Am Donnerstag hat in Kiew eine Gerichtsverhandlung im Ermittlungsverfahren gegen den Oppositionspolitiker und Abgeordneten der Werchowna Rada Wiktor Medwedtschuk stattgefunden. Das Gericht beschloss, den Politiker bis 9. Juli unter elektronisch überwachten Hausarrest zu stellen. Medwedtschuk soll seine ausländischen Pässe abgeben und darf mit Zeugen in dem Fall nicht kommunizieren. Auf Anfrage muss er bei Gericht oder den Ermittlern erscheinen.
Gegen Medwedtschuk und Taras Kosak, seinen Mitstreiter in der Partei Oppositionsplattform - Für das Leben, wird wegen des Verdachts auf Landesverrat ermittelt. Der Oppositionsführer weist die Vorwürfe entschieden zurück und bezeichnet die Anschuldigungen als politische Verfolgung. Nach einem Besuch im Büro der Generalstaatsanwältin am Donnerstagmorgen betonte der Politiker gegenüber Journalisten, es handele sich um Machtmissbrauch.
Kosak fehlte bei der Gerichtsverhandlung am Donnerstag. Medwedtschuk zufolge wird er derzeit in Weißrussland medizinisch behandelt und ist über die Anschuldigungen ebenfalls empört.
Beide Politiker plädieren für eine Annäherung an Russland. Sie setzen sich für Föderalismus und eine Lösung des Konflikts in der Ostukraine durch die Schaffung einer autonomen Region Donbass mit eigenem Parlament und eigener Regierung ein. Medwedtschuk gilt als der einflussreichste ukrainische Oppositionspolitiker und war unter anderem ein Gesandter der Ukraine bei den Minsker Vermittlungsgesprächen. Kosak gehören die ukrainischen Fernsehsender 112 Ukraina, NewsOne und ZIK, die vor einigen Monaten von den ukrainischen Behörden abgeschaltet wurden.
Der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij befürwortete den Hausarrest des Oppositionsführers. In einer Kolumne für die Online-Zeitschrift Fokus schrieb er:
"Durch Rechtsinstrumente wurde Medwedtschuk die Möglichkeit genommen, Medien und Staatseigentum zu nutzen, um sich mit dem Land offen auseinanderzusetzen und der Staatssicherheit verheerenden Schaden zuzufügen."
Der Kreml warnt die Ukraine davor, eine politische Kampagne durchzuführen, "die darauf abzielt, politische Konkurrenten loszuwerden". Moskau hat jedoch nicht vor, sich in die inneren Angelegenheiten der Ukraine einzumischen.
Im Jahr 2019 hatten die ukrainischen Behörden bereits gegen Medwedtschuk wegen des Verdachts auf Hochverrat ermittelt. Schließlich wurde das Verfahren jedoch mangels Straftatbestand eingestellt.
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