Die USA verhängten wegen der Inhaftierung des Kremlkritikers Alexei Nawalny Sanktionen gegen ranghohe russische Staatsfunktionäre. Die US-Sanktionen erfolgten am Dienstag in einer koordinierten Aktion mit der EU.
Die von der USA beschlossenen Strafmaßnahmen treffen den Leiter des Inlandsgeheimdienstes FSB Alexander Bortnikow, den Generalstaatsanwalt Igor Krasnow und den Chef des Strafvollzugsdienstes Alexander Kalaschnikow. Die Sanktionen treffen außerdem den ehemaligen Premierminister Sergei Kirijenko, der jetzt als stellvertretender Leiter der Präsidialverwaltung tätig ist, sowie Andrei Jarin, Leiter der Direktion für Innenpolitik in der Präsidialverwaltung. Betroffen sind zudem die Generäle Pawel Popow und Alexei Kriworutschko, beide sind stellvertretende Verteidigungsminister. Allen wird vorgeworfen, für Menschenrechtsverletzungen in Russland verantwortlich zu sein, einschließlich willkürlicher Festnahmen und Inhaftierungen.
Ausnahmen bei Raumfahrt und humanitärer Hilfe
Die USA verhängten außerdem Strafmaßnahmen gegen mehrere russische Forschungseinrichtungen, darunter zwei Forschungszentren des Verteidigungsministeriums und das staatliche Forschungsinstitut für organische Chemie und Technologie in Moskau. Insgesamt wurden 14 Einrichtungen für chemische Produktion gelistet.
Zudem kündigten die USA an, dass jegliche Unterstützung für Russland im Rahmen des Foreign Assistance Act eingestellt wird – mit Ausnahme dringender humanitärer Hilfe. Die Finanzierung ausländischer Militärprogramme unter Beteiligung Russlands wird ebenso eingestellt. Ferner verhängten die Vereinigten Staaten ein Verbot zur Gewährung von Darlehen an Russland durch Finanzinstitute der US-Regierung, teilte das US-Außenministerium in einer Erklärung mit. Zudem gehört Russland nun zu jenen Ländern, in die der Export von Verteidigungstechnologien verboten ist – mit einigen Ausnahmen im Weltraumsektor.
Nach Angaben des US-Außenministeriums bleiben die neuen Sanktionen mindestens zwölf Monate in Kraft.
Die USA zeigten sich überzeugt, dass der Giftanschlag auf Nawalny im vergangenen Jahr auf das Konto des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB geht. Kirijenko, der einst für die Vernichtung der Chemiewaffen zuständig war, aber auch andere Mitglieder der russischen Führung hatten zuletzt immer wieder beteuert, alle Bestände seien zerstört worden.
Der russische Außenminister Sergei Lawrow kündigte am Dienstag Gegensanktionen an. Zugleich bezeichnete die russische Regierung die Sanktionen der EU und der USA als wirkungslos.
Nawalny war im Februar in Moskau zu Lagerhaft verurteilt worden. Er soll mehrfach gegen Bewährungsauflagen in einem früheren Strafverfahren von 2014 wegen Betrugs und Veruntreuung von Geldern verstoßen haben. Der Oppositionspolitiker soll inzwischen in die Strafkolonie im Gebiet Wladimir verlegt worden sein. Eine offizielle Bestätigung dazu gab es allerdings nicht. Nach Prognosen seiner Anwälte könnte er im Sommer 2023 freikommen.
Moskau: Feindlicher antirussischer Angriff
Die Sprecherin des russischen Außenministeriums Maria Sacharowa bezeichnete die neuen Sanktionen als einen "feindlichen antirussischen Angriff". Der Fall Nawalny sei nur ein Vorwand, um weiterhin in die inneren Angelegenheiten Russlands einzugreifen, heißt es in der Erklärung der Behörde. Russland werde nach dem Prinzip der Gegenseitigkeit reagieren, jedoch nicht unbedingt symmetrisch. Ferner heißt es:
Verwickelt in seine eigenen Probleme, versucht das Weiße Haus erneut, das Bild eines externen Feindes zu kultivieren. Wir haben diese US-Politik mehrmals kommentiert, die frei von jeglicher Logik und Bedeutung ist und die bilateralen Beziehungen, die Washington bereits zum völligen Einfrieren gebracht hat, immer mehr aushöhlt.
Ungeachtet jeglicher Sanktionen werde man die nationalen Interessen weiterhin konsequent und entschlossen verteidigen und jegliche Aggression zurückweisen, so das russische Außenministerium. Anstatt in eine neue Konfrontationsrunde verwickelt zu werden, sollten sich die USA "um die ehrliche Erfüllung ihrer Verpflichtungen kümmern, beispielsweise die Vernichtung von Chemiewaffen, von denen Russland seit 2017 keine mehr besitzt", so Sacharowa. "Wir fordern unsere Kollegen auf, nicht mit dem Feuer zu spielen", heißt es in der Erklärung.
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