Ein Anwalt des US-Justizministeriums sagte am Montag vor einem Bundesgericht, dass die USA die Befugnis hätten, ein ehemaliges Mitglied afghanischer Milizen im US-Gefangenenlager Guantánamo Bay auf Kuba wegen seiner mutmaßlichen früheren Verbindung zu Al-Qaida weiterhin gefangen zu halten. Dies, obwohl das Pentagon alle US-Truppen aus Afghanistan abziehen will, berichtet New York Times.
Zu Beginn einer Anhörung im Fall von Asadullah Haroon Gul, einem afghanischen Staatsbürger, der vom US-Militär seit dem Jahr 2007 festgehalten wird, erklärte Anwalt Stephen M. Elliott vor dem US-Bezirksgericht in Washington:
"Wir führen weiterhin Krieg gegen Al-Qaida."
Al-Qaida "verwandelt sich und entwickelt sich weiter" und der "Krieg gegen den Terrorismus" wird in den USA fortgeführt, so Elliott.
Der etwa 40-jährige Haroon wurde von afghanischen Streitkräften gefangen genommen, als er Kommandeur der Hezbi Islami-Miliz (HIG) war, die zusammen mit den Taliban und Al-Qaida gegen die US-Invasoren in Afghanistan kämpfte. Seine Anwälte argumentieren, dass der Krieg für Haroon im Jahr 2016 endete, als die HIG Frieden mit der mit den USA verbündeten afghanischen Regierung unter Präsident Ashraf Ghani schloss. Haroon, der aus dem US-Gefangenenlager auf Kuba zugeschaltet war, ließ dem Richter durch seine Anwälte erklären:
"Ich bin kein Terrorist. Ich bin Afghane."
US-Geheimdienstberichte beschuldigen ihn, mit drei Al-Qaida-Führern, die ebenfalls in Guantánamo festgehalten werden, kooperiert zu haben.
Haroons Anwältin Tara J. Plochocki erklärte: "Er ist und war weder ein Teil von Al-Qaida, noch hat er sie substanziell unterstützt." Seine Familie war vor der sowjetischen Invasion in Afghanistan geflohen und er wuchs in einem Flüchtlingslager in Pakistan auf, das von der HIG-Miliz geführt wurde. Im Kampf für die HIG, so die Anwältin, habe er als Kommandeur in der Afghanischen Nationalarmee gedient.
Seit Amtsantritt der Biden-Regierung war dies die erste Sitzung bei Gericht in einem Haftprüfungsverfahren in Bezug auf eine Inhaftierung in Guantánamo. Die Rechtfertigung der Inhaftierung Haroons durch die Staatsanwaltschaft scheint identisch mit den Positionen früherer US-Regierungen, obwohl US-Präsident Joe Biden bereits verkündet hatte, alle US-Truppen aus Afghanistan abziehen zu wollen. Zudem kündigte er vor kurzem eine baldige Schließung des Gefangenenlagers Guantánamo an.
Im Februar erklärte die Biden-Regierung, sie werde prüfen, wie man das Lager in Guantanamo Bay auf Kuba am besten schließen könne. Man bekräftigte somit das Vorhaben, ein Versprechen des ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama zu erfüllen, welches er vor mehr als 12 Jahren gegeben hatte.
Das Lager war im Januar 2002, rund vier Monate nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001, unter US-Präsident George W. Bush in der US-Militärbasis Guantanamo Bay auf Kuba eingerichtet worden. Dort internierten die USA mutmaßliche islamistische Terroristen aus dem Irak, Afghanistan und arabischen Ländern, um diese in den USA nicht vor Gericht stellen zu müssen. Einige der Insassen sind nach Angaben ihrer Anwälte unschuldig inhaftiert, da sich Denunzianten das von den USA ausgesetzte Kopfgeld auf Terroristen sichern wollten. Viele der Gefangenen wurden nie verurteilt oder gar nicht erst angeklagt.
Im Jahr 2003 befanden sich dort nach Angaben von UN-Experten 700 Gefangene. Derzeit befinden sich 40 Gefangene in der Haftanstalt, die alle während der Amtszeit von George W. Bush in das Lager gebracht wurden. Das Gefängnis wird durch eine unbekannte Anzahl von Subunternehmern, zivilen Mitarbeitern des Pentagons sowie 1.500 US-Soldaten gesichert. Unter der Regierung des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump waren etwa 1.800 Soldaten abgezogen wurden, um Kosten zu sparen.
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