Erik Fyrwald wurde quasi über Nacht zum Branchenriesen. Als CEO der neuen Syngenta-Gruppe sitzt er dem Konkurrenten Bayer in Leverkusen vor der Tür. Mit chinesischer Hilfe formte er aus dem Schweizer Unternehmen einen Saatgut- und Pflanzenschutzkonzern, der es seinem Rivalen Bayer in Zukunft nicht leicht machen wird. Mit Syngenta stünde auf dem Finanzmarkt ein starker Spieler, wenn er in diesem Jahr den Börsengang wagen würde.
Mit 50 bis 60 Milliarden Dollar Wert käme Syngenta an die Bayer AG heran, die bei rund 58 Milliarden Dollar liegt. Somit wäre der Agrarkonzern so viel wert wie die Agrar- und Pharmageschäfte von Bayer zusammen, welcher vor zwei Jahren für 63 Milliarden Dollar den US-Rivalen Monsanto übernahm und seither von Schadenersatzklagen nicht verschont blieb. Milliardenschwere Rechtskosten wegen der Glyphosat-Vergleiche und hohe Abschreibungen im Agrargeschäft haben dem Konzern im vergangenen Jahr einen Rekordverlust von mehr als zehn Milliarden Euro beschert.
Ginge Syngenta jetzt an die Börse, könnte es Bayer maximalen Schaden zufügen. Auf einen Bereich fokussierte Unternehmen sind beim Investor mehr gefragt als Bayers Mix aus Pharma und Agrar. Als weltgrößter Agrarchemieanbieter mit einem Umsatz von 23,1 Milliarden Dollar (umgerechnet 19,1 Milliarden Euro) stünde er mit einem Wachstum von 12 Prozent besser da als Bayer mit seinen überschaubaren 1,6 Prozent.
Bei Syngenta sind im Umsatz noch das Generikageschäft mit Pflanzenschutzmitteln sowie mehrere Milliarden Dollar aus Düngemittelgeschäften enthalten, die nicht zur Agrarchemie gehören. Misst man Bayer daran, ist er Weltmarktführer.
Wo kam der Schweizer Riese mit chinesischem Geld her? Vor fünf Jahren war er bei Pflanzenschutzmitteln führend und gehörte einem Bayer-Rivalen. Der staatliche chinesische Chemiekonzern ChemChina kaufte 2016 den Laden für 43 Milliarden Dollar und nahm ihn von der Börse. Im gleichen Jahr kaufte ChemChina den israelischen Hersteller von Generika-Pflanzenschutzmitteln, Adama, und stellte sich neu auf. Im April fusionierte ChemChina und Sinochem zu einem der weltweit größten Chemiekonzerne.
Ursprünglich hatte das Unternehmen das Jahr 2022 für den Börsengang angepeilt. Eine Erstnotiz in China soll geplant sein. Danach könnte auch ein Listing in Europa folgen. So war ChemChina jedenfalls beim 2015 übernommenen italienischen Reifenhersteller Pirelli vorgegangen.
In China hat Syngenta gegenüber den anderen Branchenriesen einen Heimvorteil. Chinas Regierung will laut Fünfjahresplan seine Landwirtschaft modernisieren. Über das "Modern Agricultural Program" (MAP) erhält Syngenta direkten Kontakt zu den Endkunden in China und damit zu Millionen Kleinbauern. Lokale Vertriebszentren sollen aufgebaut werden, in denen Saatgut, Pestizide sowie Futtermittel lokal verkauft werden und auch kadermäßig Schulungen und Finanzierungsangebote gemacht werden.
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