungen der Araber in Israel verschaffen. Sogar eine Mäßigung der militanten Palästinenserorganisation Hamas stand in Aussicht. Es hätte Wahlen geben können, die dann aber von Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas abgesagt wurden. Die Hamas nutzte die Gelegenheit, die Proteste am Tempelberg für ihre Interessen eskalieren zu lassen und sich als Kämpfer für die Interessen der Palästinenser zu positionieren.
Auf beiden Seiten sind zivile Opfer zu beklagen, darunter auch zahlreiche Kinder. Die Hamas greift Israel mit Raketen an, das israelische Militär reagiert mit Luftangriffen und droht mit der gezielten Tötung der Führungsriege der Hamas. Der israelische Ministerpräsident kündigte an, dass die Militärschläge auf Gaza so lange wie notwendig weitergehen werden. Ziel sei es, die Infrastruktur der Hamas und des islamischen Dschihad zu zerstören.
Der Armeesprecher Hidai Zilberman verlautet:
"Jeder Terrorist in Gaza weiß heute, dass er sich nirgends verstecken kann, nicht über der Erde und – nach dem Angriff auf die Metro – auch nicht unter der Erde."
Aus dem israelisch-palästinensischen Konflikt wollte sich Biden eigentlich heraushalten. Umso härter wurde der US-Präsident Joe Biden jetzt von der Eskalation der Gewalt erwischt. Auch Monate nach seinem Amtseid gibt es in Jerusalem noch keinen neuen US-Botschafter. Sein Amtsvorgänger Donald Trump hatte die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegen lassen, um ein Symbol zu setzen und Jerusalem als unteilbare Stadt Israels anzuerkennen. Seinen Botschafter David Friedman hatte Trump noch vor Amtsantritt ernannt.
Die Benennung eines Botschafters durch Biden müsste dagegen jetzt noch durch den US-Senat anerkannt werden. Die entsprechenden Anhörungen würden Wochen oder sogar einige Monate lang dauern. Auch der Posten des Stellvertretenden Staatssekretärs für Angelegenheiten des Nahen Ostens ist bislang ebenfalls vakant geblieben. David Schenker, der diese Position unter Trump innehatte, betreute die Gespräche zwischen Israel und dem Libanon über Wirtschaftszonen.
Die Biden-Administration hat es außerdem versäumt, einen Sondergesandten für Ostjerusalem auszuwählen. Diese Position verschwand unter Trump, als der ehemalige US-Präsident der Republikaner dieses Büro auflösen ließ. Zur Wiedereröffnung wäre nun ein Verfahren notwendig, welches die Zustimmung auch der israelischen Regierung erfordert. Aber ein Konsulat im Ostteil Jerusalems als Anlaufstelle für die Palästinenser bedürfte dringend eines Sicherheitskommandos vonseiten Israels.
Der ehemalige israelische Botschafter der Vereinten Nationen Danny Danon meint dazu:
"Es ist für beide Seiten wichtig, dass bald ein neuer Botschafter hier eintrifft, vor allem angesichts der heiklen Situation und der Atomgespräche (mit Iran). Ich denke, ein ständiger Botschafter ist der wichtigste Beamte. Das Weiße Haus steht im Kontakt mit Israels Nationalem Sicherheitsbeauftragten, Meir Ben-Shabbat, aber das ist nicht dasselbe."
Die Führung der Islamischen Republik Iran versprach der Hamas im Kampf gegen den Erzfeind Israel derweil uneingeschränkte Unterstützung. Der iranische Außenminister Dschawad Sarif hatte jüngst erst seinen Besuch zu weiteren Atomgesprächen wegen israelischer Flaggen auf Regierungsgebäuden in Österreich abgesagt. Mit Ausnahme Irans scheinen Israel und die Region Nahost für die Regierung Biden keine besonders hohe Priorität zu besitzen. Sein Fokus liegt eher auf China und Russland. In Telefongesprächen mit Abbas und Netanjahu ermahnte Biden beide Seiten zur Deeskalation. Dem israelischen Ministerpräsidenten bestätigte der US-Präsident, dass Israel ein Recht auf Selbstverteidigung gegen militante Gruppen im Gazastreifen habe.
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