Allerorten zeigten sich die Staats- und Regierungschefs der transatlantischen Gemeinschaft erfreut darüber, dass nun Joseph "Joe" Robinette Biden, Jr. als US-Präsident vereidigt wurde. Nun werde man endlich wieder enger zusammenrücken, nun könnten die Wunden wieder heilen – und die US-Politik würde wieder zu ihren "Werten" zurückkehren, nachdem Unruhestifter Donald Trump endgültig seine Koffer packen musste.
Währenddessen dürften die Hoffnungen in gewissen Weltregionen eher gedämpft sein, was die Staffelübergabe Trumps an den US-Demokraten anbelangt. So etwa in Syrien, dem Land, das sich am Mittwoch in einem schriftlichen Appell an den UN-Generalsekretär und den Präsidenten des UN-Sicherheitsrats wandte.
In dem Schreiben verurteilt das syrische Außenministerium vehement die "aggressiven Handlungen der US-Besatzungskräfte in der Region Al-Dschasira" im Nordosten Syriens.
"Die Arabische Republik Syrien verurteilt die fast täglichen feindlichen Praktiken der US-Streitkräfte in den von ihnen besetzten Gebieten in der syrischen Region Al-Dschasira scharf."
Daher fordere die syrische Regierung den "unverzüglichen und konditionslosen Abzug aller US-Truppen" vom syrischen Territorium.
Seit knapp zehn Jahren herrscht in Syrien ein internationaler Stellvertreterkrieg. Im Verlauf der Jahre gelang es der syrischen Regierung unter Baschar al-Assad, weite Teile des Landes wieder unter Kontrolle der Syrisch-Arabischen Armee zu bringen. Und Ende Oktober 2019 war es der damalige US-Präsident Donald Trump, der erklärte, dass die US-Armee in Syrien bleiben werde.
Trump sagte, US-Truppen würden in Syrien bleiben, um "massive" Ölreserven zu sichern. Die US-Regierung wäre dazu bereit, "einen höllischen Kampf" gegen jeden zu führen, der sich dem entgegenstelle.
"Wir behalten das Öl", lautete die von Trump offen ausgesprochene Kampfansage.
"Das habe ich immer gesagt – wir behalten das Öl. Wir wollen das Öl behalten, 45 Millionen US-Dollar im Monat. Wir behalten das Öl. Wir haben uns das Öl gesichert."
So könnte etwa der US-Energiekonzern Exxon Mobil die Ölförderung vor Ort übernehmen.
Kurze Zeit darauf war es dann der damalige US-Verteidigungsminister Mark Esper, der bestätigte, dass US-Truppen in der ostsyrischen Provinz Deir ez-Zor verbleiben würden, um "die Ölfelder gegen den IS zu sichern".
Laut dem syrischen Außenministerium hat das Pentagon den Worten aus dem Weißen Haus Taten folgen lassen. So würden die syrischen Ressourcen, einschließlich landwirtschaftlicher Erträge, nach wie vor systematisch geplündert. Hinzu käme der Transfer militärischer Logistik und Gerätschaften jeder Art aus dem Irak. Die syrische Nachrichtenagentur SANA berichtet:
"Sie (das Ministerium) wies darauf hin, dass diese aggressiven Bewegungen fast täglich in vollständiger Ignoranz der Resolutionen des UN-Sicherheitsrates durchgeführt werden, die stets die Einhaltung der Souveränität, Unabhängigkeit und territorialen Integrität Syriens betont haben."
Laut dem humanitären Völkerrecht und dem Vierten Genfer Abkommen sind Plünderungen ausdrücklich verboten. Der U.S. War Crimes Act aus dem Jahr 1996 machte es auch unter US-Recht strafbar, einen "schweren Verstoß" gegen eine der Genfer Konventionen zu begehen, "ob innerhalb oder außerhalb der Vereinigten Staaten".
Dem syrischen Außenministerium zufolge hätte es die US-Administration durch ihre "aggressive" Politik darauf angelegt, Syrien zu "destabilisieren", einschließlich der Unterstützung "separatistischer Bewegungen" und ihrer demzufolge "unerschütterlichen Unterstützung extremistischer Terroristen". Washington habe "Chaos geschaffen und verwaltet", um jede politische Lösung zu verhindern.
Nun ist US-Demokrat Biden der neue Herr im Weißen Haus. Laut der New York Times galt Biden zumindest als US-Vizepräsident nicht als ein großer Befürworter der Lieferung von Waffen und Training an die Anti-Assad-Opposition.
"Sie (Hillary Clinton) war ein Hauptbefürworter der Bewaffnung und Ausbildung von Oppositionskräften in Syrien, ein Vorstoß, bei dem sich Kollegen nicht daran erinnern können, dass er diesen unterstützt habe."
Seine Zurückhaltung stand laut The National Interest in starkem Kontrast etwa zu CIA-Direktor David Petraeus, Außenministerin Hillary Clinton und Verteidigungsminister Leon Panetta. Gemeinsam hätten diese an der Entwicklung eines Plans gearbeitet, eine neue "Rebellenarmee" auf die Beine zu stellen, um "den syrischen Diktator von der Macht zu verdrängen". Noch ist unklar, welche Linie Joe Biden als US-Präsident verfolgen wird.
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