Der Iran hat begonnen, Uranhexafluorid (UF6-Gas) in die Kaskade seiner modernen Zentrifugen des Typs IR-2m zu pumpen, die in einer unterirdischen Anlage in Natanz installiert sind. Dies schreibt Associated Press unter Berufung auf Aussagen des Generaldirektors der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO), Rafael Grossi, bei einer Pressekonferenz am 18. November 2020 in Wien. Im UF6-Gas liegt Uran gasförmig gebunden vor, sodass man es mittels Zentrifuge anreichern kann; dabei werden die beiden Uranisotope U-238 und U-235 wegen ihres unterschiedlichen Gewichts voneinander getrennt.
Grossi erklärte im vergangenen Monat mit Verweis auf IAEO-Inspektoren, dass der Iran ein neues Zentrifugenmontagewerk am Atomstandort Natanz baut. Zuvor, im Juli, kam es dort zu einer massiven Explosion.
Bei der Pressekonferenz gab Grossi nun bekannt, dass 174 der neuen, fortschrittlichen Zentrifugen IR-2m in einer neu gebauten Anlage am Standort Natanz angekommen sind, montiert und unlängst in Betrieb genommen wurden.
Einen bedeutenden Mengenzuwachs an angereichertem Uran in Irans Verfügung erwarte man dadurch nicht:
Der Iran hat ohnehin die Einschränkungen, wie der Gemeinsame Umfassende Aktionsplan sie vorsieht, überschritten – aber im Allgemeinen ist da kein bedeutender Mengenzuwachs. Das sind bloß Details.
Der Unterschied liegt nicht so sehr in der Menge des angereicherten Urans als in der Effizienz der neuen Zentrifugen.
Im Rahmen des internationalen Abkommens von 2015 über das iranische Atomprogramm, des JCPoA (Gemeinsamer Umfassender Aktionsplan), ist es dem Land erlaubt, lediglich ältere und weniger effiziente Zentrifugen des Typs IR-1 zu betreiben. Der Iran stimmte diesen und anderen Einschränkungen im Austausch gegen die Aufhebung einiger Sanktionen zu.
Das Abkommen ist jedoch nach dem einseitigen Austritt der USA im Jahr 2018 weiterhin in Gefahr. US-Präsident Donald Trump argumentierte, das Abkommen sei nicht im Interesse der Vereinigten Staaten, und beschuldigte Teheran ferner, es insgeheim zu verletzen. Der Iran bestritt stets diese Vorwürfe. Auch die IAEO bestätigte damals, dass sich das Land tatsächlich an den JCPoA gehalten habe.
Seitdem haben die USA alte, bereits ausgesetzte Sanktionen gegen den Iran wiedereingeführt – und neue verhängt. Davon sind unter anderem der Ölhandel und der Finanzsektor des Landes betroffen. Teheran reagierte darauf mit einem schrittweisen Zurückschrauben der Einhaltung des Abkommens von 2015. Iranische Beamte versprachen, zur vollständigen Einhaltung zurückzukehren, sobald die Europäische Union dem Iran irgendeine Art Entlastung von den US-Sanktionen gewährt.
Diesen Weg hält man in Teheran sich und den Partnern zumindest offiziell nach wie vor frei: Noch am Mittwoch verkündete der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif der iranischen Tageszeitung Iran Daily, dass einerseits die USA "keine andere Wahl" hätten, als zum Abkommen von 2015 zurückzukehren, da "der Widerstand der Iraner die Kampagne des 'maximalen Drucks' [der US-Sanktionen] zum Scheitern verurteilt" sei. Bei Aufhebung der Sanktionen werde auch der Iran seinerseits "automatisch" zur Befolgung der Auflagen laut des JCPoA zurückkehren – das "setzt keine Bedingungen voraus und bedarf nicht einmal der Verhandlung", zitiert The Straits Times.
Anfang dieses Monats gab die nationale iranische Atomenergiebehörde bekannt, dass sie damit begonnen habe, UF6-Gas in Zentrifugen in der Urananreicherungsanlage Fordo zu injizieren. Dieser Standort betreibt ältere IR-1-Zentrifugen.
Am 2. November genehmigte Teheran die jährliche Produktion von mindestens 120 Kilogramm 20-prozentig angereicherten Urans. Außerdem wies er die Beamten an, die Nuklearanlagen zu modernisieren und mindestens 1.000 IR-2m-Zentrifugen in Betrieb zu nehmen.
Da man im Lande bisher jedoch nur 174 der mindestens 1.000 verfügbaren neuen Zentrifugen in Betrieb genommen hat, lautet die Analyse von The Guardian, dass der Iran argumentieren kann, lediglich seine Produktionskapazität im Rahmen des Erlaubten (denn laut dem JCPoA ist der gleichzeitige Betrieb ganzer 6.000 der älteren RM-1-Zentrifugen erlaubt; aktuell sind es nach Angaben von Reuters etwas über 5.000) wiederherzustellen, nachdem die Explosion in Natanz im Sommer 2020 eine Zentrifugenanlage zerstörte. Dieselbe Strategie sei im Prinzip genauso auf noch fortschrittlichere Zentrifugen anwendbar, solange Teheran auch diese nur in begrenzter Zahl gleichzeitig betreibe, so The Guardian.
Laut dem staatlichen iranischen Fernsehsender Press TV wird die Regierung das Parlament auffordern, die vollständige Einhaltung des Abkommens von 2015 durch den Iran wiederherzustellen, wenn die europäischen Staaten beginnen, "ihre Verpflichtungen" im Rahmen des Abkommens zu erfüllen.
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